Mit Samthandschuhen
29. April 2011 von Jaspis
Immerhin: sueddeutsche.de hat zumindest erwähnt, dass auf der Homepage der Linkspartei in Duisburg ein antisemitisches Flugblatt verlinkt war. Und immerhin: Die Meldung war sogar für ein paar Stunden auf der Startseite von sueddeutsche.de zu sehen, bevor sie ziemlich schnell wieder in der Versenkung verschwand. [1]
Doch zu hart wollte man die Linkspartei nicht anfassen. Nicht dass noch jemand auf die Idee käme, es tummelte sich tatsächlich der eine oder andere Antisemit in dieser Partei. Eher verschämt wurde erwähnt:
Brisantes Flugblatt im Internetangebot der Linkspartei: Der Holocaust wird geleugnet, außerdem ist ein Symbol zu sehen, auf dem Hakenkreuz und Davidstern miteinander verbunden sind.
Ein Flugblatt mit antisemitischem Inhalt und einem Symbol, das Hakenkreuz und Davidstern verbindet, sorgt für Wirbel. Es ist auf der Homepage der Partei “Die Linke” in Duisburg aufgetaucht.
“Tretet der moralischen Erpressung durch den sogenannten Holocaust entgegen”, heißt es darin wörtlich. Über dem Appell prangen der Slogan “Nie wieder Krieg für Israel!”
Nicht ohne aber die Dementis hervorzuheben:
Ein Parteisprecher sagte, die Seite sei entfernt worden und man forsche nach dem Urheber. Der Duisburger Kreisverband und die Fraktionsvorsitzenden der Linken in NRW distanzierten sich am Abend in einer Pressemitteilung von dem “fälschlich veröffentlichten Papier”.
Wie das Flugblatt, in dem auch der Holocaust geleugnet wird, auf die Homepage gekommen sei, werde untersucht.
Die Partei behalte sich auch eine Anzeige gegen unbekannt vor. Linke-Sprecher Hans-Werner Rook hält es für möglich, dass sich ein Rechter in die Partei eingeschmuggelt und das Flugblatt eingestellt hat. “Wir sind total empört. Das ist alles rechtsradikaler Unsinn”, betonte Rook.
In einer Pressemitteilung der Linken hieß es am späten Nachmittag, das Flugblatt sei “auf der Unterseite des parteiunabhängigen Jugendverbandes ’solid’ unter einem weitergehenden Link zu finden” gewesen. Das Dokument sei vor Monaten auf dem Server der Duisburger Linken aufgetaucht. Auf die Seite, auf der unter anderem zum Boykott israelischer Produkte aufgerufen worden war, hätten mehrere Genossen Zugriff gehabt, teilte der Kreisverband Duisburg mit.
Na, dann. Wenn die schon “total empört” sind.
Gut, man hätte auch noch Hintergrundinformationen geben können. Ein bisschen nachbohren, vielleicht sogar ein paar Interviews führen können. Es hätte ja schon noch ein wenig mehr zu berichten gegeben. Auf der Seite der ohnehin zitierten Ruhrbarone hätten sich etwa folgende Informationen gefunden: [2]
Die Linkspartei in Duisburg ist eine Brutstsätte des Antisemitismus: Der Fraktionsvorsitzende Hermann Dierkes ruft zum Boykott israelischer Produkte auf und nennt das Existenzrecht Israels “läppisch“. Gerne kooperiert die Partei auch mit anderen antisemitischen Gruppen. Wenn es gegen Juden geht, ist die Duisburger Linkspartei immer dabei.
Aber das auf der Seite der Partei wohl seit Jahren ein Flugblatt zum Download angeboten wurde (Es wurde nach Beginn unserer Berichterstattung gelöscht), in dem Hakenkreuz und Davidstern ein gemeinsames Logo bilden, haben wir erst heute auf Hinweis eines Lesers entdeckt. Man musste einfach nur Israel in die Suchmaschine der Seite www.die-linke-duisburg.de eingeben, schon kam man auf eine Seite mit dem Link zum Flugblatt. Es ruft zum Boykott israelischer Waren auf, getreu dem alten NSDAP-Motto “Kauft nicht bei Juden” und ist inhaltlich Hetze-Pur.
Gerade dieser Boykottaufruf ist beliebtes Steckenpferd nicht nur des erwähnten Hermann Dierkes, der, zunächst Kandidat der Linkspartei für das Bürgermeisteramt in Duisburg, dann aber doch nach seinen antisemitischen Äußerungen Anfang 2009 zurücktrat.[3][4] (Nebenbei bemerkt: Dieser Vorfall hat schon 2009 bei sueddeutsche.de keinen Menschen interessiert. Heute noch kennt die Suchmaschine von sueddeutsche.de überhaupt keinen Hermann Dierkes.)
