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“Hisbollah und Hamas als außenpolitisches Instrument”

12. Mai 2009 von Jaspis

Dass man einen, sagen wir einmal, etwas schwierigeren Interview-Partner nicht mit allzu scharfen Fragen verprellen soll, dürfte klar sein. Dass dafür ein paar Zugeständnisse gegeben werden, damit das Interview überhaupt geführt werden kann, recht und schön. Wenn die Fragen aber so zurückhaltend und beinahe noch befürwortend formuliert sind und auch tunlichst jegliches Nachhaken an prekären Stellen vermieden wird, dann drängt sich doch ein wenig die Vermutung auf, dass der Autor hier möglicherweise, um es einmal sehr wohlwollend auszudrücken, übers Ziel hinausgeschossen ist, zumal wenn er jemanden wie Mohsen Resai wie einen fast ganz normalen Präsidentschaftskandidaten vorstellt. [1]

Wer der Autor dieses Artikels ist, bleibt übrigens unklar: Während der tagesspiegel (und die, die bei ihm abgeschrieben haben, wie die fr und die ZEIT) noch für sich in Anspruch nimmt, dass Martin Gehlen das Interview geführt hat [2], war es bei der SZ Thomas Avenarius (jeweils für sich allein, nicht etwa zusammen mit dem jeweils anderen, etwa als Co-Autor).

Nun, wer auch immer diese freundlichen Fragen gestellt hat, scheint schon etwas verschobene Maßstäbe zu haben: Was für die Europäische Union z.B. Terror-Einheiten sind, sind hier eher harmlose Milizen, nämlich die “Pasdaran-Miliz” und die “Hisbollah-Miliz”.

mohsen-resai

Beinahe niedlich auch die Formulierung

Resai, der bei den Präsidentschaftswahlen kandidiert, wird von Interpol gesucht: Er ist einer der Gründerväter der libanesischen Hisbollah-Miliz und soll in Terroranschläge auf jüdische Einrichtungen in Argentinien in den neunziger Jahren verwickelt sein.

“Gesucht” ist Resai also von Interpol. Und warum? Aha: “Er ist einer der “Gründerväter der libanesischen Hisbollah-Miliz”". Einer der Gründerväter einer Miliz also.

Gründerväter sind Personen, die an der Gründung einer politischen Einrichtung oder an der Geburt der Idee einer neuen Einrichtung beteiligt sind. Gründerväter werden später oft in der Einrichtung in hohen Ehren gehalten. [3]

Naja, dann kann das ja wohl auch nicht so schlimm sein, weshalb Resai von Interpol gesucht wird. Er soll “in Terroranschläge auf jüdische Einrichtungen in Argentinien in den neunziger Jahren verwickelt sein”. Naja. Irgendwie verwickelt. Dann genügt als Antwort auf die Frage

SZ: Sie selbst werden von Interpol gesucht - wegen angeblicher Verwicklung in Terrorakte gegen jüdische Einrichtungen in Argentinien und wegen Menschenrechtsverletzungen in Iran. Wie könnten Sie da als Präsident ihr Amt international ausüben?

ja auch die lapidare Antwort

Resai: Das ist eine Lüge. Iran hat Schritte eingeleitet und Fakten vorgelegt, um die Haltlosigkeit der Vorwürfe zu beweisen und um den Haftbefehl aus der Welt zu schaffen.

Nicht einmal der Erwähnung wert ist es Avenarius offensichtlich, dass Resai vorgeworfen wird, einer der Drahtzieher des Bombenattentats auf das siebenstöckige Gebäude der AMIA (Asociación Mutual Israelita Argentina) am 18.07.1994 in Buenos Aires gewesen zu sein, bei dem 85 Menschen ermordet und 240 Menschen verletzt wurden. [4] Ein Gebäude, das einen Lebensmittelpunkt der argentinischen Juden darstellte. Der von einem Selbstmordattentäter ausgeführte Anschlag galt als der weltweit schwerste auf eine jüdische Einrichtung seit 1945.

