Grenzzwischenfall
4. August 2010 von moritatensaenger
Noch ist nicht zur Gänze geklärt, was genau sich am Dienstag nordöstlich des Kibbuz Misgav Am ereignet hat. Für die eSZ aber scheint schon festzustehen:
[1]
Etwas vorsichtiger agiert man in den Artikeln zum Thema, ohne deshalb aber die Grundlinie der Israel-Berichterstattung des Blattes zu verlassen. Getreu dem Lead-Schema (oder auch der “umgedrehten Pyramide”, suedwatch.de berichtete dazu bereits einmal [2]), nach dem die entscheidenden - und bei manipulativer Anwendung auch das Meinungsbild des Lesers prägenden - Teile der Nachricht zuerst platziert werden sollen, lässt Sueddeutsche.de zunächst die Stimmen zu Wort kommen, deren Aussagen ein Vor-Urteil beim Leser fixieren sollen…
[3]
Mögliche Zweifel an den Darstellungen der libanesischen Seite, die ja immerhin Partei in dem Konflikt ist, werden weder offen formuliert noch als möglich in den Raum gestellt. Gegenüber Israel sieht das etwas anders aus, weswegen dort gleich von Beginn an Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen gestreut werden. Die Süddeutsche attestiert…
[3]
…und fährt dann mit der Wiedergabe vertrauenswürdigerer Quellen fort…
…, deren Aussage zwar beim Leser auf Stirnrunzeln stoßen könnte - immerhin läuft die Hisbollah international durchaus auch als Terrororganisation [4] -, die aber durch die SZ milde Bestätigung findet: “Dies wurde zunächst nicht von offizieller Seite bestätigt”. Positiv ist dabei hervorzuheben, dass die Süddeutsche die Hisbollah wenigstens noch nicht in den Rang einer offiziellen Seite erhoben hat; fraglich bleibt aber, wieso ausgerechnet die PR-Maschine einer Terrororganisation um Auskunft zu Verlusten auf israelischer Seite gebeten wird. Der Tod des israelischen Offiziers, Lt. Col (Res.) Dov Harari.…
…wurde auch so schon Stunden vor Erscheinen des Artikels in Sueddeutsche.de (03.08.2010, 15:29) offiziell in den Medien gemeldet [5]. Womöglich lag die Ursache des Informationsdefizits aber auch an anderer Stelle, die SZ ist da um keine Schuldzuschreibung verlegen. Außerdem dürfen die wenigen Worte zu den “widersprüchlichen Angaben aus Israel” nicht stehen bleiben, ohne mit einer abschließenden Bemerkung in besonders abscheulichen Ruch gebracht zu werden. Der Schuldige an der Uninformiertheit der Süddeutschen ist:
Militärzensur….!!! Erfasst uns da nicht alle das kalte Grauen?
