Obama vs. Romney…..die Fakten zum angeblichen Benghazi-”Patzer” Romneys. Und drei SZ-Schreiber als journalistische Blindgänger..
17. Oktober 2012 von moritatensaenger
Heute mal ein Beitrag ohne lustig und Ironie. Deshalb gleich zu den Fakten. Die Süddeutsche Zeitung hat heute, Mittwoch, wie nahezu alle Medien über das zweite TV-Duell zwischen dem amtierenden US-Präsidenten Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romney berichtet. Dazu hat es die drei Journalisten Matthias Kolb, Michael König und Sebastian Gierke aufgeboten. Matthias Kolb arbeitet zur Zeit als freier Korrespondent in Washington…
…, Michael König ist angestellter Redakteur bei der SZ und macht dort “Politik und so”…
… und Sebastian Gierke betätigt sich als freier Schreiber, auch für die Süddeutsche:
Kolb schrieb zur TV-Debatte eine eigene “Analyse”…
…König einen Artikel…
…und Kolb und Gierke verfassten zusammen nochmal einen chronologisch aufgebauten Newsblog:
Bei Süddeutsche-Online, wo die Arbeiten der drei Journalisten veröffentlicht sind, ging man das Thema gewohnt seriös und ernsthaft an (verflixt, es sollte ja nicht ironisch…):
Ich will jetzt in keine Debatte über die Bewertung von Sieg oder Niederlage des einen oder anderen einsteigen, das mag man so oder so sehen. Ich will auch nicht darüber die Stirn runzeln, wie ein junger Journalist (König), der sich im Metier (”Politik und so”) einen Namen schaffen möchte, den überwiegenden Teil seiner Berichterstattung zu einem so wichtigen politischen Event an dem Satz Mitt Romneys [1]…
“I went to a number of women’s groups and said, ‘Can you help us find folks,’ and they brought us whole binders full of women.”
…aufhängen und daraus konstruieren kann…
…, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner betrachte Menschen generell und Frauen im Besonderen als Büromaterial. König war und ist damit, so viel sei zu seiner Verteidigung gesagt, nicht allein im Net und in den Medien. Ob es aber ein besonderes Renommee für einen Journalisten bedeutet, allen dort verbreiteten Idiotismen nachzurennen, das sei dahin gestellt.
Aber kommen wir zu einem ganz wesentlichen Teil der Dabatte und dem zu Folge auch der Berichterstattung: dem angeblichen “Patzer” Romneys um den Terroranschlag in Benghazi. Matthias Kolb schreibt dazu:
“Ein Patzer unterlief ihm ausgerechnet bei jenem Thema, mit dem die Republikaner Obama und die Demokraten seit Wochen piesacken: War der Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi vermeidbar? Obama hatte Romneys vorschnelle Kommentare (Details hier) kritisiert und daran erinnert, dass er bereits am Folgetag im Rosengarten des Weißen Hauses von einem Terrorakt gesprochen habe. Romney schaut kurz verwundert, fragt bei Obama nach, der ihn auf das Redeskript verweist. Der Republikaner sagt trotzdem: ‘Gut, dass wir das im Protokoll haben. Der Präsident hat 14 Tage gebraucht, bis er von einem Terroranschlag sprach.’ Es ist Moderatorin Candy Crowley, die in einem Live-Factcheck dem Präsidenten recht gibt. Der Clip vom 12. September ist später in allen Analysen der TV-Sender zu sehen - Romneys Argumentation erscheint vielen Zuschauern als parteipolitisch motiviert. Die Nachrichtenseite Politico spricht zu Recht von einem ‘technischen K. o.’”
Auch Michael König, endlich fertig mit seinen Thesen vom “Menschen als Büromaterial”, thematisiert das und schreibt:
“Falsche Aussage zum Anschlag in Bengasi
Romney muss nun fürchten, die Aufholjagd durch seinen Auftritt vermasselt zu haben. Es war ja nicht nur der Aktenordner. Auch dass sich der Republikaner mehrmals mit der CNN-Moderatorin Candy Crowley anlegte, dürfte bei vielen weiblichen Zuschauern nicht gut angekommen sein.
Crowley fügte Romney auch die größte Schmach des TV-Duells zu, als sie ihn der Falschaussage überführte. Der Republikaner hatte behauptet, Obama habe nach dem Anschlag auf die US-Vertretung im libyschen Bengasi nicht von Terror gesprochen. In Wirklichkeit hatte Obama bereits in seiner ersten Stellungnahme von einem terroristischen Akt gesprochen. Das Publikum spendete Crowley für ihre Aufmerksamkeit Applaus, was im Townhall Meeting eigentlich verboten ist. (Hier das Duell zum Nachlesen im SZ-Liveblog.)”
