Mei süüß….: Hippies!
22. Juni 2011 von moritatensaenger
Was sich bei der Süddeutschen Zeitung alles unter dem Sammelbegriff “Hippie” subsummiert ist wirklich süß. Hippies sollen es nämlich sein, die laut SZ in einem ehemaligen Kopenhagener Militärgelände mit seiner 400jährigen Geschichte, in der Gegenwart “Freistadt Christiania” genannt, hausen. Und diesen Blumen-, Peace und Liebeskindern hat der dänische Staat das 34 Hektar große Gelände…
…nun, nach 40jähriger erfolgreicher Besetzung, zum schlappen Preis von nur
30 €/qm verkauft. Darüber schreibt die Süddeutsche [1], natürlich nicht ohne in Hippieromantik zu schwelgen. Dass die Herren und Damen Hippie mittlerweile die Blumen gegen Unmengen an Hanf eingetauscht haben und sie die früher zum Peace-Zeichen gespreizten Mittel- und Zeigefinger heute gern zur Faust ballen, mit Ausnahme es muss damit gerade mal ein Molotowcocktail ins Ziel gelenkt werden, das übergeht man im Artikel geflissentlich. Dabei hat man bei der SZ schon früher aus und über Christiania berichtet…
“Nach nächtlichen Ausschreitungen am Rande des Klimagipfels in Kopenhagen hat die dänische Polizei mehr als 200 Menschen festgenommen. Randalierer errichteten am Montagabend brennende Barrikaden nahe der alternativen Wohnsiedlung Christiania und griffen die Polizei mit Molotowcocktails an” [2]
…und…
“Im Kopenhagener ‘Freistaat Christiania’ haben Unbekannte in der Nacht zum Freitag eine Handgranate auf Besucher geworfen, die offenbar zufällig vor Ort waren. [...] Durch die Detonation der Handgranate wurde einem jungen Mann der Unterkiefer teilweise weggesprengt.” [3]
Selbstverständlich, wie regelmäßig wenn es um linke Gewalt geht, finden sich in unserer Lieblingszeitung auch Texte, welche die gewaltsamen Ausschreitungen des Pöpels Lebensäußerungen der “gegenkulturellen Jugendbewegung” [4] mehr oder weniger behutsam relativieren…
“Während im Konferenzzentrum am Rande der Stadt noch verhandelt wurde, gingen Randalierer [jene Molotowwerfer, die Artikel [2] nennt; Anm. Moritatensaenger] in der alternativen Wohnsiedlung Christiania in der Nacht zum Dienstag abermals auf die Straße. Mitten in der Stadt griffen sie die Polizei an - und die Beamten schlugen zurück. [...] Unterdessen mehrt sich die Kritik an der Härte der Kopenhagener Polizei. [...] Für diesen Mittwoch haben mehrere Gruppen zur Erstürmung des Konferenzgeländes aufgerufen. Überall rund um das Gelände sind mittlerweile Zäune und Betonsperren errichtet. Doch die Aggressivität auch der Gegner hat durch die Auseinandersetzungen noch zugenommen (wohlgemerkt: die Aggressivität der bereits Brandbomben auf Polizisten werfenden Blumenkinder hat nun durch die zurückschlagende Polizei zugennommen; Anm. Moritatensaenger).” [5] Relativierungskünstler und Autor: Michael Bauchmüller
Ganz besondere Erfahrungen in der “Freistadt Christiania” hat im August 2009 der ziemlich unerschrockene Journalist und Buchautor Henryk M. Broder gemacht, als er während eines Besuches das Fotografierverbot (der Anar- chisten im Anarcho-Stadtstaat!!) ignorierte:
