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Die Tradition, ein Forum für antisemitische Leserbriefe zu bilden, geht bei der Süddeutschen zurück bis aufs Jahr 1949.

5. April 2012 von moritatensaenger

Die Tradition, ein Forum für antisemitische Leserbriefe zu bilden, geht bei der Süddeutschen zurück bis aufs Jahr 1949. Damals war es ein gewisser “Adolf Bleibtreu” aus der “Palestinastraße 33″ in “München 22″, der ohne jedes Begleitwort der Redaktion der Süddeutschen dortselbst u.a. erklären durfte:

“Ich bin beim Ami beschäftigt und da haben verschiedene schon gesagt, daß sie uns alles verzeihen, nur das eine nicht, und das ist, daß wir nicht alle vergast haben, denn jetzt beglücken sie Amerika. [...] Ich versichere Ihnen, daß ich kein Nazi war, aber ich bin 100% Deutscher.”


Es gab keine “Palestinastraße” in München und die Palestrinastraße, auf die ein Mitarbeiter der SZ die Adressangabe des Originalkuverts verbesserte, lag - auch damals leicht recherchierbar - nicht in München 22. Dass es im Telefonbuch außerdem keinen Adolf Bleibtreu gab und die Hausnummer 33 überraschend “gut” zum Thema passte, das alles fiel angeblich niemandem auf. Und so durfte also ein anonymer Leserbriefschreiber so munter wie ungehindert wie übel in der Süddeutschen gegen die Juden hetzen. Im Zuge der empörten Reaktion bei und eines Demonstrationszuges von überwiegend als DPs [1] in München lebenden Juden wurde übrigens zum ersten Mal nach 1945 in Deutschland wieder auf Juden geschossen. Die Süddeutsche erklärte sich - selbstverständlich - für völlig schuldlos, an dem von ihr ausgelösten Aufruhr. Einen interessanten Überblick zu diesem Skandal liefert der Münchner Journalist Thomas Grasberger, dessen lesenswerter Text als PDF beim Deutschland Archiv des Bertelsmann-Verlages hier kostenlos herunterzuladen ist.

Der aktuelle “Leserbrief” in der Süddeutschen [2]…

neu-1

…bedient sich im Gegensatz zu dem von ‘49 der Gedichtform, sowie eines subtiler an den Leser gebrachten Antisemitismus und stammt diesmal auch nicht von einem anonymen Hetzer, sondern von Günter Grass himself. Trotzdem erfüllt das Textchen, aufbauend auch auf den ganzen Verlogenheiten und Verdrehungen zu Israel, denen man als SZ-Leser tagtäglich und wehrlos wie eine polnische Stopfgans ausgesetzt ist, durchaus anerkannte Kriterien antisemitischer Hetze. Etwa wenn man dem folgt, was die Linguistin Prof. Dr. Monika Schwarz-Friesel, sowie die Geschichtswissenschaftler Prof. Dr. Evyatar Friesel und der Professor und Direktor des Tauber Institute for the Study of European Jewry, Jehuda Reinharz, erforschten und in ihrem Werk “Aktueller Antisemitismus: ein Phänomen der Mitte?” veröffentlichten:

“Ungeachtet des oben behandelten Wirksamkeitsverfalls des Antisemitismusvorwurfs als Sanktionierungsmittel besteht nach wie vor für Antisemiten das Risiko, mit dem entsprechenden Vorwurf konfrontiert zu werden. Dies bewirkt eine kritische Themenerweiterung bzw. Themenverschiebung in Richtung Nahost. Damit wird einerseits der Raum des Sagbaren in der Öffentlichkeit zu vergrößern versucht, andererseits bietet die vermeintliche Kritik an Israel eine günstige Tarnung für antisemitische Angriffe. [...] Dennoch klagt das antisemitische Lager, dass ein vermeintlich drohender Antisemitismusvorwurf jedwede Kritik an Israel vereitle.” (”Aktueller Antisemitismus: ein Phänomen der Mitte?” Verlag De Gruyter Saur; Autoren s.o.; S.110 [Hervorhebung Moritatensaenger])


Mehr ist zu dem ganzen Geschreibsel von Grass auch eigentlich nicht zu sagen. Vernunftbezogene Argumente, wie etwa dass der eine Atomwaffenbesitzer ein solide gewachsener, demokratischer Rechtsstaat ist, der andere dagegen ein Unrechtsstaat wie er im Buche steht, werden bei der Zielklientel kaum greifen. Und auch Grass werden sie nicht zur Besinnung bringen, dem es sein ganzes politisches Leben lang - vom rechten SS-Angehörigen zum linken Terroristenversteher - nicht gelang, den verbohrten Ideologen abzulegen und sich die Einsichtsfähigkeit zuzulegen, mit denen er in den Kategorien Rechtsstaat und Demokratie hätte denken können.

