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Summo cum stupore

17. Februar 2011 von Jaspis

Das Thema “Doktortitel” hat sich zum Renner entwickelt. Unbedingt mussten Nachfolgeartikel her. Egal, was, Hauptsache: mehr! Und so fühlte sich heute Thorsten Denkler berufen, sein Scherflein beizutragen. [1]


doktorneid

Wie schön muss es doch sein, einen Doktortitel zu führen. So ein “Dr.” vor dem Namen verschafft einem in gewissen Kreisen noch Respekt. Wie blöd muss es dann sein, wenn herauskommt, dass der Titelträger nicht mit der nötigen Sorgfalt zur Sache gegangen ist. Abkupfern, blenden, im schlimmsten Fall mit Geld den Titel kaufen. (…) Die Plagiatsvorwürfe gegen Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg reihen sich ein in eine lange Reihe von prominenten Schönfärbern.

Der Leser erwartet nun eine Aufreihung von “prominenten Schönfärbern”, also Menschen, die ein “Dr.” zum Namen führen, diesen aber durch “Abkupfern, blenden, im schlimmsten Fall mit Geld den Titel kaufen” erworben haben. Und diese sind, nach Thorsten Denkler: Kristina Schröder, CDU, Familienministerin, Dieter Jasper, CDU, Bundestagsabgeordneter, Guido Westerwelle, FDP-Chef und Außenminister, Helmut Kohl, Altbundeskanzler. Da wird sich das geifernde Publikum aber gefreut haben. Doch mal sehen, was Thorsten Denkler vorbringt, um seine Unterstellungen zu belegen:

1. Kristina Schröder, CDU, Familienministerin

Der Titel der 303-Seiten-Arbeit klingt noch vielversprechend: “Gerechtigkeit als Gleichheit? Eine empirische Analyse der objektiven und subjektiven Responsivität von Bundestagsabgeordneten”. Doch bei genauem Hinsehen hat sich die Doktorandin schlicht ein Thema ausgesucht, mit dem sie es entspannt zum Doktor bringen kann. (…)
Im Wissenschaftsjargon aber wird in solchen Fällen von einer klassischen “Typ-II-Arbeit” gesprochen. Im Gegensatz zur “Typ-I-Arbeit” geht es den Autoren nicht um die akademische Karriere. Sie wollen lediglich den Titel.

2. Dieter Jasper, CDU, Bundestagsabgeordneter

Der wenig bekannte Bundestagsabgeordnete Dieter Jasper ist wohl der dreistete unter den Titelträgern gewesen, die im Bundestag einen Platz haben. Gewesen, weil Jasper seinen Doktortitel inzwischen abgelegt hat. Genauer genommen hätte er ihn nie führen dürfen. Jasper, Direktmandatsträger im Wahlkreis Steinfurt III in Westfalen, hat sich seinen Titel einfach gekauft.

3. Guido Westerwelle, FDP-Chef und Außenminister

Bislang besteht kein Zweifel, dass Außenminister Guido Westerwelle seinen Doktortitel rechtmäßig erworben hat. Und doch lässt seine juristische Arbeit mit dem Titel “Das Parteienrecht und die politischen Jugendorganisationen” den Schluss zu, dass auch er es sich nicht allzu schwer machen wollte. Schließlich war Westerwelle selbst nicht nur Mitbegründer einer politischen Jugendorganisation, den “Jungen Liberalen”, sondern auch von 1983 bis 1988 deren Bundesvorsitzender.

4. Helmut Kohl, Altbundeskanzler

Wie bei Westerwelle und Kristina Schröder scheint die wissenschaftliche Ehre nicht im Mittelpunkt seines Interesses gestanden zu haben. Titel seiner historischen Dissertation: “Die politische Entwicklung in der Pfalz und das Wiedererstehen der Parteien nach 1945″. Die Recherchen dürften ihm nicht schwergefallen sein. (…) Zweifel bestehen auch, ob Kohl sich tatsächlich durch viele englischsprachige Fachliteratur gearbeitet hat, von der das Literaturverzeichnis der Dissertation kündet. Kohl war auch wegen seiner mangelnden Fremdsprachenkenntnisse immer wieder gerne Zielscheibe des politischen Kabaretts.

Interessant an dieser schon sehr kurz ausgefallenen “langen Reihe” ist, dass die die einleitende Abwertung allein auf Dieter Jasper wirklich zutrifft: Er hatte seinen Doktortitel gekauft.

Der Hauptvorwurf an Schröder, Westerwelle und Kohl dagegen ist, dass sie über Themen promovierten, die ihnen lagen und die ihnen leicht fielen, den Rat des Vaters befolgten und dass es ihnen möglicherweise mehr um den Titel selbst ging als um die “akademische Karriere”. Und das, meint Thorsten Denkler, berechtigt ihn dazu, diese Personen als “prominente Schönfärber” zu bezeichnen, die ihre Titel unredlich erworben hätten. Das ist gelinde gesagt dreist und zeugt von der gähnenden Unwissenheit des Thorsten Denkler von dem, worüber er schreibt.

