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Franziska erklärt die Welt

2. November 2011 von moritatensaenger

Wer nach der Lektüre unserer zahlreichen Artikel über Dr! Heribert Prantls beschränkt geistreiche Stolpereien mit dem Ausruf “Heilige Einfalt” die Hände über dem Kopf zusammen schlägt und sich fragt, wer sowas erst zu Hause aushält - wenn die 5 Minuten SZ-Lektüre mit Prantl schon anstrengend sind - der hat spätestens heute auf SZ-Online eine Antwort gefunden: Dr. Franziska Augstein. Die kongeniale Gefährtin des SZ-Chefredaktors packt in eine Minute TV-Auftritt so viel himmelschreienden Unsinn, dass einem der Prantl schon fast wieder leid tut.

Aber der Reihe nach: In einem SZ-Video der Serie “Augsteins Auslese” [1] …

neu-1

…bespricht Dr. Franziska Augstein das neue Buch von Rolf Lamprecht. Titel: “Ich gehe bis nach Karlsruhe - Eine Geschichte des Bundesverfassungsgerichts” [2]. Natürlich ist die erb-vermögende Salonlinke hübsch anzusehen, mit ihrem hochgesteckten Haar à la Rosa Luxemburg und ihrer vornehm-eltären Seidenbluse nebst Schleife, aber was sie sagt lässt einen an mehr als an der Angemessenheit ihres Styles zweifeln. Der Moritatensaenger hat nur eine von den knapp sechs Minuten Laufzeit herausgegriffen, aber die lohnt ein Zuhören und Nachlesen:

“Rolf Lamprecht hat in seiner Geschichte zunächst in den Vordergrund gestellt die Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und anhand dessen wie die unterschiedliche Typen waren im Lauf der Jahrzehnte hat er gezeigt wie die Bundesdeutsche Demokratie sich entwickelte. Ein Beispiel: Der erste Bundesverfassungsgerichtspräsident war ein Mann, der [crescendo] hat noch die letzten Tage, bevor die Alliierten die Macht übernommen haben, in Deutschland, genutzt um ein Todesurteil vollstrecken zu lassen. Dergleichen [fortepiano] kam später überhaupt nicht mehr in Frage, sondern im Gegenteil, das Bundesverfassungsgericht so wie Lamprecht es schildert, hat sich im Besonderen dafür eingesetzt und mehr als die Politik sogar, dafür, dass auch die Rechte von Minderheiten zur Geltung kamen. Also, die Rechte von ..äh… Homosexuellen, von Strafgefangenen, Frauen, Pazifisten.” (Minute 00:45 bis Minute 01:45 von 5 Minuten 41 Sekunden Laufzeit)

Schon die Andeutung, Todesurteile wären nur bis 1945 gefällt und vollstreckt worden, sie wären “später überhaupt nicht mehr in Frage” gekommen, ist vollkommener Unsinn. Bis 1951 wurden auf (west-/bundes-)deutschem Boden etwas über 800 Menschen zum Tode verurteilt, davon ca. 300 auch hingerichtet. Die meisten davon Kriegsverbrecher. Richtig aktiv beim Thema Hinrichtungen - und das auch noch einige Zeit länger - war man in der SBZ und der späteren sozialistischen DDR [3] [4]. Aber gut, die DDR ist nicht das Thema und auch bezogen auf die 800 Todeskandidaten sehen wir der Journalistin ihre Behauptung als gewöhnliche SZ-Schluderei nach. Nicht nachsehen sollten wir ihr aber, dass sie Frauen tatsächlich als Minderheit bezeichnet. Und ein Schmunzeln überfällt uns angesichts der Behauptung, Pazifisten wären eine Minderheit in Deutschland. Abgesehen von den militanten Pazifisten, die sich ‘68 auf die Polizei stürzten und die heute in Massen vermummt mit Molotow-Cocktails um sich werfen, war der Großteil der Deutschen wohl durchaus pazifistischer Grundeinstellung, im Sinne von gegen den Krieg und für den Frieden eingenommen zu sein. Und was die “Minderheit” der Frauen betrifft, kamen noch 1961 auf 1000 Männer 1147 Frauen (2008 waren es immer noch 1041 Frauen auf 1000 Männer) [5]. So viel zum Thema Minderheit.

Zum Schluss kommen wir aber auf die dollste Behauptung Augsteins zu sprechen:

“Der erste Bundesverfassungsgerichtspräsident war ein Mann, der hat noch die letzten Tage, bevor die Alliierten die Macht übernommen haben, in Deutschland, genutzt um ein Todesurteil vollstrecken zu lassen.”

Das verwirrt mich. Ich kann mich zwar an einen Marinerichter erinnern, der später Ministerpräsident war [6], aber dass der erste Präsident des Bundesverfassungs- gerichts, Hermann Höpker-Aschoff, angeblich ein Todesurteil hat vollstrecken lassen, zumal kurz vor der Machtübernahme der Alliierten, das kommt mir dann doch etwas seltsam vor. Höpker-Aschoff war gewiss keine unumstrittene Person und oft genug Gegenstand und Opfer linker und linksextremer Propaganda [7] und er war als Jurist und Behördenleiter auch verwickelt in das Unrechtssystem des Dritten Reiches [8]. Aber davon, dass er ein Todesurteil hätte vollstrecken lassen, ja überhaupt in der Position gewesen wäre, das tun zu können, davon ist nirgendwo in der Geschichtsschreibung der BRD zu lesen. Aber gut, vielleicht weiß der eine oder andere Leser von suedwatch.de etwas von dieser Angelegenheit und kann zur Aufklärung beitragen. Der Moritatensaenger jedenfalls wird sich zu diesem Zwecke kurzfristig das Buch Lamprechts besorgen und nachforschen, ob dieser schrieb was Frau Augstein da der Welt im gut gespielten Brustton der Empörung erklärt.



Mit tönendem Gruß

Ihr Peter Zangerl alias Moritatensaenger



[1] http://www.sueddeutsche.de/kultur/augsteins-auslese-die-quandts-und-ich-gehe-bis-nach-karlsruhe-1.1177641

[2] http://www.amazon.de/Ich-gehe-nach-Karlsruhe-Bundesverfassungsgerichts/dp/3421045151

[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Todesstrafe#Sowjetische_Milit.C3.A4rtribunale

[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Todesstrafe#SBZ.2FDDR

[5] http://www.business-on.de/nds-ost/frauenueberschuss-maenner-deutschland-bevoelkerung-staatsangehoerigkeit-auf-_id522.html

[6] http://de.wikipedia.org/wiki/Filbinger-Aff%C3%A4re

[7] http://www.kommunisten-online.de/historie/nazigeschichte.htm

[8] http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_H%C3%B6pker-Aschoff




Update: 3.11./08:09 Uhr; Formulierungen angepasst.

Geschrieben in Halbwahrheiten, QualitätZSjournalismus, SZchlamperei | 0 Kommentare

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Übersetzung von Fabian Künzel