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Rohrkrepierer

21. Juli 2010 von Jaspis

Nach all dem teilweisen Unfug, der über den “Fall Brunner” oder den “Solln-Prozess” unter anderem von Christian Rost [1] [2] [3] in der Süddeutschen bzw. auf sueddeutsche.de hinterlassen wurde, sah nun endlich auch Heribert Prantl Handlungsbedarf.[4]

rohrkrepierer

Und Recht hatte er. Mit ein paar großen Worten stellt Prantl richtig, was vorher schon ganz arg verrutscht war, und führt aus:

Trotz der neuen Erkenntnisse war und bleibt der 50-Jährige ein mutiger Mann. Und die beiden Täter waren und bleiben Täter. Die Verhandlung findet vor Gericht statt - nirgendwo sonst.

Und vom Respekt, den der Mut Brunners verdient, ist nichts abzustreichen.

Er stellt klar, dass es in diesem Fall juristisch nicht relevant ist, dass Dominik Brunner einen Herzfehler hatte, denn

Wer auf einen Menschen einschlägt, kann nicht darauf vertrauen, dass sein Opfer völlig gesund ist. Wer einen Menschen mit Stiefeln traktiert, muss damit rechnen, dass sein Tun schreckliche Folgen hat, unmittelbar oder mittelbar.

Er stellt sich schützend vor die Staatsanwaltschaft, der von den Verteidigern natürlich, aber auch von der Presse zu Unrecht vorgeworfen wurde, die Erkenntnisse der Obduktion erst jetzt bekannt gegeben zu haben. Er wirft ein Wattebäuschchen auf die Medien:

In die Mediendebatte aber hat sich ein beleidigter Ton eingeschlichen - so, als müsse man einen Schuldigen dafür finden, Brunner vermeintlich zu viel gelobt, seine Schläger aber zu sehr verdammt zu haben. Manche meinen, diesen Schuldigen in der Staatsanwaltschaft entdecken zu können.

und er schließt mit dem Satz:

Gut, dass nicht ein Mediengericht, sondern die Justiz das Urteil fällt.



Wie wahr, wie wahr.


Fast hätte man sich über diesen Artikel überrascht, aber dankbar freuen können. Dass das dennoch nicht gelingen will, liegt nicht nur an der beinahe verlogenen Beteuerung

Und die Verhandlung beginnt nicht mit der Veröffentlichung von Fotos in der Zeitung, sie beginnt auch nicht mit dem Vorabdruck von Gutachten in den Medien, sondern mit dem “Aufruf zur Sache” im Gerichtssaal. Die Verhandlung findet vor Gericht statt: Das gilt für den Fall Kachelmann, und das gilt für den Fall Brunner.

die gerade was den Fall Kachelmann betrifft, blanker Hohn ist [5] [6] (da drängt sich die Frage auf, ob Heribert Prantl eigentlich sein eigenes Haus-Blatt nicht liest).

Es liegt auch nicht daran, dass man hier von einem zum Honorarprofessor einer Juristischen Fakultät berufenen Autor bei all dem juristischen Kuddelmuddel, das durch die Medien geistert, vergeblich auf ein paar Ausführungen zu den Themen atypischer Kausalverlauf , bedingter Vorsatz , Tötung im “Affekt” gehofft hat.

Nein, dass dieser Artikel nicht viel mehr ist als ein Rohrkrepierer, das liegt vor allem an der “Feststellung”, die Prantl treffen zu müssen meint:

Die Bewertung der Tat wird nun eher auf Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge hinauslaufen.

mit der vorausgegangenen Begründung

Im Fall Brunner hat die bisherige Verhandlung etwas Neues ergeben: Vieles deutet jetzt darauf hin, dass Brunner in der Bedrohungssituation zugeschlagen und damit die aggressiven Täter womöglich noch mehr gereizt hat. Das ändert nichts daran, dass er in Nothilfe für die Kinder gehandelt hat und sich selbst in Notwehr sah. Seine Tat bleibt der mutige, aber tödliche Versuch, Bedrohte zu schützen. Nicht das Herzversagen, sondern diese neuen Erkenntnisse über das Verhalten Brunners in hochgefährlicher Lage beeinflussen die bisherige Qualifizierung der Tat als Mord - weil sich die Gesamtwürdigung womöglich so verändert, dass sich das Mordmerkmal “niedrige Beweggründe” nicht mehr aufdrängt.

