Alles Gute zum 65. Geburtstag, Süddeutsche Zeitung!
6. Oktober 2010 von Team
Heute, am 6. Oktober, wird die große Alte Dame, die Süddeutsche Zeitung, 65 Jahre alt.
Eine schöne Bildstrecke findet sich dazu auf sueddeutsche.de. Darin: Das Titelblatt der Ausgabe vom 6. Oktober 1945 [1]
und die ersten Leser.[2]
Erinnerungen an ein Stück süddeutsche Zeit(ungs)Geschichte. Anlass für uns, noch einmal unser Geleitwort [3] einzusetzen, mit dem wir seit über 300 Artikeln ein scharfes Auge auf die Süddeutsche geworfen haben und weiter werfen werden:
Am Samstag, dem 6. Oktober 1945 erschien, legitimiert von den Amerikanern durch die Lizenz Nr.1 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung Ost, die Erstausgabe der Süddeutschen Zeitung. Außer durch Artikel zum Amtsantritt des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Dr. Högner und zur Abberufung General Pattons als Befehlshaber in Bayern, wurde der Leser, der sich die 20 Pfennig für das Lizenzblatt aus deutscher Hand leistete, vor allem über eine Selbstverpflichtung im Namen von Schriftleitung und Verlag informiert. Dieses „Geleitwort” bezog sich zum einen auf die Voraussetzungen, die die Amerikaner an eine Lizenzvergabe knüpften
„Die Leiter der Zeitung, verschiedenen Parteien entstammend,..”,
betonte aber vor allem mit gewichtigen Worten das anspruchsvolle moralische Ideal, welches das Wesen der Süddeutschen Zeitung für die Zukunft bestimmen sollte. Darin hieß es u.a.
Die Süddeutsche Zeitung „ist [...] durch keine Zensur gefesselt, durch keinen Gewissenszwang geknebelt. [sie ist] ein Sprachrohr für alle Deutschen, die einig sind in der Liebe zur Freiheit, im Hass gegen den totalen Staat. [...] Die Leiter der Zeitung, verschiedenen Parteien entstammend, glauben, dass [...] der gemeinsame Wille zu politischer Mündigkeit und Sauberkeit, zu Verantwortungsbewußtsein und Wahrhaftigkeit eine genügend starke Grundlage für eine fruchtbare Zusammenarbeit bildet. Sie wollen beweisen, dass noch echte demokratische Gesinnung in Deutschland lebt, die sich nicht in Parteihader verliert…”
Diesem Ideal, das die nun schon in die Jahre gekommene große Dame unter den Zeitungen nach dem Willen ihrer Schöpfer seit ihrer Geburt begleiten soll, wollen wir uns unterordnen. An diesem Ideal aber wollen wir auch die Süddeutsche Zeitung -in all ihren klassischen und modernen Erscheinungsformen- messen. Das ist das Ziel von suedwatch.de. Politische Mündigkeit und Sauberkeit, Verantwortungsbewußtsein und Wahrhaftigkeit sollen weder in Vergessenheit geratene, hehre Ideen sein, noch sollen sie zu leeren Marketingphrasen verkommen, sondern sie sollen -wieder- bestimmend sein für eine Zeitung, auf deren journalistische Integrität hunderttausende Menschen in ihrer Meinungsbildung vertrauen.
Auf suedwatch.de beobachten und schreiben deshalb Freunde der Süddeutschen, aus politisch unterschiedlicher aber gefestigt demokratischer Provenienz und vereint im „Ja” zu jenen vier Werten
„politischer Mündigkeit und Sauberkeit, Verantwortungsbewußtsein und Wahrhaftigkeit”,
in kritischer Form über jene Beispiele von Wirrnis und Destruktion, die die Süddeutsche Zeitung von ihrem ursprünglichen Ideal -und von ihren Lesern- entfernt.
Der Anbieter, die Autoren
Dass sich Ihre Redakteure auf diese Ideale besinnen, das wünschen wir Ihnen zum Geburtstag.
Alles Gute, Süddeutsche Zeitung!
Ihr suedwatch.de-Team
[1] http://www.sueddeutsche.de/medien/jahre-sueddeutsche-zeitung-heilige-handlung-in-zerbombten-hallen-1.1008556-7
[2] http://www.sueddeutsche.de/medien/jahre-sueddeutsche-zeitung-heilige-handlung-in-zerbombten-hallen-1.1008556-8
[3] http://www.suedwatch.de/blog/?page_id=53
2 Reaktionen zu “Alles Gute zum 65. Geburtstag, Süddeutsche Zeitung!”
Dem Auftrag und dem Ideal wird sie ja nun ja seit geraumer Zeit nicht mehr gerecht. Weder auf den eigenen, gedruckten Seiten mit den journalistischen Inhalten, noch auf der anderen Seite für die Gesellschafter des Verlages.
Es ist zuviel von verkaufter Auflage, Personalkosten und Anzeigenvolumen abhängig, um eine gut recherchierte, professionell gemachte Tageszeitung aus der ehemaligen Medien-Hauptstadt München aus zu produzieren. Vorgefertigte Agenturmeldungen, verbohrte Ressort-Leiter und unfähige Trainees, die ohne Volontariatsausbildung zeitweise eingstellt und entlassen werden, bestimmten heute Aufmachung und Inhalt. Bei der SZ ist der Unterschied leider besonders krass sichtbar, da sich die Wandlung in recht kurzer Zeit volzog.
Die bestehende Plutokratie lässt einer - sich sehr gerne selbst als vierte Gewalt bezeichnenden - Voraussetzung für Demokratie keinen Sauerstoff mehr und die Funktion, Versorgung der mündigen Bürger mit umfassender Information, kann schlicht nicht erfüllt werden. Es bestehen multilevel-Abhängigkeiten.
Das die Presse/Medien nie als vierte Gewalt gedacht war, liegt auch genau an diesen Abhängigkeiten, die unsere Verfassungsväter (und eine Mutter) schon zeitig ahnten.
Die SZ bleib sich stets treu. Ich erinnere mich mit tobendem Herzen an die notwendig gewordenen Demonstrationen gegen Verleumdungen von Juden, wenige Jahre NACH dem II Weltkrieg. Eigentlich hätten wir Demonstranten nie die Straße verlassen dürfen…