“Es gibt freilich in Dänemark kein Gesetz, das einem das Fotografieren auf öffentlichen Plätzen verbietet. Also fotografiere ich als erstes die Fotoverbotszeichen. Danach das Rauchen-Verboten-Schild an der Tür zu einer Kneipe, in der die Joints dampfen, und schließlich ein paar Besucher, die noch nicht geboren waren, als Christiania gegründet wurde [...] Plötzlich stehen ein paar muskulöse junge Männer vor uns. Zuerst denke ich, sie wollen uns etwas verkaufen, aber sie machen schnell klar, dass sie es sind, die etwas haben möchten: meine Kamera. Ich verweigere die Herausgabe. Die nachfolgende Unterhaltung ist kurz und endet damit, dass ich am Boden liege und sehe, wie meine Nikon in einer alten Öltonne landet, aus der Flammen schlagen, was ökologisch sicher nicht die beste Art ist, Hightech-Artikel zu entsorgen. [...] Ich habe die naive Vorstellung, dass die beiden Polizisten, die wir [auf dem nächstgelegenen Revier in der nach diesem Vorfall angesteuerten Zivilisation; Anm. Moritatensaenger] antreffen, mit uns nach Christiania fahren sollten, damit ich die Täter identifizieren kann. [...] ‘Wir gehen da nicht rein’, sagt der eine, “sogar in Zivil müssen wir fürchten, erkannt zu werden’, meint der andere. Und: ‘Wir müssten mindestens 50 Leute haben, sonst machen die uns alle.’. Die Polizei wisse, dass Christiania ‘ein rechtsfreier Raum’” ist, sie könne aber nichts unternehmen, so lange die Politik rechtsfreie Räume tolerieren würde.” [6]
Egal, “Freistadt Christiania” ist also jetzt an die linken Weltverbesserer verkauft. Und alles wird gut. Oder so. Zumindest jedoch hat sich mit dem Verkauf des Areals das “Reingehen” auch in Halb-Kompaniestärke für die Kopenhagener Polizei erledigt. Privat Property, sie verstehen?!
Was den Moritatensaenger gerade auf eine wunderbare Idee bringt: Warum verkaufen das Land Baden-Württemberg und die Deutsche Bahn AG das Gelände des zukünftigen Stuttgarter Hauptbahnhofes nicht einfach an die Schild-Bürger [7]…
…die sowieso langsam darangehen, das Gelände flächendeckend und dauerthaft zu besetzen. Die ähneln in ihrer staatsbürgerlichen Reife, ihrer demokratischen Gesinnung und ihrer beinahe zwanghaften Gewaltlosigkeit…
“Als die Meute von mehr als 700 Demonstranten die Baustelle der Grundwasserregelung stürmte, war die Polizei machtlos. ‘Plötzlich und unerwartet kam es zu dem Ausbruch von Aggression und Gewalt’, sagt der neue Polizeipräsident Thomas Züfle. Es habe keine Anzeichen gegeben. Plötzlich ein lauter Knall: Ein Sprengsatz explodierte und gab der Masse mutmaßlich das Startsignal, den Zaun niederzureißen. ‘Das war kein Fluchtverhalten’, beugt Züfle Interpretationen vor, sondern pure Lust an der Zerstörung: ‘Die latent aggressive Stimmung schlug in Gewalt um.’
Nicht alle Baustellenstürmer handelten spontan: Manche hatten Bauschaum mitgebracht, um gezielt Maschinen, Kräne, Bagger und einen Sattelzug zu zerstören.
Und Zangen, mit denen sie die Signalleitungen in jenen Rohren abschnitten, mit denen die Bahn seit Montag früh ein 17 Kilometer langes Netz für das abgepumpte Grundwasser errichtet. ‘Die Leute wussten, was sie machen’, sagt die Polizei. Die Rohre und ein beträchtlicher Teil der Baustelleneinrichtung sind zerstört, der Sachschaden geht nach ersten Schätzungen in die Millionen.
