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Jetzt bloß nicht übertreiben

27. Dezember 2010 von Jaspis

Man kann das Zähneknirschen beinahe hören, das die SZ-Redakteure befallen haben muss, als Henryk M. Broder, bislang überwiegend tätig für den Spiegel, SPON und den Tagesspiegel, nun exklusiv zur WELT-Gruppe wechselte - und dies auch noch unter Lobeshymnen seitens des Welt-Chefredakteurs Jan-Eric Peters, der den Wechsel als Weihnachtsgeschenk für sein Haus präsentierte.

Jetzt bloß nicht übertreiben mit der Meldung, musste man sich da bei der SZ gedacht haben. - Was sich bereits in der Wahl des Autors zeigt: Jassien Kelm durfte darüber berichten. Jassien Kelm, der bislang vor allem Bilder und Texte für Bilderstrecken auswählte. [1] [2] Jassien Kelm, Filmkritiker und ehemaliger “Kicker”-Praktikant, der als “Opfer eines Verbrechens”, das er selbst wurde, sein Gespür für Dramatik zeigte. [3]

jassien-kelm

Das Verbrechen, dessen Opfer er wurde, war aber nicht etwa ein Verbrechen im rechtstechnischen Sinn wie etwa Raub, schwere Körperverletzung, Mordversuch (das wären Verbrechen im Sinne des StGB, § 12, also Taten, die mit einem Strafmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind), nein: Ihm wurde während der Wiesnzeit sein Handy gestohlen. In einem Dossier [4] befreite sich Jassien Kelm von dem Trauma, das ihn wegen dieses gemeinen Verbrechens offenbar belastete und machte dabei auch seinem Unmut über den Polizisten Luft, der nachts um halb drei offenbar zu wenig Elan bei der Verbrechensaufklärung gezeigt hat. Und nicht nur das:

Nachdem sich ein Beamter barsch nach meinem Anliegen erkundigt, nimmt sich Polizeiobermeister Ottl* meiner an und lässt mich den Sachverhalt schildern. Herr Ottl ist nur unwesentlich freundlicher als sein Kollege. Er ist Ende Dreißig, hat dunkelbraunes Haar, das an den Schläfen ins Graumelierte übergeht. Breite Koteletten kämpfen sich ihren Weg bis auf Höhe der Ohrläppchen, die Hakennase wirkt in dem weichen Gesicht umso markanter. Um meine Eindrücke festzuhalten, bitte ich um Stift und Papier, beides wird mir kommentarlos hingeschoben. Anschließend beginnt Herr Ottl mit der Dateneingabe in den PC und spricht dabei laut mit: „Der augenscheinlich betrunkene Anzeigenerstatter…“ Und ich notiere: „Hakennase, Ende Dreißig, unsympathisches Auftreten…“

Jassien Kelm, dieser Freund wortreicher Details, durfte nun also den Bericht über Broders Wechsel zur WELT-Gruppe verfassen. Dabei aber bloß nicht übertreiben. Auch ja nicht zu viele Worte, nicht dass womöglich noch ein richtiger Artikel daraus wird. Auch Jan-Eric Peters Worte, viele waren es ohnehin nicht, hat Kelm deshalb lieber etwas reduziert. [5]

broder-unterm-christbaum

Jan-Eric Peters, Chefredakteur der Welt, ließ es sich nicht nehmen, den Vollzug am zweiten Weihnachtsfeiertag in einem offenen Brief an seine Leser anzukündigen. Darin werden die Verdienste des “hemmungslosen Freiheitskämpfers” gewürdigt, Attribute wie unerschrocken und leidenschaftlich runden das Loblied auf den neugewonnenen Mitarbeiter ab. Peters schließt die Präsentation genussvoll mit dem Satz “Von nun an schreibt er exklusiv für unsere “Welt”-Titel”.

schreibt Kelm und wirkt beinahe empört über Peters’ Freude.

