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Zwischendrin mal leichte Kost

16. Dezember 2011 von moritatensaenger

Nichtsdestoweniger Beleg dafür, dass die Süddeutsche auch bei Kleinigkeiten mit journalistischer Schlampigkeit zu glänzen weiß. Und außerdem, nach langer Pause, mal wieder was für die Automobilisten. Dauerkalauer bei der SZ sind die “Rocket” oder “Space”-Cars, die als Concept-Cars die Raumfahrteuphorie in den USA der 50er Jahren widerspiegeln. Mal läuft die mittlerweile ausgelutschte Bilderserie direkt unter der Rubrik “Auto & Mobil” auf Süddeutsche.de [1], mal, wie dieser Tage, unter “Entertainment”. Gezeigt wird gleich als Aufmacher der 1956er Oldsmobile Golden Rocket…

rocket01

…, ein Concept-Car, das auf der 1956er General Motors Motorama Show gezeigt wurde. Einer Wanderausstellung, auf der beginnend im Januar in New York und endend im April in Boston, die neuesten General Motors Modelle präsentiert wurden. Und eben auch zukunftsweisende Konzepte. Gerade für das Jahr 1956 präsentierten die GM-Marketing-Leute ein reizendes Filmchen, in dem auch der Golden Rocket einen Auftritt hat und das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:



Dummerweise bringt SZ-Autor (und Oldtimer-Buchautor!!) Günther Fischer da einiges durcheinander. Beim Leser wird nämlich der Eindruck erweckt, der abgebildete Golden Rocket wäre tatsächlich in Produktion gegangen…

“1958 stellte Oldsmobile sein J-2 Golden Rocket-Modell vor. Technik-verliebt wie die Ingenieure zu dieser Zeit waren, wurde der Wagen auf Wunsch mit drei Vergasern angeboten.[...] Unglücklicherweise fuhren die Besitzer dieser Straßenrakete nicht sportlich genug - was schnell zu Problemen mit den Vakuum-Vergasern führte: Sie verstopften.”

…und an Käufer ausgeliefert worden. Was als Behauptung fast so phantastisch ist, wie das Design des Wagens futuristisch. Tatsächlich blieb der “Golden Rocket” ein Concept-Car und ging weder in Serienproduktion, noch wurden Einzelstücke für den Markt gefertigt. Damit hat sichs aber nicht, mit dem Sammelsurium an Unsinnigkeiten, die uns SZ und Autor allein mit diesem Wagen auftischen. Vorgestellt wurde der abgebildete Golden Rocket, ich schrieb es bereits, 1956 und nicht, wie Fischer schreibt, 1958. Und die Typenbezeichnung J-2 Golden Rocket, mit der er das Modell vorstellt, bezeichnete nie ein Auto, sondern einen Motor von Oldsmobile. Den da:

j2-golden-rocket

Sieht auf den ersten Blick, bis auf den goldenen Lack, ziemlich unauffällig aus, sorgte aber 1957 unter der Rennfahrerlegende Lee Patty für einen sensationellen Renneinstand. Und ein reiner Rennmotor war es auch, den Oldsmobil da auf die Beine stellen wollte. Die Serienproduktion des Motors war eine reine Homologationslösung, weil der Motor schon nach dem ersten sehr erfolgreichen Einsatz von NASCAR-(National Association for Stock Car Auto Racing)-Gründer Bill France Sr. disqualifiziert wurde. Die Verbannung des Motors von den Rennstrecken war noch nicht richtig ausgesprochen, da bot Oldsmobile das Triebwerk mit seiner seltsamen Vergaserkonfiguration schon für seinen Oldsmobile 88 an…

oldsmobile-88-1957

(1957 Oldsmobile 88)

oldsmobile-88-1958

(1958 Oldsmobile 88)


