Der Bundespräsident, Kurt Kister und die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika
14. Juni 2012 von moritatensaenger
Der Bundespräsident, Kurt Kister und die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika; wie geht das zusammen, werden Sie fragen. Nun, dazu müssen Sie sich kurz den Text [1] zu Gemüte führen, mit dem Kurt Kister, seit Januar 2011 immerhin der “Chefredakteur” der Süddeutschen Zeitung, gestern den Bundespräsidenten vor den Genossen in Schutz nahm. Dort schreibt er u.a.:
“Doch nicht alle Formulierungen von Gauck waren gelungen - Glückssucht ist jedenfalls kein Grund für die bröckelnde Akzeptanz für Auslandseinsätze. [...] Man muss kein egoistischer Hedonist sein, um zu erkennen, dass die dauerhafte Besetzung eines Landes durch fremde Truppen nicht zu mehr Freiheit oder auch nur zu nation building führt.
Im Übrigen gehört die Glückssucht, in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung pursuit of happiness genannt und gemeinsam mit Freiheit und dem Recht auf Leben aufgezählt, zu jenen menschlichen Ursehnsüchten, deren Verteidigung notfalls äußerste Anstrengungen rechtfertigt. Das müsste gerade der selbsternannte Freiheitspräsident Gauck wissen.” (Hervorhebung: Moritatensaenger)
Der Bundespräsident hatte in seiner Rede nämlich festgestellt…
“Die Bundeswehr steht zwar mehr denn je unter Beobachtung der Medien. Und doch ist sie im öffentlichen Bewusstsein nicht sehr präsent.”
…und erklärte das u.a. damit [2]:
“Zum anderen ist es aber so, dass bei vielen ein Nicht-Wissen-Wollen existiert. Das ist irgendwie menschlich: Wir wollen nicht behelligt werden mit Gedanken, dass es langfristig auch uns betreffen kann, wenn anderswo Staaten zerfallen oder Terror sich ausbreitet, wenn Menschenrechte systematisch missachtet werden. Wir denken eben nicht gerne daran, dass es heute in unserer Mitte wieder Kriegsversehrte gibt. Menschen, die ihren Einsatz für Deutschland mit ihrer seelischen oder körperlichen Gesundheit bezahlt haben. Und noch viel weniger gerne denken wir daran, dass es wieder deutsche Gefallene gibt, das ist für unsere glückssüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen.” (Hervorhebung: Moritatensaenger)
Nun kann man sich, das sei Kister zugestanden, darüber streiten, was denn nun der endgültige, allumfassenden Grund dafür ist, dass die deutsche Gesellschaft den Auslandseinsätzen der eigenen Armee kritisch gegenüber steht. Und man könnte sich auch mit ihm auseinandersetzen, was unter seiner Formulierung einer “dauerhaften Besetzung” eines Landes zu verstehen ist und was das mit dem Engagement der Bundeswehr in Afghanistan (worauf er sich damit wohl bezieht) zu tun hat. Unbestreitbar ist jedoch, dass seine Übersetzung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung eher einer linken Kader-Gehirnwäsche entstammt, denn englischer Sprachkenntnis oder dem Wissen um den Originaltext der unanimous Declaration of the thirteen united States of America.
Dort steht nämlich wortwörtlich [3] [4]…
“We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.” (Hervorhebung: Moritatensaenger)
…, was (“the pursuit of Happiness”) korrekt übersetzt [5] heißt, dass das “Streben [pursuit] nach Glück” dort verankert ist, und nicht - wie Kister behauptet - das Recht auf “Glückssucht“.
Aber halt….natürlich hat Kister nicht wortwörtlich übersetzt oder sich gar an die Definition in einem Dictionary gebunden gefühlt. Er schreibt deshalb ja…
“Im Übrigen gehört die Glückssucht, in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung pursuit of happiness genannt…” (Hervorhebung Moritatensaenger)
…was nichts anderes bedeutet, als dass er, Kurt Kister, den Text des 230 Jahre alten Dokumentes neu interpretiert. Klassenkämpferisch. Denn etwas anderes als “Glückssucht” kann ein strammer linker Ideologe wie Kister der Gesellschaft der Kapitalisten, Imperialisten, Demokraten und Ausbeuter jenseits des Atlantiks nun wirklich nicht zugestehen.
Mit tönendem Gruß
Ihr Peter Zangerl alias Moritatensaenger
Hinweis: Wir bedanken uns hiermit bei unserem aufmerksamen Freund und Leser Stefan, der uns auf den kreativen Umgang Kisters mit der amerikanischen Geschichte hinwies.
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/rede-vor-bundeswehr-akademie-unglueckliche-formulierung-1.1382201
[2] http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2012/06/120612-Bundeswehr.html ; dort Absatz 15
[3] http://www.archives.gov/exhibits/charters/declaration_transcript.html
[4] http://www.archives.gov/exhibits/charters/charters_downloads.html
[5] - “an occupation, career, interest, etc. to wich one devotes time and energy”; Websters College Dictionary; Third Edition; 1997;
- “thing to wich one gives one’s time, energy, etc.”; Oxford Advanced Learner’s Dictionary; Fourth Edition; 1989.
1 Reaktion zu “Der Bundespräsident, Kurt Kister und die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika”
Klassenkämpferische Interpretation des amerikanischen Textes durch den Chefredakteur der SZ ist vielleicht eine noch viel zu wohlwollende
Annahme. Eher die dümmliche Arroganz, sich einzubilden, der englischen Sprache mächtig zu sein.Und was soll’s. So ungefähr haut das doch hin. “Glückssuche” (wörtlich für “pursuit of happiness”) und “Glückssucht” (Herrn Kisters Übersetzung) unterscheiden sich ja nur durch einen klitzekleinen Buchstaben.
YES, WE CAN DENGLISH!