Der Johannes lernt die Welt kennen.
29. April 2009 von moritatensaenger
Wenn sich die Süddeutsche schon zu einer Iran-Kritik aufrafft, dann muss die natürlich in gewisser Weise linientreu sein. Was liegt also näher, als ein Interview zu inszenieren [1]. Die Zutaten sind schnell gemixt: Man nehme einen Exil-Iraner (Bahman Nirumand), der -bei von einem Extrem ins andere wechselnden Regimen- seit 40 Jahren die Probleme des Iran im Westen (als Synonym vor allem für die USA) begründet sieht
“Persien, Modell eines Entwicklungslandes oder Die Diktatur der Freien Welt” (Buchtitel 1967)
sowie 40 Jahre später
“Der unerklärte Weltkrieg” (Buchtitel 2007)
und der als 68er und “ehemaliger” Anhänger der chinesischen Kulturrevolution (ein paar Millionen Tote) und deutscher Kulturrevolutionäre (Dutschke, Meinhoff; ein paar Tote) [2] den endgültigen Überblick hat, was gut für die Menschheit ist, und stelle diesem Meinungsführer einen kritischen, erfahrenen Interviewer gegenüber (Johannes Aumüller), der sonst im Hause SZ weltbewegende Fußballereignisse kommentiert, früher aber immerhin schon für “vorbildliche Haltung und beispielhaften Einsatz in der Schule” [3] von einer leibhaftigen Ministerin für Bildung, Frauen und Jugend ausgezeichnet, und für eine Reportage in einer Schülerzeitung vom SPIEGEL [4] prämiert und wurde (weshalb er dann bei selbigem politischen Magazin als Austauschstudent in Moskau auch investigativ die Zustände in dortigen Studentenheimen aufdecken durfte).
Heraus kommt von Seiten des Interviewten erwartungsgemäß nichts Neues, aber der Johannes lernt verblüffendes. Etwa, dass in einem repressiven totalitären Regime wie dem Iran der Begriff Opposition relativ ist:
Johannes: “Am 12. Juni sind in Iran die nächsten Präsidentschaftswahlen, und im Westen wie in Iran haben viele die Hoffnung, dass Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad dann abgelöst wird. Derzeit ist die iranische Opposition auf der Suche nach geeigneten Kandidaten …”
Nirmuand: “Bei dem Wort Opposition muss man erst einmal stottern. Sie meinen vermutlich jene, die sich als Reformwillige bezeichnen. Bei diesen handelt es sich um eine Fraktion im islamischen Lager, also um einen Teil des Systems im islamischen Gottesstaat. Die eigentliche Opposition befindet sich außerhalb des islamischen Lagers, ist jedoch im Inland nicht organisiert, weil das Regime keine Opposition duldet.”
Nun, das konnte der Johannes natürlich nicht wissen, wohl aber weiß er -vermutlich aus seinem prämierten Schülerzeitungsartikel, der Edmund Stoiber zum Thema hatte- womit man einen innerhalb einer extremistischen, religiös-fundamentalistischen politischen Machtclique grundsätzlich systemkonformen, aber trotzdem als Reformer empfundenen Politiker am ehesten vergleichen kann:
der Betreffende sei wohl “Sozusagen ein sozialdemokratischer Christdemokrat”
Na bravo, das hat doch journalistische Qualität. 1:0 für die Süddeutsche, würde ich sagen. Und nun weiter zu den Spielergebnissen aus der Regionalliga, lieber Johannes.
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger
[1] http://www.sueddeutsche.de/,ra1l1/politik/364/465949/text/
[2] http://www.stern.de/politik/historie/:Bahman-Nirumand-Der-Revolution%E4r-Fremde/603118.html
[3] http://www.mpg-trier.de/d10/d10_03/03/abitur03.htm
[4] http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,254261-2,00.html (Kategorie “Reportage”, 4.Platz)