Erfasst hat ein kaltes Grauen auch den Moritatensaenger. Als er nämlich die unsäglich blöde Überschrift des zweiten eSZ-Artikels zum Thema sah…
…fragte er sich, welchen BILD- und SUPERillu-Hirnen man wohl bei Sueddeutsche.de die Gestaltung solcher Headlines überlässt. Immerhin geht es hier um den Verlust von Menschenleben und eine sich verschärfende Krise zwischen zwei Staaten, an deren Ende durchaus ein erneuter Krieg mit unzähligen weiteren Opfern stehen könnte. Überflüssig zu erwähnen, dass nichts lächerlich daran ist, an Stellen an denen Soldaten durch aus der Deckung von Buschwerk angreifenden Terroristen attackiert werden können, dieses Buschwerk zu beseitigen. Das aber ist schon der Erklärung zu viel, zudem scheint sich die seichte Phantasie des Schreibers nicht auf die Headline und den Baum beschränkt zu haben. Auch im Artikel selbst [6] findet sich mehr Schund als verwertbare Information. Wer etwa das liest…
…und sich dann die tatsächliche Situation vor Ort ansieht - auf dem etwa bei der Jerusalem Post [7] verfügbaren Bildmaterial -…
(Ein Soldat in einem Arbeitskorb wird vom Ladekran eines normalen Lkw über den Zaun gehoben, um das dort dichte Buschwerk zu beseitigen, das als Deckungsmöglichkeit für Terroristen eine erhebliche Gefahr für die sich auf der Straße davor bewegenden Grenzpatrouillen darstellt)
…der wird weder auf libanesisches Gebiet vordringende Einheiten sehen, noch einen Panzer in dessen Deckung diese sich bewegt hätten. Die These vom libanesischen Gebiet wird übrigens sofort widerlegt, wenn man sich Luftauf- nahmen vom Ort des Geschehens betrachtet:
(Bild bearbeitet durch Moritatensaenger; Basisbild aus Google-Maps, Suchbegriff “Misgav Am, Israel”; etwa 500m nördlich Misgav Am stößt die vom Kibbuz nach Norden führende Straße auf die Grenze zum Libanon und knickt dort scharf nach Osten ab. Vom Knick aus nun dem Straßenverlauf noch etwa 800m folgen. Bei eingeschalteter Funktion “Labels anzeigen” bei Google-Maps wird auch der Verlauf der UN-Blue-Line angezeigt)
Update:
Das kommt davon, wenn man das Schreiben eines Artikels für einige Stunden unterbrechen muss um dem Ruf der Arbeit zu folgen. Mittlerweile, es ist jetzt Mittwoch, 16:00 Uhr, hat UNIFIL durch den Senior Political Advisor und Speaker des UNIFIL Commanders, den ungarischen Diplomaten Milos Struger, Licht in die Angelegenheit gebracht. Milos Struger bestätigt, dass das IDF-Team, das mit der Beseitigung des Buschwerks beauftragt war, sowohl rechtzeitig bei der UNIFIL als auch von dieser frühzeitig bei den Lebanon Armed Forces (LAF) angemeldet war und für diese Arbeiten nur israelisches Territorium, nördlich des Zaunes aber südlich der Blue Line betreten werden musste [7]. Die Aufnahmen der Pressefotografen belegen darüber hinaus -unfreiwillig-, dass sich die israelischen Soldaten mit ihrem Arbeitskorb in ausreichendem Abstand von der sensiblen Grenze bewegt haben.
Die Existenz der Aufnahmen führt aber auch zu einer anderen interessanten Frage, wie sie in einem Communique von HonestReporting formuliert wurde:
Welchem “Zufall” ist es zu verdanken, dass an der viele Kilometer langen blauen Linie zwischen Israel und dem Libanon [8], ausgerechnet an diesem Tag, ausgerechnet anlässlich des unspektakulären, routinemäßigen Ausreißens von einigen Büschen und kleinen Bäumen, dass sich also ausgerechnet zu dieser Gelegenheit…..ein libanesischer Journalist, ein freier Fotograf und ein weiterer Fotograf von Reuters an einem x-beliebigen Punkt einfanden? Die Meldung dass dort von der IDF Arbeiten durchgeführt werden würden, waren von UNIFIL nur an die LAF weitergegeben worden. Und was war an den vollkommen gewöhnlichen Arbeiten einiger israelischer Pioniere so interessant, dass noch vor dem angeblich von den Israelis provozierten Zwischenfall, Bilder von den Arbeiten angefertigt wurden [9]:
“How and Why Were the Photographers There?
An AP report on the incident places Ronith Daher, a Lebanese journalist and the photographer of the above image, at the scene. Evidently, someone from Reuters was also there to take the previous image. But why were they there in the first place taking photographs before the incident even occurred?
After all, pruning foliage is hardly headline news on an ordinary day unless something out of the ordinary was expected. UNIFIL and through it, the Lebanese Army, had been notified of the IDF’s routine maintenance and even UNIFIL now admits that the Lebanese fire was unwarranted.
