SZ-Detektiv wertet Verbrechens-Indizien im fernen Louisiana aus
25. Oktober 2012 von Wolpertinger
Eine dramatische Faktenlage aus dem Panorama des Weltgeschehens präsentierte sich für die Schlapphut-Abteilung der SZ am 23.10.2012 so:
Im Vorspann zum Artikel (1) von Matthias Kohlmaier die horrenden Details:
60 Prozent ihrer Haut ist verbrannt: In Louisiana ist eine 20-jährige Frau von drei Männern überfallen und in Brand gesetzt worden. Die Ermittler vermuten ein Verbrechen aus Hass - besonders, nachdem am Auto der Frau die aufgesprühten Buchstaben “KKK” gefunden worden sind.
KKK aufgesprüht auf dem Auto? Da weiß die SZ-Spürnase sofort Bescheid. „Der Kürzel für den rechtsradikalen Ku-Klux-Klan“, so belehrt uns der SZ-Reporter. (Der Ku-Klux-Klan in Deutschland ist ja in der SZ derzeit auch ein heißes Thema). Also Rassismus! Sofort als Aufreißer in den Titel. Scheinobjektivität wird simuliert durch die Beigabe des Adjektivs „mutmaßlich“. Aber wie könnte es anders sein: Denn wird die Mutmaßung nicht zur Quasi-Tatsache allein durch die Wahl der Bekleidung der drei Männer?
Alle drei Männer hätten weiße Kapuzenpullover getragen, erklärten die örtlichen Behörden.
Damit ist für Matthias Kohlmaier glasklar:
Die Assoziation zu den spitzen weißen Hauben des Ku-Klux-Klans scheint naheliegend.
Und weiter in der Abarbeitung des „Wer? Wo? Was? Wann? Warum?“ Zum weiteren Umkreis des Tatorts folgt für die schlichten Gemüter der SZ-ge-BILD-eten Amerika-Hasser ein kleiner landeskundlicher Exkurs als Hintergrundsinformation:
Besonders in den ländlichen Gebieten Louisianas, abseits der liberalen Zentren New Orleans und der Bundeshauptstadt Baton Rouge, ist bis heute ein zumindest latenter Rassismus weit verbreitet. Bis in die 1980er Jahre war in dem Südstaat die Pro-Segregation-Bewegung - Verfechter einer strikten Rassentrennung zwischen Weißen und Schwarzen - dominant.
Gerne hätte man als unkundiger Europäer – etwa durch einen Querverweis auf Quellen - mehr dazu gelesen, wie der Autor zu seinen pauschalen Aussagen kommt. Oder sind diese vielleicht nur uralte Versatzstücke aus der SZ-Requisitenkammer, die dank häufigen Gebrauchs zur Herstellung des von der SZ so gerne heraufbeschworenen Anti-Amerika-Bildes nicht einmal entstaubt zu werden brauchen?
Immerhin ringt sich der SZ-Schlapphut zum Schluß seiner Verbrechens-Analyse dazu durch, die Darstellung der angeblich rassistisch motivierten Tat vorsichtshalber als „Vermutung“ zu deklarieren, konnte das Opfer doch – laut zitiertem Polizeibericht – nicht einmal sagen, ob die Angreifer weiße oder schwarze Hautfarbe hatten.
Daß die Vermutung eines rassistischen Verbrechens aber eben nicht nur eine bloße Vermutung sei - die aufgrund des Ermittlungsstandes mangels jeglicher Tatsachenfeststellungen für einen gewissenhaften, seinem Berufs-Ethos verpflichteten Reporter nicht einmal als Vermutung statthaft wäre - untermauert der scheinobjektive SZ-Sherlock-Holmes jedoch im selben Absatz sofort mit diesem unwiderlegbaren „Argument“:
Es gibt jedoch einen weiteren Hinweis, der in diese Richtung (d.h. es handelt sich um ein rassistisches Verbrechen, Anm. des Verf.) zu weisen scheint: Sharmeka M. soll zum Tatzeitpunkt ein Oberteil mit der Aufschrift “President Obama” getragen haben.
Na, wenn DAS kein Beweis ist. Vielleicht hat Sharmeka ja überhaupt kein solches T-Shirt getragen. Sie SOLL es getragen haben. (Inzwischen erwiesen: Sie trug kein solches). Aber angenommen, sie hätte es: Damit weiß ja jeder dank unseres bayerischen Obama-Propaganda-Blättchens: Obama-Kritiker sind Rassisten und lassen sich womöglich sogar dazu hinreißen, Obama-Befürworter anzuzünden – wegen des bloßen Tragens eines T-Shirts mit seinem Namen!
Ja, diese Story wäre sooo schön gewesen. Wenn, ja wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär…
Denn bereits am selben Tag, an dem die SZ die Schauergeschichte veröffentlicht, nämlich am 23.10.2012, bricht die Story, mit der die SZ in „bewährter“ Weise gezündelt hatte, in sich zusammen wie ein Kartenhaus.
