Die üblichen Verdächtigen
29. November 2010 von Jaspis
Es geht ja wirklich nichts über eine zünftige Verschwörungstheorie. Eine der am besten gepflegten ist bekanntlich die der jüdischen Weltverschwörung und zu dieser wiederum gehören die Aktivitäten des Mossad, der, wie es sich bei einer ordentlichen Verschwörung gehört, missliebige Menschen unerkannt aus dem Weg räumt. Passend dazu finden sich immer wieder mehr oder weniger kleine Meldungen, die selbstredend ungeprüft übernommen werden.
Das habe ich vor einer Woche geschrieben[1] und das schreibe ich heute schon wieder. Nur dass es diesmal keine Meldung der Welt am Sonntag ist, die sueddeutsche.de ungeprüft übernommen hat, nein, diesmal fungiert die SZ als Organ der iranischen Regierung. [2]
Die Tat ähnelt früheren Anschlägen: Ein Wissenschaftler des iranischen Nuklearprogramms wird in seinem Auto erschossen. Die iranische Führung glaubt: Es waren Mossad und CIA.
Auch für Thomas Avenarius und Paul-Anton Krüger scheint der Mossad der wahrscheinlichste Verdächtige zu sein, so dass sie in ihrer Schlagzeile keinen anderen auch nur erwähnen
denn schließlich:
Die Attentate ähneln früheren Anschlägen auf mutmaßliche Mitarbeiter des Atomprogramms. Der Teheraner Physik-Professor Massud Ali Mohammadi war im Januar 2010 umgekommen: Er starb durch einen Sprengsatz, der an einem neben seinem Auto geparkten Motorrad befestigt war. Im Jahr 2007 war ein Atomforscher durch eine Gasvergiftung in seiner Wohnung ums Leben gekommen.
Auch in diesem Fall fiel der Verdacht auf den israelischen Geheimdienst Mossad.
Das kann natürlich schon sein. Kann aber auch nicht sein. Erst heute war zu erfahren, dass aus den Wikilieaks-Veröffentlichungen hervorgeht, wie wenig etwa die arabische Welt von Ahmadinedschad und seinem Atomprogramm hält.[3]
Bloß läge es seriösen Berichterstattern natürlich fern, wild irgendwelche Verdächtigungen auszusprechen. Außer natürlich, wenn es sich um solche der iranischen Führung handelt, die zitiert werden können. Ein Detail, das die Herren Avenarius und Krüger für nicht erwähnenswert halten, erwähnt Kollege Ulrich Pick vom SWR [4]:
Der Iran beschuldigt erwartungsgemäß die USA und Israel - ohne Beweise vorzulegen.
Beweise, so etwas braucht ein Thomas Avenarius nicht und ein Paul-Anton Krüger auch nicht und die SZ sowieso nicht. Wozu Fakten. Es genügt, den Verdächtigen nur oft genug zu erwähnen.
Und so bleibt sueddeutsche.de die Einzige, die den Mossad in der Schlagzeile erwähnt, während alle anderen nur den Anschlag selbst erwähnen, z.B.
N24 …
… n-tv …
… Tagesspiegel …
… Welt …
… Spiegel …
… oder BILD
… denn sie wissen nur zu genau, welche Wirkung eine Schlagzeile hat.
Jaspis
[1] http://www.suedwatch.de/blog/?p=4360
[2] http://www.sueddeutsche.de/politik/iranisch-atomwissenschaftler-getoetet-attentat-im-berufsverkehr-verdacht-gegen-mossad-1.1029865
[3] http://www.sueddeutsche.de/politik/wikileaks-iran-ahmadinedschad-ist-hitler-1.1029668
[4] http://www.tagesschau.de/ausland/irananschlag114.html