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Im Elfenbeinturm

16. Dezember 2011 von Jaspis

Wenn ich Sätze wie das Brecht-Zitat “Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch” und “Es ist dies ein Satz von kriminalistischer Wahrheit.” im Zusammenhang mit Heribert Prantl[1] lese, baut sich vor meinem geistigen Auge ein in sich verwundener Mensch mit abgespreiztem kleinem Finger an einem Gläschen Sprizz auf, der mit seinen Begleitern gerade in der Pause im Theater-Foyer seines Elfenbeinturms steht und über die eben erlebte Neu-Inszenierung von Brechts “Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui” sinniert, um dieses auf möglichst intellektuellem Niveau in die aktuellen Geschehnisse einzubetten. Abstrakt, natürlich, denn fürs Konkrete ist man schon lange viel zu abgehoben. Abstrakt lässt sich palavern, dass “die Sicherheitsbehörden” natürlich niemals so “blauäugig” gewesen wären, hätte es sich “bei den Opfern nicht um kleine Leute mit Migrationshintergrund gehandelt hätte, sondern um hochkarätige Vertreter aus Politik und Wirtschaft” gehandelt. Die Conclusio, dann geht es in die zweite Hälfte des Theaterstücks:

Das schlechte Gewissen muss gutes Handeln zur Folge haben: Das braune Netzwerk muss bis in alle Verästelungen aufgedeckt und zerrissen werden.

Thema abgehandelt, zurück zur Tagesordnung. Gut, man könnte meinen, es sei irgendwie auch journalistische Arbeit, sich ebenfalls an “Das braune Netzwerk muss bis in alle Verästelungen aufgedeckt und zerrissen werden.” zu beteiligen. Doch da lehnt sich die Süddeutsche zurück, um aus dem bequemen Lehnsessel besser auf die blauäugigen Sicherheitsbehörden zu deuten. Mehr braucht es ja nicht. Da genügt es, auf Modedetails hinzuweisen.[2] Doch schon Morddrohungen gegen Dieter Graumann, den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, sind keine Zeile wert.[3] Und auch beim in linken Kreisen bevorzugten Münchner Fußballverein, den Sechzigern [4], ist Zurückhaltung angesagt. SPON ist da nicht so zurückhaltend [5]:


so-schlimm-wie-jetzt-war-es-noch-nie


Bei wohl keinem anderen süddeutschen Fußballverein stehen so viele aktive Neonazis in der Kurve wie beim TSV 1860 München. Und es werden offenbar immer mehr. Der Verein gibt sich machtlos gegen die Umtriebe von NPD-Kadern und rechten Kameradschaften.

Manchmal hört man sie “Uh, uh, uh” rufen, wenn ein schwarzer Spieler am Ball ist. Auch “Drecks-Türke” schallte es schon aus ihrem Block. Meist aber halten sie sich aus Angst vor einem Stadionverbot mit ihren Gesängen zurück: rechtsextreme Fans des TSV 1860 München.
Sie stehen immer am gleichen Platz: Block 132, mitten in der Nordkurve, dem Herz der Löwenfans, gleich rechts vom Tor. Ein riesiger Pulk junger Männer, die keinen Hehl aus ihrer politischen Einstellung machen: Viele tragen Kleidung von “Thor Steinar” oder andere Nazi-Erkennungsmarken. T-Shirts, auf denen mit der Aufschrift “Scheiß §86a” gegen das Verbot verfassungswidriger Symbole gehetzt wird, gehören ebenfalls zu ihrem Repertoire.

Offenbar rekrutieren die Rechtsextremen bei den Löwen auch Nachwuchs: Mehrfach verteilten Neonazis einschlägige Flugblätter, auf denen etwa für den “Heldengedenkmarsch” geworben wurde. Der “Stern” berichtete 2010 zudem, dass auch Mitglieder der Neonazi-Band “Feldherren” oder der Skinhead-Schlägergruppe “Kraken” regelmäßig Spiele des Zweitligisten besuchen würden.

Wer sich bei 1860 gegen braune Umtriebe engagiert, wird schon einmal als “Judenbraut” tituliert. Das zumindest berichtet eine Löwen-Anhängerin. Manchmal werde Nazigegnern auch mit Schlägen gedroht, sagt Schröger.

Zu 1860 pilgern dagegen Nazis aus ganz Süddeutschland. Ein Grund: die Geschichte der Löwen. Der Verein galt im “Dritten Reich” als einer der Lieblingsclubs der NS-Oberen. Schon vor 1933 gab es bei den Sechzigern anders als bei den Bayern viele überzeugte Hitler-Anhänger. Wer sich auf der offiziellen Homepage über die Geschichte des Vereins informieren will, erfährt von all dem jedoch nichts: Nur der Verweis auf den Pokalsiegsieg von 1942 erinnert dort an die braune Vergangenheit der Löwen.

Ja, ja, durchaus. Ein bisschen war davon auch schon auf sueddeutsche.de zu lesen. Im April. Im Bericht über “Die pöbelnde Mehrheit” wird auf Seite zwei auch “dieses Problem der 1860-Fanszene” erwähnt.[6] Dass sich der rechtsextreme Block in den letzten Monaten verstärkt habe. Und dass man “gegen diese Gestalten” vorgehen wolle. Man wolle “nichts mit Neonazis und anderen Rassisten zu tun haben”.

Weitere Nachforschungen sind bei diesem Thema offenbar überflüssig. Es reicht ja, “Rechtspopulisten” bei den “Islamkritikern” zu verorten und später den Sicherheitsbehörden Blauäugigkeit vorzuwerfen.

Da die braunen Schlachtenbummler im Stadion meist nicht straffällig werden, sind der Polizei oft die Hände gebunden.

kann man bei SPON lesen. Sicherheitsbehörden kommen da nicht weiter. Da ist der Verein gefragt und die breite Öffentlichkeit. So sie denn überhaupt etwas davon weiß.



“Das braune Netzwerk muss bis in alle Verästelungen aufgedeckt und zerrissen werden.” Na, dann steigen Sie doch mal herab vom Elfenbeinturm und fangen damit an, Herr Prantl.





Jaspis





[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/neonazi-netzwerk-in-deutschland-der-schoss-ist-fruchtbar-noch-1.1232006
[2] http://www.suedwatch.de/blog/?p=7674
[3] http://www.suedwatch.de/blog/?p=7730
[4] http://www.suedwatch.de/blog/?p=5910
[5] http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,803748,00.html
[6] http://www.sueddeutsche.de/sport/muenchen-fanproteste-die-poebelnde-mehrheit-1.1084890-2

Geschrieben in Es stand -nicht- in der SZ, Extremismus, Prantl-ismus, QualitätZSjournalismus, SZcheinheilig | 0 Kommentare

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Übersetzung von Fabian Künzel