Im November 2006 beantragte die argentinische Regierung Haftbefehle gegen acht ranghohe Iraner, darunter Mohsen Resai, und einen ranghohen libanesischen Angehörigen der Hisbollah. Dagegen legte die iranische Regierung Einspruch ein. Zwei Haftbefehle wurden versagt, die übrigen sechs, darunter auch der gegen Mohsen Resai, wurden erlassen. [5] Gegen Mohsen Resai liegt seither unverändert ein Haftbefehl von Interpol vor. [6]

Da das für ihn schon nicht weiter von Interesse ist, genügt Avenarius auch die Antwort,

Resai: Ich habe viele Freunde. Mughniyeh hat für die Befreiung des Libanon gekämpft. Vieles, was man ihm vorgeworfen hat, stimmt nicht. So hat er im Libanon auch geholfen bei der Befreiung amerikanischer und französischer Geiseln. Mughniyeh war ein aufrichtiger Mann. Getötet haben ihn dann die Israelis.

auf die behutsame Frage

SZ: Sie waren auch befreundet mit dem Hisbollah-Militärchef Imad Mughniyeh, der auf der US-Liste der Top-Terroristen ganz oben stand und letztes Jahr bei einem Attentat getötet wurde.

bei der tunlichst der Hinweis darauf vermieden wird, dass Mughniyeh ein führendes Mitglied der Hisbollah (wir erinnern uns an den “Gründervater” dieser Organisation) war und als solcher auf der Liste der 22 meistgesuchten Terroristen des FBI sowie auf der Liste des Rates der Europäischen Union für Terroristen gelandet ist. Wie “kritisch” diese Frage gemeint war, lässt aber auch schon die Formulierung “Attentat” erkennen. Von einem Attentat ist üblicherweise dann die Rede, wenn ein Anschlag einer Person von hohem - legitimen - Rang gilt. Ein Anschlag gegen einen Terroristen wird gemeinhin nicht als Attentat bezeichnet. Wer den Anschlag verübt hat, ist nicht bekannt.

Völlig aus der Bahn geraten sind die Maßstäbe aber in der Frage

SZ: Sie sind einer der Gründungsväter der Hisbollah. Wenn Sie über Frieden in der Region reden - wären Sie bereit, auf Hisbollah und Hamas als außenpolitisches Instrument zu verzichten?

nach der entsprechenden Vorlage

SZ: Heißt das, dass die Unterstützung der Hamas durch Iran falsch ist?
Resai: Nein. Hamas verteidigt Palästina, und dies ist aus unserer Sicht legal.

“Hisbollah und Hamas als außenpolitisches Instrument”, sieh an. Terrorismus als Mittel der Außenpolitik.

Während Thomas Avenarius oder Martin Gehlen oder beide zusammen so nett mit Mohsen Resai über die gute alte Zeit plaudern, in der letzterer, “mit 27 Jahren bereits Chef der Revolutionsgarden” (das klingt doch irgendwie schick, “Chef der Revolutionsgarden“, nicht wahr?), wohingegen mit dieser Jugend von heute ja nichts mehr los ist (”Heute, 30 Jahre nach der Islamischen Revolution, scheint es der Jugend an diesem Revolutionselan zu fehlen.“) wird zumindest bei näherem Hinsehen eines überdeutlich: Mohsen Resai mag ein Gegner Ahmadinedschads sein. Allerdings nur in der einen Beziehung, dass er Präsident werden möchte anstelle des Präsidenten, mehr nicht. Er unterscheidet sich weder in seinen Standpunkten, noch unterscheidet er sich in seinen Zielen vom jetzigen Amtsinhaber. Jedoch meint er eine Chance zu wittern, da sich Ahmadinedschad durch sein Auftreten (nicht etwa durch seine unvertretbaren Positionen) unbeliebt gemacht hat. “Opposition” ist er sicher keine.





Jaspis





[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/438/468006/text/
[2] http://www.tagesspiegel.de/politik/international/Mohsen-Rezai-Iran;art123,2794590
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Gründerväter
[4] http://www.terrorism-info.org.il/malam_multimedia/german/pdf/iran_141107g.pdf
[5] http://www.interpol.int/public/ICPO/PressReleases/PR2007/PR200754.asp
[6] http://www.interpol.int/public/Data/Wanted/Notices/Data/2007/58/2007_49958.asp

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