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“Tacheles reden” oder “ätzen”

22. April 2009 von Jaspis

ottmar-breidling

Ottmar Breidling wird sich kaum mit einer Nebenrolle begnügen. [1]

Er

gilt nicht als zurückhaltender Moderator des Verfahrens.

Nein, diese Rolle hat in Deutschland ein Vorsitzender Richter auch nicht. Da hat Dirk Graalmann vermutlich ein bisschen zu viele US-amerikanischen Court-Movies gesehen. Dort wacht der Richter in der Tat nur wie ein zurückhaltender Moderator über das ordnungsgemäße Verfahren. In Deutschland ist das anders. Da leitet der Richter das Verfahren. Er befragt die Beteiligten und am Ende spricht er das Urteil.

In diesem Zusammenhang hat Richter Breidling bereits in der Vergangenheit die Gelegenheit genutzt, seine Ansichten, die man ja nicht teilen muss, zu Verfahrensvorschriften, zum Großen Lauschangriff, der Kronzeugenregelung - aber auch zur Gefährlichkeit des islamistischen Terrors zu äußern, was ihm offenbar die Missbilligung des Dirk Graalmann eingebracht hat. Was Graalmann aber eigentlich konkret missbilligt, wird nicht ganz klar, denn konkret äußert er sich dazu nicht.



Ist es, dass sich ein Richter in Deutschland so verhält wie ein Richter in Deutschland und sich nicht etwa zurückhält, weil er glaubt, sich in einem US-Court-Movie zu befinden? - Ja, das ist schon ein schwerwiegender Vorwurf…



… oder ist es, weil er

seine Ausführungen fein säuberlich getippt umgehend den Journalisten zukommen

lässt? Seit wann stört es einen Journalisten, wenn er einen bereits vorgefertigten Text bekommt? …



… ist es, weil er

gefürchtet ob seiner straffen Verhandlungsführung, gepaart mit einer Melange aus deftiger Sprache und blumigen Bildern

ist? Damit ist wohl gemeint, dass Richter Breidling dem Angeklagten Strafmilderung wegen eines Geständnisses nur bei einem tatsächlichen Geständnis und nicht bei “Geschichten aus tausendundeiner Nacht” gewähren wollte (das einzige Beispiel, das Dirk Graalmann jedenfalls aufführt). - Nunja, wem das schon zu deftig ist, der sollte vielleicht lieber mit Plüschtieren spielen als Sprengstoffanschläge planen…



… ist es, weil

nicht nur die vier Beschuldigten im Sauerland-Verfahren (…) beim Vorsitzenden Richter kaum auf Milde hoffen [dürfen]

Welchen Grund für ein mildes Urteil könnte man sich denn hier vorstellen, zumal jetzt, zu Beginn des möglicherweise zwei Jahre dauernden Verfahrens? In Frage kommen, das wird auch Dirk Graalmann nicht bestreiten können, ja nur die gesetzlichen Kriterien des § 46 II StGB, also



die Beweggründe und die Ziele des Täters,
die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,
das Maß der Pflichtwidrigkeit,
die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,
das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie
sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
[2]



Was käme also hier strafmildernd in Frage:



die Beweggründe und die Ziele des Täters

- Die Beweggründe sollen die Bekämpfung des Staates sein, in dem die Täter aufgewachsen sind.



die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille
- Die Gesinnung sei, die “Feinde des Islam” zu vernichten und “militant gegen die westliche Gesellschaft und den Westen” vorzugehen.



das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat
- Ziel der vier Angeklagten soll nach Ansicht der Bundesanwaltsschaft gewesen sein, Anschläge im gleichen Ausmaß wie die des 11. September 2001 zu verüben



Wirklich nach Milde schreien diese Vorwürfe, sollten sie bestätigt werden, nicht…



… oder missfällt Dirk Graalmann, dass Richter Breidling wieder “ätzen” könnte. “Ätzen”, ein bemerkenswerter Griff in die Klamottenkiste der sprachlichen Stilmittel. Wenn jemand “ätzt”, dann pöbelt er, er beschimpft einen anderen unfundiert und sprachlich wenig anspruchsvoll.

Im Vorwort zur Urteilsbegründung im Kofferbombenprozess ist zum Beispiel zu lesen:

Mit dem heutigen Urteil geht nach nunmehr 60 Verhandlungstagen und nach einer Verhandlungsdauer von nahezu einem Jahr ein Verfahren zu Ende, dem ein Tatgeschehen zugrunde liegt, das wie kaum ein anderes in den letzten Jahren zuvor die Medien beschäftigt hat und der Öffentlichkeit vor Augen geführt hat, wie groß auch in diesem Land die Gefahr terroristischer Anschläge durch aufgeheizte und verblendete Radikal-Islamisten ist. Zutreffend haben die Vertreter der Bundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer darauf hingewiesen, dass Deutschland einem islamistischen Anschlag nie näher gestanden hat als im vorliegenden Fall. Dass es nicht zu einem verheerenden Blutbad mit einer Vielzahl von Toten gekommen ist, ist allein dem Umstand zu verdanken, dass der Angeklagte und sein Mittäter Jihad Hamad einem Irrtum beim Bau der Sprengsätze unterlegen sind. Wären die Sprengsätze explodiert, so wie es der Angeklagte und Jihad Hamad geplant hatten, wäre Deutschland von einem Anschlag erschüttert worden, der die Erinnerung an andere verheerende Anschläge in jüngerer Zeit wachgerufen hätte; ich denke hier namentlich an die Anschläge von London und Madrid. [3]



Das würde ich als “Tacheles” bezeichnen. Als “Klartext reden”. Und ja, das kann man durchaus als Kompliment werten. Aber wenn das für Sie “ätzen” ist, lieber Dirk Graalmann, wie würden Sie dann das nennen, was Sie da verfasst haben?





Jaspis





[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/986/465575/text/
[2] http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__46.html
[3] http://www.olg-duesseldorf.nrw.de/presse/05presse2008/2008-12-09_pm_urt_verkd_koffer/2008-12-09_vorw_urt.pdf

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Übersetzung von Fabian Künzel