Kein einmaliger “Ausrutscher” der Linkspartei. Erst vor gut einem Monat rief das “Bremer Friedensforum” mit Unterstützung des Landesverbandes Bremen der Linkspartei zu einer Boykottaktion gegen israelische Waren auf, getreu dem alten Aufruf “Kauft nicht beim Juden”.[5]
Die Bremer AktvistInnen schließen sich dem weltweiten Appell an und rufen zum Boykott von Produkten auf, die mit dem Herkunftsland Israel gekennzeichnet sind.
Nicht ohne - auch das soll erwähnt werden - heftigen Protest aus den eigenen Reihen, nebst Unterschriftenaktion. [6]
Zurück zu den Ruhrbaronen:[2]
Das ist man gewohnt von der Linkspartei in Duisburg gewohnt, das Hakenkreuz-Logo ist neu. Auch Sätze wie ”Tretet der moralischen Erpressung durch den sogenannten Holocaust entgegen!” sind selbst für die Linkspartei eher ungewöhnlich. Auch was die im Flugblatt angesprochene “Judenpresse” sein soll, ist eine interessante Frage.
Update:
Von dem PDF des Flugblatts kam man zudem auf die Internetseite “Radio Islam”, über die man Hitlers “Mein Kampf” runterladen konnte. Für die Linkspartei, die sich gerne antifaschistisch gibt, eher ein seltsamer Link.
Das war aber auch schon wieder zu viel für sueddeutsche.de, um darüber zu berichten. Da genügte der lapidare Hinweis auf mögliches Fremdverschulden durch den ominösen “Rechten”, der sich “in die Partei eingeschmuggelt und das Flugblatt eingestellt hat.” Schließlich sei “das Flugblatt (…) “auf der Unterseite des parteiunabhängigen Jugendverbandes ’solid’ unter einem weitergehenden Link zu finden” gewesen”", was auf einen praktisch völlig externen Vorgang schließen lässt. Da kann das schon mal passieren, wenn man monatelang nicht aufpasst.
Ein Blick auf den Link der Ruhrbarone zum Internetauftritt der Duisburger Linkspartei, auf dem sich auch der Link zu dem Flugblatt befand, zeigt, wie “selbstständig” der “parteiunabhängige Jugendverband ’solid’” auftritt:[7]
Alles in allem wirkt schon etwas fadenscheinig, was die Linkspartei an Dementis hervorbringt. Doch sueddeutsche.de genügt das vollauf. Und dennoch finden sich derart häufige Fälle von massivem Israelhass und auch offen zutage tretendem Antisemitismus, dass etwa der Blogger Frank Heinze, der noch im März den Bremer Boykott-Aufruf angeprangert hatte[8] …
… bereits am Monatsanfang aus der Linkspartei ausgetreten ist.[9]
Der Erklärung der Linkspartei Duisburg zum aktuellen Fall[10]
Antisemitismus hat keinen Platz in der LINKEN, das war immer so und wird immer so bleiben!
hielt Frank Heinze schon im März entgegen:
Antisemitismus in der Linken gibt es dem Namen nach nicht. Diese Leute legen Wert darauf, als Antizionisten bezeichnet zu werden. Davon gibt es einen ganzen Sack voll, incl. MdBs, die auf dem Frauendeck eines Islamistenkreuzers Gaza befreien wollten. Hatte Paech eigentlich auch sein Gaddafi-Mauspad dabei?
Der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Links und Rechts ist i.d.R. der Israelhass. Mal wechseln Rechte zur Linken, mal Linke zur Rechten (siehe aktuell Makss Damage,http://rap.de/news/5507) jeweils unter Mitnahme und Weiterexekutierung ihres Antizionismus.
Doch nichts von alledem auf sueddeutsche.de. Nichts, was man hinterfragen oder recherchieren müsste. Erstaunlich ist das schon, wenn man an die Zähigkeit, ja die Bluthundmentalität denkt, von der gerade erst im Fall zu Guttenberg noch so reichlich vorhanden war. Aber da ging es ja schließlich auch um einen Doktortitel! Und wen kümmern schließlich bei sueddeutsche.de schon die Juden.
Jaspis
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/linkspartei-in-duisburg-antisemitisches-flugblatt-auf-der-homepage-1.1090155
[2] http://www.ruhrbarone.de/die-linke-duisburg-antisemitische-hetze-zum-download/
[3] http://www.ruhrbarone.de/linkenpolitiker-dierkes-das-lappische-existenzrecht-israels/
[4] http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/linker-auf-israelfeindlichen-abwegen/
[5] http://www.dielinke-bremen.de/nc/politik/aktuell/detail/zurueck/bremennews/artikel/boykottaktion-in-der-wachmannstrasse/
[6] http://haskala.de/2011/03/22/boykott-israelischer-produkte-verurteilt/
[7] http://www.ruhrbarone.de/wp-content/uploads/2011/04/Antisemitismus-Link.jpg
[8] http://blog-der-wendungen.blogspot.com/2011/03/deutsche-wehrt-euch-kauft-nicht-bei.html
[9] http://blog-der-wendungen.blogspot.com/2011/04/austritt-aus-der-partei-die-linke.html
[10] http://www.die-linke-duisburg.de/