Wie auch immer: Einen besseren Platz für Grass’ “Gedicht” als die SZ gibt es unter Deutschlands Großmedien nicht. Gleich und gleich gesellt sich einfach gern und, wie gesagt, die SZ der Gegenwart hat oft genug bewiesen, das sie einfach Wert legt, auf manche Traditionen.



Mit tönendem Gruß

Ihr Peter Zangerl, alias Moritatensaenger



[1] http://www.ushmm.org/wlc/en/article.php?ModuleId=10005462

[2] http://www.sueddeutsche.de/kultur/gedicht-zum-konflikt-zwischen-israel-und-iran-was-gesagt-werden-muss-1.1325809



Geschrieben in Antisemitismus | 7 Kommentare

7 Reaktionen zu “Die Tradition, ein Forum für antisemitische Leserbriefe zu bilden, geht bei der Süddeutschen zurück bis aufs Jahr 1949.”

  1. am 05 Apr 2012 um 11:201Pressekodex vs. Medienberichterstattung über den Nahostkonflikt. Und ein Video. « israelkompetenzkollektion

    [...] Die SZ und der Pressekodex sowie zur der SZ-Tradition, antisemitische Leserbriefe zu drucken [...]

  2. am 05 Apr 2012 um 17:002Yaelles

    Lieber Günter Grass,

    der Kopf ist rund,damit das Denken die Richtung ändern kann!

    Ihnen scheint im Alter jedoch die Fähigkeit zur Selbstreflexion
    verloren gegangen zu sein

    Wie wäre es,wenn Juden die Deutschen,pauschal und ohne
    Unterschied,Nazis nennen würden

    Das wäre vor allem für Jüdische Dichter mit Verweis auf die
    künstlerische Freiheit statthaft

    Warum tun wir das nicht?

    Warum reden wir nicht einmal von Deutscher Schuld sondern von
    Verantwortung?

    Die Ursache liegt darin,daß wir Juden vor der Geschichte eine
    Verantwortung spüren!

    Auch uns passieren Ausrutscher,aber wir gehen angesichts des
    Minenfeldes,inmitten dessen wir leben,sehr vorsichtig vor

    Nicht so Sie!

    Ungeachtet der historischen Tatsachen und unbesehen der
    gegenwärtigen Realitäten reklamieren Sie ihr Recht darauf,mit Hilfe
    ihrer künstlerischen Freiheit,eine eigene Realität zu basteln

    Dabei taucht eine wichtige Frage auf:

    Ist das Recht auf künstlerische Freiheit ein Erbhof?

    Gilt dieses Recht auch dann,wenn gar keine Kunst vorliegt?

    Und selbst wenn Sie aufgrund der glücklichen Reihung,der von Ihnen
    gewählten Worte,noch als Künstler gelten,so bleibt die Frage:
    Wo sind die Grenzen?
    Gibt es für Künstler keine Grenzen?
    Wo beginnt und wo endet die künstlerische Freiheit?
    Endet sie vielleicht da,wo ein Künstler seinen Ruf als Künstler
    mißbraucht um Dinge zu sagen,die keine Kunst sind?

    Sie haben es recht vorhergesehen,der Vorwurf
    des”Antisemitismus”stand Ihnen bevor,als sie zur Feder griffen

    Ihre wohlgesetzten Worte sind kein Gedicht.Es sind nur wohlgesetzte
    Worte.Jede Zeile so kurz,daß es wenigstens einem Gedicht ähnelt.Und
    weil der Text von einem früher ruhmvollen Autor stammt,muß er wohl
    ein Gedicht sein

    Nochmal:
    >
    > Jetzt aber, weil aus meinem Land,
    > das von ureigenen Verbrechen,
    > die ohne Vergleich sind,
    > Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
    > wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
    > mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
    > ein weiteres U-Boot nach Israel
    > geliefert werden soll, dessen Spezialität
    > darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
    > dorthin lenken zu können, wo die Existenz
    > einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
    > doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
    > sage ich, was gesagt werden muß.
    >
    Meine Güte,was für ein Scheiß!