2.500 Oldsmobile vom Typ 88 wurden, um die Homolgation zu erreichen, mit dem “Extra” J-2 Golden Rocket hergestellt und an den Mann gebracht, gegen Aufpreis von 83,-$ bei Ausstattung mit dem 3-Gang-Getriebe, oder gegen eine Zugabe von immerhin 314,-$ bei Ausstattung mit dem Automatik-Getriebe. So richtig glücklich wurde keiner der Normalfahrer, die sich zu der namhaften und vielversprechenden Option verleiten haben lassen, das hat Fischer richtig bemerkt (wenn auch beim vollkommen falschen Auto), zu anfällig war die Technik, zu kompliziert die Wartung. Trotzdem war die Idee mit den drei Vergasern genial. Und bereitete, wenn alles funktionierte, ein Fahrvergnügen der besonderen Art. Hatte nämlich der mittlere Vergaser, der allein mit dem Gestänge zum Gaspedal verbunden war, seine Klappe zu etwa zwei Drittel geöffnet, rissen - über den Unterdruck der Windschutzscheiben-Reinigungsanlage bewegt (!) - die beiden anderen Vergaser schlagartig ihre Klappen von “geschlossen” auf “voll geöffnet”. Es gab nur diese zwei Modi. Bei “voll geöffnet” wurde die Gemischaufbereitung des Wagens mit Luft geradezu überschwemmt und die Passagiere von der einsetzenden Beschleunigung mit Macht in die Sitze gepresst. Ähnliches kennt vielleicht, wer schon mal eines der frühen Turbo-Autos gefahren hat, ob Ier Golf GTD, BMW 2002 Turbo oder gar 930er Porsche Turbo: Wenn der Lader richtig anfing zu pusten, schossen die Autos förmlich nach vorne. Selbst der Diesel-Golf.

Nach den 2.500 hergestellten J-2 Golden Rocket-Motoren jedenfalls stellte Oldsmobile die Produktion 1958 ein. Mehr wollte man dort schon deshalb nicht bauen, weil selbst die ordentlichen Aufpreise die Kosten der Herstellung nie deckten. Aber man hatte sein Ziel erreicht und einen wirklich leistungsfähigen, allen damaligen Konkurrenten überlegenen Rennmotor auf die Beine gestellt, der in den schweren Oldsmobile-Racern…

1957_oldsmobile_88_nascar_recreation

(1957 Oldsmobile 88 NASCAR Recreation)


…für eindrucksvollen Vortrieb sorgte. Der Golden Rocket, wie er in der Süddeutschen abgebildet ist, und wie ihn Autor Günther Fischer zu beschreiben glaubte, kam allerdings nie mit dem Motor J-2 Golden Rocket in Berührung. Er war, ein Jahr bevor der Rennmotor überhaupt vorgestellt wurde, mit einem leicht getunten, klassischen Rocket V8 mit 275 PS Leistung versehen.

Danke Süddeutsche, danke Günther Fischer, das habt ihr doll nicht hinbekommen. Was, wir kennen den Qualitätsanspruch der SZ ja mittlerweile, bedauerlicherweise nicht das Ende der matten Bildgeschichte - oder wenigstens ihre Überarbeitung - zur Folge haben wird



Mit tönendem Gruß

Peter Zangerl, alias Moritatensaenger

[1] http://www.sueddeutsche.de/auto/space-cars-mit-vollem-schub-1.190368

Geschrieben in Automobil | Kommentar

1 Reaktion zu “Zwischendrin mal leichte Kost”

  1. am 22 Dez 2011 um 15:291Meyer

    Vor vielen Jahren schon, schrieb die SZ von einem BMW Reihen-Achtzylinder in einem Fünfer-BMW. Das war die letzte SZ, die ich gekauft habe.

    Betrachtet man die FAZ und deren Qualitätsverlust, inhaltlicher Art, wie auch an zunehmnder Schludrigkeit, so stellt die SZ allerding diese seit Jahren in den Schatten. Der unsägliche Prantl schlägt auch den unsäglichen Schirrmacher um Längen.

    Quintessenz: Es gibt keine deutsche Tageszeitung von Qualität.

    Zudem habe ich gestern Putins Rede auf dem G8-Treffen 2008 in Auszügen gelesen. Die gesamte deutschsprachige Presse hat dies “aus Staatsraison” unterschlagen. Wozu sollte ich einer dieser Zeitungen kaufen, wenn relevante Informationen unterschlagen werden?

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