“In dubio pro sensatio” - Die Fortsetzung
15. April 2011 von Jaspis
Bereits in “In dubio pro sensatio”[1] ist die heuchlerische Schein-Empörung der SZ hinsichtlich der bösen “anderen”, die nur auf Sensation aus sind - und denen die SZ in nichts nachsteht, nachzulesen.
Mittlerweile hat die Polizei Fotos des Verdächtigen auf Plakaten und Flugblättern herausgegeben.
Zeugen könnten den 50-Jährigen in den Morgenstunden des 24. März gesehen haben und damit ein weiteres Indiz liefern, um eine Anklage wasserdicht zu machen. Denn auch Ermittler müssen Vorsorge betreiben - eine scheinbar klare Beweislage kann sich später im Prozess doch noch als brüchig erweisen.
Wolfgang Janisch, der Mann mit dem großen Herzen für Schwerstverbrecher, dem “die Unkultur des Wegschließens” (gemeint ist die Sicherungsverwahrung) so arg gegen den Strich geht (“Dass es statistisch wahrscheinlicher ist, mit dem Auto zu verunglücken als Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden, ändert an der subjektiven Befindlichkeit wenig.”)[2], Wolfgang Janisch hält von dieser Aktion der Polizei nicht allzu viel.[3]
Von den vertretbaren Meinungen - Veröffentlichung der Fotos, um die Verfestigung der Beweislage zu ermöglichen gegen mögliche Kontraproduktivität und Persönlichkeitsschutz - entscheidet er sich für die Meinung, dass die Veröffentlichung abzulehnen sei:
Juristisch ist die ungewöhnliche Plakataktion wohl vertretbar
aber seiner Meinung nach “widersprüchlich” und außerdem “problematisch”, weil
die Ermittler damit ihre eigenen Beweise kontaminieren könnten. Wer das Gesicht eines mutmaßlichen Täters öffentlich zeigt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Zeugen ihn wiedererkennen - freilich auch solche, die ihn nie gesehen haben.
Vor allem aber:
Weil aber die Fotos ohnedies nur bedingt hilfreich sind, gewinnt das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen an Gewicht. Gerade in den frühen Phasen der Ermittlungen, in denen vieles ungewiss ist, hat die Unschuldsvermutung einen hohen Rang und gebietet daher Zurückhaltung bei der Identifizierung des Verdächtigen.
Denn so erdrückend die Beweislage auch scheinen mag: Es ist immer mal wieder vorgekommen, dass sich ein scheinbar überführter Täter letztlich als unschuldig erwiesen hat. In solchen Fällen kann ein Foto auf einem Polizeiplakat existenzvernichtend sein.
Diese Meinung sei Wolfgang Janisch unbenommen. Bloß erscheint der erhobene Zeigefinger, den er der Polizei zeigt, schon arg krumm. Denn wollte er wenigstens ansatzweise glaubwürdig sein in seiner Forderung nach Schutz des Persönlichkeitsrechts und der Existenz des Betroffenen, dann dürfte eines gar nicht sein:
Die Illustrierung des Artikels mit dem Film der dpa,
in dem nicht nur die Argumentation der Ermittler, die Janisch eher beiläufig erwähnt, sondern auch die Fotos des Verdächtigen mehrfach und teils über längere Sequenzen in die Kamera gehalten werden.
Ist es die Dummheit der Redaktion, die Artikel illustriert, ohne sie gelesen zu haben? Will uns sueddeutsche.de weis machen, der Persönlichkeitsschutz des Verdächtigen sei nur dann gefährdet, wenn die Polizei Plakate und Flugblätter mit seinen Fotos verteilt, während die Veröffentlichung im www. zu seinem Persönlichkeitsschutz beitrage?
Oder ist auch diese Empörung ganz einfach wieder einmal nur szcheinheilig?
Jaspis
[1] http://www.suedwatch.de/blog/?p=5129
[2] http://www.sueddeutsche.de/politik/urteil-zur-sicherheitsverwahrung-die-unkultur-des-wegschliessens-1.1046252
[3] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/fahndung-nach-doppelmord-in-krailling-truegerische-beweise-1.1085443
1 Reaktion zu ““In dubio pro sensatio” - Die Fortsetzung”
À la bonne heure, mein lieber Kollege. Auf die Zwölf