“Henryk M. Broder ist einer der besten Journalisten des Landes. Er schreibt unerschrocken und leidenschaftlich über alle Themen, bei denen man sich leicht die Finger verbrennen kann, über Antisemiten und Terroristen, zuletzt viel über die Gefahren eines fanatischen Islamismus. Seine Leser lieben oder hassen ihn, dazwischen ist wenig. Er ist ein hemmungsloser Freiheitskämpfer. Ich bin froh, einen Kollegen wie ihn bei der WELT-Gruppe begrüßen zu dürfen.”

wären Peters’ Worte vollständig gewesen. [6]

Diesen einen ersten Satz aber, den bringt Kelm nicht über die Lippen respektive die Tastatur, auch nicht bloß als Zitat eines anderen.

“Henryk M. Broder ist einer der besten Journalisten des Landes.”

Den Kollegen bei der SZ hätte es beim Zähneknirschen wahrscheinlich sonst noch das Gebiss weggeschmirgelt.





Jaspis




Update 28.12.2010 19:00 Uhr:

Natürlich ist Broder nicht jedermanns Sache. Manchen ist er auch einfach zu hoch - wie zum Beispiel diesem Kommentator aus dem suedcafé:

broder-und-loriot



Vermutlich ist der Ärmste durchs Jodeldiplom gefallen. Was für ein Glück, dass es dazu nun auch eine englische Übersetzung gibt.







[1] http://www.sueddeutsche.de/kultur/die-besten-chuck-norris-witze-chuck-norris-braucht-keine-ueberschrift-1.1038861
[2] http://www.sueddeutsche.de/kultur/im-kino-jean-reno-der-killer-mit-den-mueden-augen-1.1030901
[3] http://www.journalistenakademie.de/dossierbeitrag.php?b=1621
[4] http://www.journalistenakademie.de/dossierbeitrag.php?b=1620
[5] http://www.sueddeutsche.de/medien/spiegel-autor-wechselt-zur-welt-ein-broder-unterm-christbaum-1.1040364
[6] http://www.axelspringer.de/presse/Henryk-M.-Broder-wechselt-zur-WELT-Gruppe_1609076.html

Geschrieben in Zum Schmunzeln | 4 Kommentare

4 Reaktionen zu “Jetzt bloß nicht übertreiben”

  1. am 28 Dez 2010 um 08:541Beeblebrox

    Henryk M. Broder, den man bekanntlich Autor von pornographischen Schriften nennen darf, ist einer der besten Demagogen im Lande. Es ist erfreulich, dass er nun bei der Welt fest ist. Denn die Welt-Leser braucht er nicht mehr zu verführen, die wissen sowieso schon, wer die ach so guten sind und wer die ganz bösen sind. Der Spiegel gewinnt durch den Verlust an Qualität!

  2. am 28 Dez 2010 um 15:492Arthur

    Ihr Weltbild dagegen ist natürlich völlig offen, nicht wahr, Beeblebrox? Die Unterscheidung in Gut und Böse ist Ihnen gar fremd. Für Sie zählt nur der harte, sachliche Austausch von belegten Fakten!

    Bravo! Sie wären bei der Süddeutschen gut aufgehoben. Moral statt Wissen. Täglich neu.

  3. am 28 Dez 2010 um 18:303Beeblebrox

    Vermutlich zeichnen sich alle hier schreibenden Autoren und Kommentatoren durch ein völlig offenes Weltbild aus;-)

  4. am 29 Dez 2010 um 09:134Aron Sperber

    wollte euch auf diesen netten, kleinen Propaganda-Bericht über den am längsten, dienenden Diktator der Welt hinweisen:

    http://www.sueddeutsche.de/karriere/frau-am-steuerknueppel-emanzipation-ueber-den-wolken-1.1040563

    weil sich dieser (wie sein Kumpel Berlusconi) gern im Stil des James Bond Bösewichts Mr. Goldfinger mit ein paar schönen Frauen schmückt, wird er bei der SZ als Kämpfer für die Emanzipation der Frauen angesehen

    http://aron2201sperber.wordpress.com/2010/08/30/amico-gheddafi/

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Übersetzung von Fabian Künzel