Süddeutsche Schande
25. Mai 2012 von Jaspis
Ja, ist den heut schon Sommerloch? Möchte man sich fragen, wenn man Süddeutsche.de aufruft.[1]
Schon wieder ein Grass-”Gedicht”! War nicht das andere schon mit “letzter Tinte” geschrieben? Was will er den jetzt noch? Ok, das war eine blöde Frage. Diese Aufmerksamkeit, die das letzte gebracht hat, die hätte Günter Grass wohl auch jetzt gerne wieder. Recht gehaltvoll ist es nicht, was er da zusammengewürfelt hat. Eher eine Art Potpourri aus Schlagworten, die einem gerade zu Griechenland einfallen wollen. Eigentlich nicht der Rede wert. Schon wieder nicht. - Außer der Süddeutschen natürlich, die auch diese Zeilen wiederum groß herausbringen will. Heute auf Süddeutsche.de, ganz oben auf, und morgen in der Printausgabe, für die vermutlich extra die Auflagenstärke erhöht wurde. Denn schließlich:
Als sich Günter Grass mit seinem Gedicht ”Was gesagt werden muss” vor gut sieben Wochen an dieser Stelle in die Nahost-Debatte einschaltete, war die Reaktion der Leser und der Medien groß. Sie war größer, als auf jedes andere Thema, das die Süddeutsche Zeitung in den vergangenen Jahren behandelte.
Es geht um Verkaufszahlen, sonst nichts. Das ist zwar billig, aber es wird schon keiner merken. Man gibt sich schließlich wutbürgerisch:
Für Günter Grass hat die politische Einmischung wiederum eine biografische Tradition.
Was in diesem Herumgestopsle “politische Einmischung” sein soll, bleibt zwar gut gehütetes Geheimnis der SZ-Redaktion. Aber sie nutzt die Gelegenheit für den Versuch, Grass’ jüngste Entgleisung zu rehabilitieren, die nun als “Einmischung in die Nahostdebatte” geadelt wird - ohne Hinweis auf die groben sachlichen Fehler, die nichts als Schmähung Israels zum Zweck hatten, versteht sich. Hier zeigt sie sich, die Süddeutsche Schande: Grass’ Antisemitismus soll über die Hintertür der “kritischen Kunst” salonfähig gemacht werden.
Von der Antike über Bertold Brecht bis hin zu der Lyrik des Hip-Hop erlaubte die metrische Form, komplexe politische Zusammenhänge zu verdichten, ohne sich mit dem Slogan zu begnügen.
Und wer das nicht versteht, dem fehlt vermutlich nur der “intellektuelle Zugang”.
Man wünscht sich wirklich, Hape Kerkeling würde hinter dem Zeitungskiosk hervorspringen und verkünden: “Das ganze Leben ist ein Quiz und wir sind nur die Kandidaten!”
Man könnte vergnügt in die Hände klatschen und sich freuen, wie man dem Pseudokünstler auf den Leim gegangen ist.
Doch ich fürchte, die SZ meint das auch noch ernst.
Jaspis
[1] http://www.sueddeutsche.de/kultur/gedicht-von-guenter-grass-zur-griechenland-krise-europas-schande-1.1366941