“Die Ablehnung der Papstrede ist legitim, aber falsch”
21. September 2011 von Jaspis
“Die Ablehnung der Papstrede ist legitim, aber falsch” sagt - Wolfgang Thierse. In einem bemerkenswerten Interview [1] nimmt er Stellung zu der geradezu heuchlerischen Haltung etlicher Abgeordneter, die angekündigt haben, bei der morgigen Rede von Papst Benedikt XVI im Deutschen Bundestag den Plenarsaal zu verlassen. (Auch Abgeordneter solcher Fraktionen, die sich vor drei Jahren gar nicht oft genug mit dem Dalai Lama ablichten lassen konnten, als dieser der Einladung des Auswärtigen Ausschusses in den Bundestag folgte - wenn auch nicht, um dort eine Rede zu halten.) Bemerkenswert ist nicht nur die Haltung, die Thierse zum Thema bezieht, bemerkenswert ist auch der fast beißend kritische Journalismus, den Markus C. Schulte von Drach, sonst gerne auch mal nur artiger Stichwortgeber in seinen Interviews, auf einmal zu praktizieren weiß. Lesen Sie dieses Interview.
Es ist so lesenswert, dass es nur eine ganz minimale Verweildauer auf der Startseite von sueddeutsche.de hatte (das ist bei sueddeutsche.de, was unbequeme Meinungen und Meldungen betrifft, mittlerweile fast ein Qualitätsmerkmal), bevor es erst in einem Hinweis auf eine “Kolumne” landete
und dann schnell wieder ganz verschwand - was aber ganz sicher nicht daran lag, dass sich Thierse mit “Natürlich ist dieser Kontinent und dieses Land auch durch die Aufklärung, arabisch-orientalische und andere Einflüsse geprägt worden. Aber es ist doch nicht zu bestreiten, dass das Christentum und das Judentum Kräfte waren, die bis heute wirken. Das mag manchem nicht passen, aber es ist so.” nach Prantlscher Logik (“So innig wie heute war die Beziehung zwischen Christen und Juden in Deutschland noch nie. Die neue Innigkeit ist nicht von Theologen und Pastoralklerikern ausgerufen worden, sondern von Politikern. Im Jahr 72 nach der Reichspogromnacht haben sie etwas entdeckt, was es nicht gibt: eine christlich-jüdische Tradition, eine gemeinsame Kultur.”) [2] als “Rechtspopulist” geoutet hat. Da sind wohl ein paar Drähte des SZ-Computers durchgeschmort.
Update 22.09.2011 20:30 Uhr:
“Wenn man den Artikel auf Facebook postet, wird als Link übrigens nur der erste Teil der Überschrift, “Die Ablehnung der Papstrede ist legitim” angezeigt.
Zufall?”
schrieb unser Leser Andreas, dem ich an dieser Stelle nochmals danke, in seinem Kommentar von heute, 13:02 Uhr und wies damit auf ein perfides Detail hin, das sich sueddeutsche.de bei diesem Artikel geleistet hat: Sowohl in der URL
http://www.sueddeutsche.de/politik/wolfgang-thierse-zur-papstrede-die-ablehnung-der-papstrede-ist-legitim-1.1146472
als auch in den entsprechenden Titeln, die bei Verlinkung, etwa auf facebook automatisch wiedergegeben werden, fehlen die beiden Worte “aber falsch”. Was bleibt, ist “Wolfgang Thierse zur Papstrede - “Die Ablehnung der Papstrede ist legitim”".
Was für ein unglückliches Missgeschick, dass ausgerechnet die beiden Wörtchen keinen Platz mehr hatten - und damit der Sinn von Thierses Aussage ins Gegenteil verkehrt wird. So ein Zufall aber auch.
Jaspis
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/wolfgang-thierse-zur-papstrede-die-ablehnung-der-papstrede-ist-legitim-1.1146472
[2] http://www.suedwatch.de/blog/?p=4331
2 Reaktionen zu ““Die Ablehnung der Papstrede ist legitim, aber falsch””
Wenn man den Artikel auf Facebook postet, wird als Link übrigens nur der erste Teil der Überschrift, “Die Ablehnung der Papstrede ist legitim” angezeigt.
Zufall?
Man wundert sich, dass der Interviewer den Papst nicht als Rechtsaußen bezeichnet hat. Aber Moment mal: Der Pontifex hat bei seiner Rede die Grünen gelobt, und Ströbele durfte (d.h. wollte) dies nicht miterleben:
http://nachrichten.t-online.de/papst-lobt-ueberraschend-die-gruenen/id_50001204/index?news