Und in Matthias Kolbs und Sebastian Gierkes Boulevard würdigem Gemeinschaftswerk, auf das König am Ende des Absatzes verweist, findet sich diese Darstellung zum Vorgang:
“Romney kommt zurück auf den Anschlag. Das Thema bestimmt die politische Agenda in Washington in den letzten Wochen. Die Republikaner versuchen, Obama für den Vorfall in die Verantwortung zu nehmen. Und Romney versucht jetzt, Obama festzunageln. Obamas Umgang mit dem Angriff stelle die gesamte Politik des Präsidenten gegenüber der arabischen Welt in Frage. Obama zeige in der Region keine Führungsstärke und entschuldige sich für die USA. ‘Diese Strategie löst sich gerade vor unseren Augen auf’. Soweit ok. Doch dann wirft er Obama vor, die Attacke erst nach 14 Tagen als ‘Terrorakt’ bezeichnet zu haben. Obama lässt ihn cool auflaufen: ‘Holen sie das Protokoll’. Tatsächlich äußerte Obama damals bereits nach 24 Stunden im Weißen Hauses diese Meinung. Romney verheddert sich vollkommen. Und auch die Moderatorin greift ein und berichtigt Romney. Das Publikum klatscht, obwohl es das eigentlich gar nicht darf. Romney kommt sogar ins Stottern. Wir er rot? Diese Szene werden wir noch öfter sehen, während der Aufarbeitung dieses Duells.”
Richtig ist: Romney hat sich in dieser Sequenz ganz offensichtlich wirklich das Heft von Obama aus der Hand nehmen lassen. Allerdings wurde er auch von zwei Seiten attakiert. Und hier sind wir beim ersten Punkt, an dem unsere SZ-Journalisten in ihrer unprofessionellen Euphorie irren. Candy Crowley, die CNN-Moderatorin des Abends, war weder “überlegen und unbestechlich” (Kolb), noch war sie “aufmerksam” und hat Romney der “Falschaussage” (König) überführt, noch hat sie sich als fähigere Moderatorin denn Jim Lehrer erwiesen (König/Gierke). Tatsächlich hat sie ihre Kompetenzen vor allem im vorliegenden Fall weit überschritten, als sie sich von Obama instrumentalisieren ließ und in der Debatte gegen den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner Position bezog. Hier der entscheidende Moment, zunächst als Mitschnitt (unabhängig von der Headline, mit der der Clip versehen wurde) …
…und hier als Transkription [2]:
“ROMNEY: You said in the Rose Garden the day after the attack, it was an act of terror.
It was not a spontaneous demonstration, is that what you’re saying?
OBAMA: Please proceed governor.
[Obama entzog sich hier einer verbindlichen Antwort und forderte Romney stattdessen auf fortzufahren, was der geschehen ließ; Moritatensaenger]
ROMNEY: I want to make sure we get that for the record because it took the president 14 days before he called the attack in Benghazi an act of terror.
OBAMA: Get the transcript.
[und nun folgt der Moment, an dem die CNN-Moderatorin in ihren Aufgaben versagte und sich von der Autorität Obamas zu dessen Leumundszeugen degradieren ließ; Moritatensaenger]
CROWLEY: It — it — it — he did in fact, sir. So let me — let me call it an act of terror…
OBAMA: Can you say that a little louder, Candy?
CROWLEY: He — he did call it an act of terror. It did as well take — it did as well take two weeks or so for the whole idea there being a riot out there about this tape to come out. You are correct about that.” (Hervorhebungen Moritatensaenger)
Der Begeisterung unserer SZ-Schreiber zum Trotz, die - wie sollte es anders sein - an regelwidrigem Journalismus nichts auszusetzen haben, hat Candy Crowley hier - und nicht nur hier - eindeutig gegen ihre Pflichten verstoßen, wie sie vor dem TV-Duell in einem verbindlichen Memorandum of Understanding [3] festgelegt wurden:
“The moderator will not ask follow-up questions or comment on either the questions asked by the audience or the answers of the candidates during the debate or otherwise intervene in the debate except to acknowledge the questioners from the audiences or enforce the time limits, and invite candidate comments during the 2 minute response period.”