    Aber einen Dienst haben Sie geleistet und dafür gebührt Ihnen Dank:
    Sie haben die verkappten Nazis aus ihren Löchern gelockt

  3. am 05 Apr 2012 um 18:033Fritz Wunderlich

    Der Standard unter Oscar Bronner geht da noch weiter und bietet dem Moolah-Regime eine Propaganda-Plattform:
    http://derstandard.at/1333528501569/Press-TV-Mutiger-Grass-Liebesgruesse-aus-Teheran

    Antisemiten unter sich.

  4. am 05 Apr 2012 um 21:084moritatensaenger

    @Fritz Wunderlich: Ich glaub es nicht. Sie haben Recht. Hier das Original:

    http://www.presstv.ir/detail/234617.html

    Press TV! Tochterunternehmen des staatlichen iranischen IRIB (Islamic Republic of Iran Broadcaster)! Groß scheint die Sehnsucht eines jeden Standard-”Journalisten” zu sein, aus der Geborgenheit eines staatlichen Arsches heraus zu agitieren (in den man vorher willig gekrochen ist). Und weil das in Österreich - noch - nicht geht (Versuche dazu gibt es ja bereits…siehe ORF), greift man auf Manipulateure aus anderen Ländern zurück. Aber wenigstens sitzt man beim Standard in Wien in der Herrengasse und kann vielleicht daraus das notwendig täglich Gefühl von Unterordnung destillieren. Gruß Peter Zangerl, alias Moritatensaenger

  5. am 06 Apr 2012 um 09:265Fritz Wunderlich

    @ Moritatensänger

    Und dazu wird heftigst zensuriert, wie mir als ehemaligen Poster , da ich ja bekanntlich gesperrt bin, weil ich der Webredaktion das vorwarf, was sie jetzt wieder bestätigte, die Kämpfer im Standard-Forum mitteilten.
    Nur eines von vielen zensurierten Postings:

    “85 Jahre, so alt musste er werden, um seinen Frieden mit dem III.Reich schließen zu können und zu seiner Jugend stehen zu können.
    Und um seinem alten Gegner Walser auf Augenhöhe begegnen zu können, ein deutscher Tabubrecher Aug in Aug mit dem anderen, wenn es gilt, Schuld neu zu verteilen und diese Ressource zuzuweisen, am besten wie immer den Juden, diesmal in der Form des Staates der Holocaustüberlebenden.
    Und um eine “Medienverschwörung” zu imaginieren.
    Alle Versatzstücke sind da und das letzte Stück: Sowie der Jude als Gefahr für den Weltfrieden dargestellt wurde, so wird jetzt nicht das islamistische Regime Iran mit seiner antisemitischen Ideologie als Gefahr für die Welt dargestellt, sondern Israel. Und die Welt, aber insbesondere Deutschland, denn was ist denn die Grasssche Welt sonst, als Opfer inszeniert. Als wenn die iranischen Islamisten Lübeck zum Ziel hätten, und nicht Tel Aviv.
    Wie gut für Juden, dass es jetzt einen Staat gibt, der im Falle des wiederkehrenden Falles sie aufnimmt.
    Obwohl, so wie Bronner die Hetze gegen Israel in der eigenen Zeitung ignoriert, muss es wohl noch andere Fluchtorte für einige wenige geben.”

    Nicht übel, meine ich.

  6. am 07 Apr 2012 um 09:346Die Tradition, ein Forum für antisemitische Leserbriefe zu bilden, geht bei der Süddeutschen zurück bis aufs Jahr 1949 | Jihad Watch Deutschland

    [...] 22″, der ohne jedes Begleitwort der Redaktion der Süddeutschen dortselbst u.a. erklären durfte: Mehr… suedwatch Gefällt mir:Gefällt mirSei der Erste, dem dieser post gefällt. Dieser Beitrag wurde [...]

  7. am 11 Apr 2012 um 15:287Israel straft Grass mit Einreiseverbot « kopten ohne grenzen

    [...] http://www.suedwatch.de/blog/?p=8248 [...]

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Übersetzung von Fabian Künzel