Schnellschuß – voll daneben!
29. Januar 2013 von Wolpertinger
Wieder einmal war die SZ mit einer Falschmeldung an vorderster Front medialer Dreckschleudern, wobei die erforderliche Sorgfaltspflicht bei der Veröffentlichung von „Fakten“ durchaus baden gehen darf, wenn es sich um die hehre Verteidigung der Meinungsfreiheit und - erfreulicherweise für die SZ - damit einhergehend das wohlfeile Anschwärzen eines Mitglieds einer politisch verhaßten Partei, der CSU in Bayern, handelt:
Daß das so, wie es sich in der SZ las (und unter www. google.com noch als ursprünglicher Titel aufgeführt ist ) (1), doch nicht stattgefunden habe, erfuhr die SZ-Leserschaft, die schon auf die Barrikaden geklettert und inbrünstig Parolen gegen den rabenschwarzen Polizei-Freistaat Bayern geschmettert hatte, Stunden später, nachdem Sascha Borowski von der Augsburger Allgemeinen auf Facebook am 28.1.2013 einen „kleinen Hinweis an alle Kollegen“ von den Medien veröffentlicht hatte. (2)
Flugs änderte die SZ ein paar Stunden später (am Montag, 28.1.2013 um 23:23 Uhr) ihre Überschrift und den Vorspann zum Artikel (3):
Richtiggehend dankbar ist man für den Hinweis am Ende des neu aufgebrühten SZ-Artikels, wenn der Hinweis wohl auch eher auf einen Fingerzeig von der Rechtsabteilung der SZ hin gegeben worden sein mag.
Interessant ist, im Absatz vor dem Hinweis zu lesen, daß Herr Ullrich bereits im Herbst 2011 den Klarnamen eines Nutzers erfahren wollte, von dem er sich beleidigt fühlte. Vielleicht besteht Grund zur Annahme, daß die Augsburger Allgemeine es nicht allzu genau nimmt bei der Beurteilung der Verlautbarungen ihrer Nutzer und sich Herr Ullrich in diesem neuen Fall zu drastischeren Maßnahmen gegenüber der Zeitung veranlaßt sah.
Leider erfuhr man in der SZ nicht, wogegen sich Herr Ullrich von der CSU konkret zur Wehr gesetzt hatte, denn der unter neuem Titel erscheinende Artikel faßt – durchweg im Konjunktiv der indirekten Rede gehalten – lediglich den Artikel der Augburger Allgemeinen zusammen. Dort schildert Sascha Borowski den Fall unter dem bezeichnenden Kurztitel:“Der beleidigte Referent“ und rekapituliert (4):
Was war passiert? Im Herbst 2012 diskutierten viele Augsburger über die Pläne des Augsburger Ordnungsreferenten Volker Ullrich (CSU), gegen die Straßenprostitution in der Stadt vorzugehen. Auch im Leser-Forum der Augsburger Allgemeinen wurde heftig und zum Teil sehr emotional diskutiert.
Diesem Artikel der Augsburger Allgemeinen ist zu entnehmen, daß der Nutzer den Ordnungsreferenten Ullrich der „Rechtsbeugung“ bezichtigt hatte – immerhin der Vorwurf einer Straftat, der jetzt von der Augsburger Allgemeinen als „Schmähkritik“ (5) verharmlost wird, wobei sie Ullrich sowie die Justizbehörden wegen der Unverhältnismäßigkeit ihrer Vorgehensweise anprangert. Im übrigen habe man ja den Vorwurf der Rechtsbeugung seitens des Nutzers durch Löschung des Posts aus der Welt geschafft – nun ja, nachdem er geraume Zeit in einem öffentlichen Forum verbreitet worden war. Wie man weiß: Etwas Dreck bleibt immer hängen.
Wenn nun der in der Augsburger Allgemeinen wegen fehlender Dickhäutigkeit inkriminierte CSU-Ullrich per Facebook bekanntgibt, er werde seine Strafanzeige zurückziehen, falls sich der Blogger bei ihm entschuldige, ist das auch noch zuviel für die wackeren Recken der Meinungsfreiheit, wobei die SZ am Ende ihres Artikels den Kollegen Sascha Borowski von der Augsburger Allgemeinen für sich sprechen läßt. Wenn dieser Kollege schon die Möglichkeit einer Unterlassungsklage gegen den verleumdenden Nutzer für überzogen hält, weil sie dem Nutzer ungeheuren Ärger und Kosten bescheren könne (sic!), hält er es wie auch die SZ offensichtlich nicht für angebracht, was unter zivilisierten Menschen Sitte und Anstand ist: Daß man um Entschuldigung bittet, wenn man jemandem Unrecht getan und einem im Eifer des Gefechts eine Formulierung entschlüpft ist, über deren Tragweite man sich nicht im klaren war. Eigentlich ganz einfach – aber zu schwer für die Augsburger Allgemeine und im Gefolge die SZ, die sich den Vorwurf machen lassen müssen, Rabaukenschutz als Verteidigung der Meinungsfreiheit hochzustilisieren.
Der Wolpertinger
(1) Siehe www.google.com
(2) https://www.facebook.com/sascha.borowski/posts/10151669982705884
(3) http://www.sueddeutsche.de/medien/strafanzeige-gegen-foren-nutzer-polizei-beschlagnahmt-nutzerdaten-der-augsburger-allgemeinen-1.1585725
(4) http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Polizei-beschlagnahmt-in-Redaktion-Daten-eines-Foren-Nutzers-id23659806.html
(5) http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Volker-Ullrich-die-Justiz-und-die-Verhaeltnismaessigkeit-id23662831.html