Und damit macht Prantl alles obsolet, was er vorher ebenso treffend wie gehaltlos ausgeführt hat.

Brunner hat sich schützend vor die Kinder gestellt, die zuvor von den Angeklagten angegriffen wurden. Dass diese vorausgegangene Bedrohung der Kinder stattgefunden hat, steht außer Zweifel.

Unklar ist jedoch der weitere Verlauf des Vorfalls vom 12. September 2009. Hier gibt es im wesentlichen zwei Varianten: Entweder, die Angeklagten waren vor der tödlichen Auseinandersetzung mit Dominik Brunner bereits “fertig” und wären gegangen. In diesem Fall träfen Prantls Ausführungen zu “dass Brunner in der Bedrohungssituation zugeschlagen und damit die aggressiven Täter womöglich noch mehr gereizt hat.” In diesem Fall hätte es aber auch schon keine Notwehr- oder Nothilfesituation mehr gegeben. Brunner hätte, was die Verteidigung natürlich darstellen möchte, die tödliche Auseinandersetzung erst selbst provoziert und initiiert.

Oder aber es verhielt sich so, wie bislang angenommen und auch von der Staatsanwaltschaft vorgetragen, dass die beiden Angeklagten noch lange nicht fertig waren:

“Im Verlauf der S-Bahnfahrt kündigten die Angeklagten mehrfach lautstark an, die Jugendlichen “abzuziehen”, heißt es in der Anklageschrift. Brunner habe die Angeklagten auf ihr Vorhaben angesprochen und angekündigt, dass er die Polizei rufen werde. Sebastian L. und Markus S. sollen geantwortet haben, dass ihn das einen “Scheißdreck” angehe. Brunner habe daraufhin die Polizei über Notruf informiert und angekündigt, mit den vier Jugendlichen in Solln auszusteigen. Auch die beiden Angeklagten verließen dort die S-Bahn, obwohl sie vorgehabt hatten, zwei Haltestellen vorher auszusteigen.

Detailliert schildert die Anklage die folgenden Geschehnisse auf dem S-Bahnsteig. “Die beiden Angeklagten folgten der Gruppe mit dem später Getöteten mit etwas Abstand und sprachen darüber, dass sie die Gruppe um Brunner angreifen würden.” Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten sie beschlossen, Brunner für dessen “unangemessenes und anmaßendes Eingreifen” während der Fahrt zu bestrafen. [8]

In diesem Fall herrschte sehr wohl eine Notwehr- und auch Nothilfesituation. Dass Brunner die Angeklagten mit seinem “Erstschlag” “provoziert” hat, mag schon sein. Schließlich hinderte er sie daran, ihrerseits den “Erstschlag” vorzunehmen. Das Mordmerkmal “niedrige Beweggründe” fällt damit aber keineswegs weg.

Welche der beiden Varianten die zutreffende ist, muss die Beweisaufnahme ergeben. Das Ergebnis kennt derzeit noch niemand.

Wenn Heribert Prantl dennoch der Ansicht ist, eine derartige Feststellung (noch dazu mit der falschen Begründung) zum jetzigen Zeitpunkt treffen zu können, hat er entweder eine gut funktionierende Kristallkugel - oder er hat selbst den Sinn seiner eigenen Worte nicht verstanden:

Die Verhandlung findet vor Gericht statt - nirgendwo sonst.

Und dabei wäre das so richtig.





Jaspis





[1] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen/vermischtes/brunner-prozess-in-muenchen-zwischen-mord-und-totschlag-1.976224
[2] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen/politik/der-fall-brunner-mord-oder-totschlag-zu-tode-erschreckt-1.976599
[3] http://www.suedwatch.de/blog/?p=3547
[4] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen/fall-dominik-brunner-das-grosse-herz-1.976620
[5] http://www.suedwatch.de/blog/?p=2791
[6] http://www.suedwatch.de/blog/?p=2761
[8] http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/land-welt_artikel,-Jugendliche-Schlaeger-spielen-Todesattacke-auf-Dominik-Brunner-herunter-_arid,106274.html

Geschrieben in Prantl-ismus | 0 Kommentare

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Übersetzung von Fabian Künzel