Acht Polizisten erlitten ein Knalltrauma, als die Bombe hochging, vier mussten stationär behandelt werden. [...] Weitaus schlimmer traf es einen zivilen Kriminalbeamten. Der hatte sich, sagt Züfle, ausgewiesen und Personalien notiert, als ihn eine Gruppe 30- bis 40-Jähriger angriff, ihm mit Fäusten ins Gesicht prügelte und, als er bereits am Boden lag, gezielt auf den Hals trat: ‘Wir haben um sein Leben gefürchtet.’” [8]
…sowieso den Hippies von Kopenhagen. Und auch die Berichterstattung (und die Berichterstatter) in der Süddeutschen sind vergleichbar. Denn nur in der Süddeutschen - und vielleicht noch bei der linken Indymedia - erfährt man, dass alles eigentlich ganz anders war…
…, oder zumindest gewesen sein könnte. Denn was die Bullen sagen (und die Nachrichtenagenturen berichten und die Kollegen - siehe Artikel Tagesspiegel- schreiben), das muss - für einen SZ-Schreiberling - noch lange nicht die Wahrheit sein…
“Laut Polizei zogen etwa 1500 Demonstranten weiter zum Gelände des Grundwassermanagements. Aktivisten hätten den Bauzaun niedergerissen und das Gelände gestürmt, teilte die Polizei mit. Es seien Reifen zerstochen, Radmuttern abmontiert, Sand und Steine in die Benzintanks gefüllt, unzählige Kabel und Schläuche abgerissen sowie Wasserrohre zerstört worden. Es ist die Rede von Krawallen. [...] Neben der Polizeikette seien selbstgefertigte TNT-Böller gezündet worden. Acht Beamte hätten ein Knalltrauma erlitten und wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Ein Zivilbeamter sei schwer verletzt worden, als er einen Demonstranten kontrollieren wollte, der zuvor eine Sachbeschädigung begangen hatte. Mehrere Menschen hätten den Mann brutal zusammengeschlagen, berichten die Nachrichtenagenturen unter Berufung auf die Polizei. Er sei mit Kopf- und Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus gebracht worden.” (Hervorhebungen Moritatensaenger)
…und muss deswegen noch lange nicht heißen, dass man die Ausschreitungen des Pöpels der Schild-Bürger nicht doch noch ein bissl relativieren und in besseres Licht tauchen kann:
“Während die Polizei von einer aggressiven und feindseligen Stimmung sowie großer Emotionalität des Protestes berichtet, schildern die Parkschützer die Geschehnisse am Montagabend folgendermaßen: Von einer feindseligen Stimmung könne keine Rede sein, vielmehr hätten in ‘gelöster Feierabendstimmung’ etwa 1000 Protestierende ein ‘Stück ihrer Stadt wieder in Besitz’ genommen.
Auch eine Dame mit grauen Haaren, die am Dienstag auf der Baustelle ausharrt und lieber anonym bleiben möchte, kann die Aufregung nicht verstehen. An ihrer grünen Windjacke trägt sie einen Anti-Stuttgart-21-Aufkleber: ‘Was ist schon das Umwerfen eines Bauzauns verglichen mit dem illegalen Bau eines Bahnhofs?’, fragt sie.”
Süße Hippies, süße alte Damen und süße Artikel in der Presse, was will man mehr an Schild-Bürgertum.
Peace
Ihr Moritatensaenger
[2] http://www.sueddeutsche.de/politik/klimagipfel-kopenhagen-molotowcocktails-und-traenengas-1.147094
[3] http://www.sueddeutsche.de/panorama/bandenkrieg-handgranaten-attacke-in-kopenhagen-1.393521
[4] Synonym für Hippies, gefunden bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Hippie
[5] http://www.sueddeutsche.de/politik/klimagipfel-kopenhagen-demonstranten-in-kaefighaltung-1.141578
[6] http://www.spiegel.de/reise/staedte/0,1518,644473,00.html
[7] In Anlehnung an Wikipedia: Die Bürger Schwaben-Schildas waren gemeinhin als äußerst klug und fleißig bekannt, weswegen sie vermögende Handwerker, Ingenieure und Industrielle sowie begehrte Ratgeber der Könige und Kaiser dieser Welt waren. Als es ihnen immer besser und immer besser ging, kehrte Langeweile in Schwaben-Schilda ein und die erfinderischen Schild-Bürger verlegte sich auf eine List: Sie begannen sich dumm zu stellen, sehr dumm sogar. Und siehe da, bald darauf war es vorbei mit der Langeweile. Ja, sie waren so erfolgreich im Beseitigen der Langeweile durch das Dummstellen, dass sie mit der Zeit in ihrer Dummheit verblieben und dafür genauso bekannt wurden wie ehedem für ihre Klugheit.
[8] http://www.tagesspiegel.de/politik/entgleisung-bei-stuttgart-21/4310492.html