Also according to AP, a Lebanese journalist with the daily Al-Akhbar newspaper, Assaf Abu Rahhal, was killed when an Israeli shell landed next to him in the border village of Adeisseh. Al-Akhbar is reportedly associated with Hezbollah and has been denounced by Lebanese Druze leader Walid Jumblatt as being funded by Syria and Iran. So what was Abu Rahhal doing in the area exposing himself to IDF counter-fire?
A Reuters photographer was also on the scene in Adeisseh capturing the moments in the immediate aftermath of the IDF retaliation that led to the deaths of Abu Rahhal and three Lebanese soldiers.
Again, we ask how it was that a Reuters photographer was so conveniently on the scene at such an opportune moment.
It is an open secret that parts of the Lebanese Army have been infiltrated by Hezbollah sympathisers and operatives. So information shared by Israel with UNIFIL and the Lebanese Army invariably finds its way to Hezbollah.
Was this incident a staged and pre-planned ambush as evidenced by the presence of photographers and journalists even before the exchange of fire? Were these journalists there precisely because they had advance notice of a potential flashpoint?”
Und in diesem Zusammenhang verweist HonestReporting auch auf einen Artikel von Barry Rubin vom Global Research in International Affairs Center, in dem dieser feststellt [10]:
“The truth, however, is easy to ascertain–did Israel announce the maintenance, permit the photographers and UN people to watch and then cross deliberately into Lebanon?–but Israel is being portrayed as an aggressor that caused the outbreak of fighting. So millions of people will either believe that Israel was at fault or that the event is in question.
The narrative, however, is simple: In an unprovoked attack, Lebanese soldiers fired on Israelis and murdered one soldier.”
Alle diese Fragen werden ohne die Süddeutsche gestellt, alle Schlüsse ohne deren Redakteure gezogen. Weil man dort mit den mittlerweile zu Tage gekommenen Erkenntnissen seine Felle weg schwimmen sieht, weil Israel und die Soldaten am Grenzzaun nun plötzlich in einem etwas anderen Licht erscheinen, greift man tief in den Keller der Gehässigkeit, um wenigsten ein wenig noch die Stimmung gegen den Judenstaat aufbringen zu können. Zitat Süddeutsche [11]:
“Internationale Beobachtertruppen konnten die Situation am Mittwoch zunächst beruhigen, obwohl Israels Armee weiter Bäume und Sträucher im Grenzgebiet ausriss.
Die libanesische Armee reagierte aufgeschreckt, als israelische Bulldozer an der Grenze auffuhren. Nach Vermittlung der internationalen Beobachtertruppe Unifil konnten die israelischen Soldaten jedoch ungehindert Bäume und Gestrüpp im Grenzgebiet entfernen”
Na gut denn, liebe SZler, wenn’s so besser eurer Sache dient.
Mit tönendem Gruß
Der Moritatensaenger
[1] Ankündigung des News-Videos auf der Hauptseite und begleitende Beschreibung zum Video auf http://www.sueddeutsche.de/video/6471.html
[2] http://www.suedwatch.de/blog/?p=3563
[4] http://en.wikipedia.org/wiki/Hisbollah
[5] z.B. http://news.yahoo.com/s/afp/20100803/wl_afp/mideastconflictlebanonisraelarmy
[6] http://www.sueddeutsche.de/politik/nahostkonflikt-vier-tote-bei-kampf-um-einen-baum-1.983684
[8] http://www.un.org/Depts/Cartographic/map/dpko/unifil.pdf
[10] http://www.gloria-center.org/blog/2010/08/todays-media-bias-against-israel
1 Reaktion zu “Grenzzwischenfall”
Danke für diese ausführliche Richtigstellung!
Meiner Recherche nach lebt Avenarius in Kairo, vielleicht erklärt das seine merkwürdige Quellenauswahl (nicht wirklich!). Einzig für die Überschriften ist er vermutlich nicht verantwortlich, die werden oft in den Redaktionen gemacht.
Ich sah in Provinzzeitungen nicht selten Überschriften, die dem Inhalt der Artikel diametral widersprachen.