Aus dem Doktorandenforum [2] - ein Forum, für dessen Besuch Thorsten Denkler vermutlich nie Veranlassung hatte:
doktorandenforum

Gerade in den Bereichen Medizin und Jura wird der Doktortitel auch und vor allem wegen des Titels erworben. Das ist weder ehrenrührig, noch unlauter. Es ist üblich. Wenig Arbeit steckt aber auch in diesen Promotionen nicht gerade. Ein früherer Vorwurf Denklers in Richtung Kristina Schröder war, dass sie neben ihrer Bundestagstätigkeit wohl gar keine Zeit gehabt hätte, ihre Dissertation zu schreiben [3] [4] Offenbar ist Herrn Denkler nicht bekannt, dass etwa Mediziner mit der Promotion bereits während des Studiums beginnen. Ein enorm zeitaufwändiges Studium übrigens, weshalb der Rat des Klinikums der Universität München auch lautet: [5]

Wann sollte man mit einer Doktorarbeit beginnen?
Klare Antwort: möglichst bald nach dem Physikum ! Ein gewisses Basiswissen (Vorklinik) ist auf jeden Fall notwendig für den Beginn einer Doktorarbeit. Aber mit dem Beginn des klinischen Studienabschnitts beginnt die Zeit davon zu laufen ! Man muss 4 Monate famulieren, auf die diversen Examina lernen, für den Lebensunterhalt jobben und irgendwann will man ja auch in den Urlaub fahren und die Studentenzeit in vollen Zügen genießen. Rechnet man die Klausurenzeiten, die Staatsexamina und das PJ (hier sollte die Arbeit bereits druckfertig abgeschlossen sein) weg, dann bleibt nicht mehr viel Zeit. (…)

Juristen hingegen können erst nach dem Ersten Staatsexamen promovieren. Aber auch hier ist die Promotion nicht selten neben voller Berufstätigkeit oder neben dem Referendariat nebst Prüfungsvorbereitung für das Zweite Staatsexamen und gelegentlich auch noch mit einer Familie mit kleinen Kindern zu bewältigen.

Die Tatsache, dass die Dissertation neben zeitraubenden anderen Tätigkeiten “nebenher” erarbeitet wird, ist ebenfalls üblich und alles andere als ein Hinweis auf einen unredlich erworbenen Doktortitel.

Schon gar nicht trifft das auf die Themenauswahl zu. Selbstverständlich sucht sich der Doktorand ein Thema aus, das ihm liegt. Dazu wird vom Klinikum der Universität München sogar eigens geraten: [5]

Suchen Sie sich eine Arbeit, die Ihnen Spaß macht !!! Das ist die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Promotion !



Mit diesen aus der Luft gegriffenen Vorwürfen versucht Thorsten Denkler, promovierte Prominente zu diskreditieren - und glänzt dabei mit Ahnungslosigkeit.

Wobei: Bei Denklers Kollegen Dr. Bartens, Dr. Prantl, Dr. Münch, Dr. Schulte von Drach oder Dr. Graff war das sicher ganz anders. Jeder von ihnen hat sich seine zwei Buchstaben mit wissenschaftlichem Pathos erworben, keiner hat ein Thema gewählt, das ihm in irgendeiner Weise liegt, alle haben Blut und Wasser geschwitzt - nicht um diesen Titel zu erwerben, nein: Um der Wissenschaft einen Dienst zu erweisen.

Was muss sich der arme Thorsten Denker mickrig vorkommen neben diesen Lichtgestalten.

Wie schön muss es doch sein, einen Doktortitel zu führen. So ein “Dr.” vor dem Namen verschafft einem in gewissen Kreisen noch Respekt.

schwärmt er am Anfang seines Werkes. Nur: so, lieber Thorsten Denkler, wird das nix. Für diese Arbeit gibt es nur ein Prädikat:

Summo cum stupore.
(Einer Ihrer Kollegen wird Ihnen das schon übersetzen.)





Jaspis





[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/doktortitel-in-der-politik-der-club-der-akademischen-schoenfaerber-1.1061445
[2] http://doktorandenforum.de/anfangen/thema.htm
[3] http://www.sueddeutsche.de/politik/neu-ministerin-kristina-koehler-das-schwarze-netz-von-frau-doktor-1.140181
[4] http://www.suedwatch.de/blog/?p=2139

[5] http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Medizinische-Klinik-Innenstadt/de/06Forschung/04Haematoonkologie/MolkulareHaem/Doktorarbeiten/index.html

Geschrieben in Denk(l)er, Meinungsvorgabe, NonSZens | 0 Kommentare

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Übersetzung von Fabian Künzel