DAS sind feste Regeln, die dafür sorgen sollen, dass eine politische Veranstaltung wie die TV-Debatte aus Hempstead, NY, fair gestaltet und demokratischen Prinzipien gerecht wird. Da nutzt es auch nichts, dass die karrierebewusste CNN-Chef-Korrespondentin [!] Politik laut dem Duo Kolb/Gierke vor der Debatte habe angeblich verlauten lassen, dass sie…
“nicht nur Mikrofon-Halterin spielen wolle. ‘Ich werde keine Fliege an der Wand sein’, sagte sie und kündigte Nachfragen an, wenn Obama oder Romney zu sehr ausweichen sollten. Es sei keinem Wähler geholfen, wenn die Bewerber nur altbekannte Phrasen wiederholen würden. Es wird spannend sein, zu beobachten, welcher Kandidat besser mit der Moderatorin wird umgehen können.”
Aber gut, man muss nicht mit Professionalität glänzen, um bei manchen Medien Erfolg zu haben. Ellbogen und ein bissl Interesse für “Politik und so” reichen manchmal aus. Vergessen wir also auch die Frage, warum ein Korrespondent in den USA und zwei Schreiberlinge am heimischen PC nicht in der Lage oder Willens sind, ihre Leser wie im vorliegenden Fall mit - entscheidenden - Informationen zu den Regeln eines TV-Duells zu versorgen. Ginge man nämlich dieser Frage nach, könnte man glatt zu der Auffassung kommen, die drei genannten Journalisten mißbrauchten ihre hervorgehobene (Medien-)Machtposition, um politisch zu agitieren.
Aber egal: klären wir jetzt, was denn dran ist an der Frage, die Romney an Obama richtete und mit der er ihn aufs Glatteis führen wollte…
“You said in the Rose Garden the day after the attack, it was an act of terror. It was not a spontaneous demonstration, is that what you’re saying?”
…, die zu beantworten dieser aber - leider - vermeiden konnte. Bewusst vermied. Ziehen wir uns also aus der Transkription der fünfeinhalb Minuten dauernden Ansprache des Präsidenten im White House Rose Garden am 12. September [4]…
… folgende Schlüsselsätze, die klären, was Obama nicht nur gesprochen, sondern gesagt hat:
“Yesterday, four of these extraordinary Americans were killed in an attack on our diplomatic post in Benghazi. [...]
The United States condemns in the strongest terms this outrageous and shocking attack. [...]
And make no mistake, we will work with the Libyan government to bring to justice the killers who attacked our people.[...]
But there is absolutely no justification for this type of senseless violence. None. The world must stand together to unequivocally reject these brutal acts. Already many Libyans have joined us in doing so, and this attack will not break the bonds between the United States and Libya. Libyan security personnel fought back against the attackers alongside Americans. [...]
And then last night we learned the news of this attack in Benghazi.[...]
No acts of terror will ever shake the resolve of this great nation, alter that character or eclipse the light of the values that we stand for. [...]
We will not waver in our commitment to see that justice is done for this terrible act. [...]
But we also know that the lives these Americans led stand in stark contrast to those of their attackers. “
Es ist diese Transkription - beachten Sie den Link - jedermann frei zugänglich. Seit über einem Monat. Zeit genug, für gewissenhafte Journalisten, sich mit dem Wortlaut und der Aussage des Präsidenten vertraut zu machen.Tatsächlich sollte dem Leser angesichts des Textes klar werden:
Barack Obama sprach immer dann, wenn seine Rede direkt den Mord an U.S. Ambassador John Christopher Stevens betraf, neutral von einem “Angriff” (”attack”). Nur einmal fiel der Begriff “terror”, aber der Präsident bezeichnete damit, entgegen der offiziellen Darstellung und entgegen dem, was Candy Crowley regelwidrig wie sachlich falsch zu seiner Verteidigung einwarf, nicht den Vorfall in Benghazi als einen “act of terror”, sondern er erklärte generalisierend…
“No acts of terror will ever shake the resolve of this great nation, alter that character or eclipse the light of the values that we stand for.” (Hervorhebung Moritatensaenger)
An keiner Stelle in seiner damaligen Rede aber - und Gelegenheit dazu hätte es mehr als einmal gegeben - bezeichnete er den Vorfall in Benghazi naheliegenderweise, wenn er das denn hätte ausdrücken wollen, als “terror attack”, als Terroranschlag. Und wer sich nicht auf die Falschdarstellungen in der SZ verlässt und zum Original-Text greift, wird weiter feststellen, dass Obama sehr wohl den Mohammed-Film “Innocence of Muslims” als Auslöser für den Angriff in den Raum stellte..
Hier nochmal die entscheidende Textstelle… “Since our founding, the United States has been a nation that respects all faiths. We reject all efforts to denigrate the religious beliefs of others. But there is absolutely no justification for this type of senseless violence.”