Kurz und trocken dementiert die New York Times am 23.10.2012, daß das „hate crime“ nichts als ein dramatisch inszenierter Schwindel war. (2)
Zwar gibt es immer wieder Zeitungsenten. Daß die SZ der Meldung aufgesessen ist, ist verzeihlich, nicht aber, was sie aus der Meldung – bar jeglichen Wissens – gemacht hat. Offensichtlich bezog der Reporter seine „Fakten“ und „Hinweise“ aus der Gerüchteküche des Internets, wie dies in der örtlichen Zeitung „The Franklin Sun“ in Louisiana gerügt wird (3):
On many of the Twitter and Facebook posts, users speculated the attack was a hate crime and Moffitt was attacked for wearing a President Obama t-shirt when she was “raped and burned alive”.
Und auf der selbst für die SZ „unverdächtigen“ (weil linken) Webseite des „ Southern Poverty Law Center“ (SPLC) ist in einem ausführlichen Eintrag unter „Hatewatch“ (Keeping an Eye on the Radical Right) sogar schon in der Überschrift zu lesen, daß die Vortäuschung eines rassistisch motivierten Verbrechens neuerdings einen „Trend“ darstelle:“ Bogus Louisiana Hate Crime Report Illuminates Trend“ (4).
Hiermit die Tatsachen- Feststellungen der Lokalzeitung „The Franklin Sun“ vom 23.10.2012 und des „Southern Poverty Law Center“ vom 24.10.2012:
Die laut SZ „aufgesprühten“ Buchstaben KKK auf dem Auto des „Opfers“? Zahnpasta, die nur weibliches DNS enthielt! Das rassistische Wort „Nigger“ auf der Motorhaube – ebenfalls mit Zahnpasta vom Opfer angebracht. Die Fingerabdrücke der Frau auf einem Feuerzeug und einer Flasche mit Grillanzünder befindlich, die nahe am Tatort gefunden wurden. Die binnen einer Minute nach dem Notruf anwesende Polizei konnte trotz Absuchens der Örtlichkeit keine Verdächtigen finden. Und angeblich bereits in Flammen stehend, konnte das Opfer auch noch nach dem Notruf an die Polizei einen Anruf bei der Schwester tätigen.
In den oben geschilderten, ausführlichen Einzelheiten dementiert die SZ am 24.10.2012 ihre Meldung vom Tag zuvor natürlich nicht. Man muß ja schon dankbar sein, daß sie überhaupt richtigstellt, wenn auch so knapp wie nur irgendwie möglich (5).
Nach der Blamage vom Vortag findet nun plötzlich die Mahnung des schwarzen Bürgermeisters an die Öffentlichkeit, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, Eingang in die SZ-Meldung:
Der schwarze Bürgermeister Jackie Johnson sagte bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls, es sollten keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Er sei nicht überzeugt, dass es sich um einen rassistischen Übergriff gehandelt habe.
Warum der SZ-Reporter das wohl übersehen hat? Ebenso wie die Tatsache, daß sowohl weiße als auch schwarze Bürgerschaftsvertreter –u.a. der schwarze Bürgermeister und der schwarze Polizeichef - betonten, Weiße und Schwarze kämen in ihrer Stadt sehr gut miteinander aus. Das paßte halt wohl nicht ins übliche SZ-Denkschema , und so werden unpassende Fakten passend gemacht oder ganz beiseite gelassen. Die Halbwahrheit genügt ja. Wenigstens der anspruchsvollen Süddeutschen Zeitung.
Aber trotzdem eine „Erfolgsgeschichte“ aus der Sicht der antiamerikanische Vorurteile pflegenden SZ und ihrer klickenden Forums-Gefolgschaft, denn unerschütterlich bekundet ein treuer, womöglich für Verschwörungstheorien anfälliger Forist, daß er erstens dem „Südstaaten-FBI“ bei seinen Ermittlungen nicht traue und zweitens die Bekundungen des schwarzen Bürgermeisters wohl nur zuvorkommendes Wunschdenken darstelle.
Das nennt man erfolgreiche Gehirnwäsche. Gratulation, verehrte SZ!
Der Wolpertinger
(1) http://www.sueddeutsche.de/panorama/us-bundesstaat-louisiana-afroamerikanerin-von-mutmasslichen-rassisten-angezuendet-1.1503534
(2) http://www.nytimes.com/2012/10/24/us/louisiana-racially-based-attack-is-debunked.html?ref=robbiebrown
(3) http://www.franklinsun.com/news.php?id=5412
(4) http://www.splcenter.org/blog/2012/10/24/bogus-louisiana-hate-crime-report-illuminates-trend/
(5) http://www.sueddeutsche.de/panorama/vermeintliches-hass-verbrechen-in-louisiana-afroamerikanerin-taeuscht-rassistischen-uebergriff-vor-1.1504555
1 Reaktion zu “SZ-Detektiv wertet Verbrechens-Indizien im fernen Louisiana aus”
Das macht doch richtig Spaß, hier zu lesen, dass diesem selbstgefälligen Verein endlich mal jemand detailliert auf die Finger schaut … Herrlich!
Danke und weiter so!