…und er zusätzlich den Angriff als “diese Art von sinnloser Gewalt” bezeichnet. Wobei ein Terroranschlag alles ist, nur eben nicht “sinnlos”. Terroristen unterlegen ihre Anschlägen immer mit einem “Sinn”, verfolgen immer ein klares Ziel.
Bedauerlicherweise entblöden sich unsere drei SZ-Schreiber nun zwar nicht, gewagte Analysen dazu zu liefern, was es heißen könnte, wenn jemand sagt: “they brought us whole binders full of women”, aber sie sind andererseits nicht in der Lage, die wirklich kritischen Formulierungen einer entscheidenden Rede zu klären. Andere, auch junge Journalisten, haben da um Klassen bessere Analysearbeit geleistet. Etwa Alana Goodman…
…, die im Commentary Magazine schreibt:
“If Obama wanted to call the Benghazi assault a terrorist attack in that speech, he had plenty of opportunities to do so. Instead, he described it as a “terrible act,” a “brutal” act, “senseless violence,” and called the attackers “killers,” not terrorists. It’s also important to consider the context. For a week after this speech, the White House would not call it a terrorist attack. The official position was that Libya was a spontaneous response to an anti-Islam film, not a premeditated or preplanned act.”
Davon abgesehen: Zu klären gäbe es schon bei dem Vorfall in Libyen selbst einiges, der sich mittlerweile als “Benghazi-Gate” (Google 250.000 x) einen Namen gemacht hat. So klärt der Journalist Mark Steyn im National Review darüber auf, dass die Obama-Administration ihrem Botschafter an einem der gefährlichsten Orte der Branche lediglich für die lächerliche Summe von 387.413,- $/Jahr beim britischen Dienstleister Blue Mountain Schutzpersonal eingekauft hat. Eine Summe, für die normalerweise nichtmal die Kosten eines einzigen US-Soldaten im Überseeeinsatz gedeckt wären. Die Krönung aber ist - und Symbol dafür, wie politisch dieser Vorgang ist und wie sehr er der Obama-Doktrin nach Annäherung an den Islam entspricht - die Krönung aber ist, dass für diese Summe fünf “ehemalige” Mitglieder der Märtyrer Brigaden des 17 Februar eingekauft und eingesetzt wurden (dazu auch die Journalistin Diana West von Townhall). Zum Schutz Stevens’ bis an die Zähne bewaffnet mit Handschellen und Schlagstöcken!
Das heißt im Grunde nichts anderes, als dass, wer auch immer im Weißen Haus davon gewusst hat - und Barack Obama steht mit Recht ganz vorn in der Reihe der Verdächtigen -, er/sie Botschafter Stevens für eine lächerliche Symbolik buchstäblich ans Messer geliefert und geopfert hat/haben. Das ist um so empörender, als John Christopher Stevens, dessen Tod Obama nun so talentiert beweint, nach Information des US-Nachrichtensender ABC-News bereits um Schutz durch ein Team von US-Special-Operation-Soldiers gebeten hatte. Was er bekam, waren fünf “ehemalige” Märtyrer mit besten Beziehungen zur Muslimbruderschaft, wie das Frontpagemagazin bereits am 13. oktober schieb.
In welche Richtung sich die Aufdeckung der Vorgänge in den nächsten Tagen auch bewegen mag, angesichts der Ansammlung seltsamer Fakten schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat sich die Süddeutsche Zeitung wieder einmal ein erbärmliches Stück an Propaganda geleistet und haben sich drei junge Journalisten als vollkommene Blindgänger in ihrem Fach erwiesen.
Mit tönendem Gruß
Peter Zangerl alias Moritatensaenger
[1] http://www.foxnews.com/politics/2012/10/16/transcript-second-presidential-debate/ …dort etwa in der Mitte des zweiten Drittels zu finden
[2] Link wie oben; dort etwa ab der Hälfte des dritten Drittels zu finden
[3] http://thepage.time.com/2012/10/15/the-2012-debates-memorandum-of-understanding-between-the-obama-and-romney-campaigns/ ….dort Seite 8, oben (auf als PDF herunterzuladen)
Update am 17.10./23:56 Uhr: Ergänzung um zwei eingebettete Videos
1 Reaktion zu “Obama vs. Romney…..die Fakten zum angeblichen Benghazi-”Patzer” Romneys. Und drei SZ-Schreiber als journalistische Blindgänger..”
Bin sehr beeindruckt von dieser Analyse!
Beste Grüße
pth