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“Man muss eine Lüge nur sooft wiederholen, bis man selber daran glaubt”

16. März 2010 von moritatensaenger

“Man muss eine Lüge nur sooft wiederholen, bis man selber daran glaubt”. Gesagt haben soll das Josef Goebbels, anheim gefallen scheint dieser zweifelhaften Philosophie in den letzten Monaten aber Dr. Peter Münch. Dem Ressortleiter der SZ, mit einem Magister in Geschichte und einem Doktor in neuerer Geschichte gewiss gut gerüstet, kann man mit Sicherheit unterstellen, dass er sich auch der jüngeren Geschichte Jerusalems und den damit verbundenen geographischen wie politischen Gegebenheiten bewusst ist. Trotzdem beschreibt er in seinem Kommentar vom letzten Donnerstag [1] auf sueddeutsche.de ein derart unzutreffendes Bild der Realität, dass sich der Verdacht gezielter, manipulativer Falschdarstelllung nicht mehr von der Hand weisen lässt. Anders als Münch dort behauptet, errichtet Israel im von ihm beanstandeten Fall…



text1munch



…keine “Wohnungen im arabischen Ostteil von Jerusalem”. Warum? Nun, es ist schon deshalb nicht möglich, dass diese Wohnungen in einem “arabischen Ostteil von Jerusalem” erbaut werden, weil Ramat Shlomo [2]…



ortsschild



…, die seit 1995 bestehende, etwa 18.000 Seelen zählende jüdische Siedlung, auf deren Gebiet die im Kommentar Münchs erwähnten neuen 1600 Behau- sungen errichtet werden sollen, nach dem Teilungsplan der Vereinten Nationen kein arabisches Territorium ist, es deshalb also auch nicht zu einem behaupteten “arabischen” Ostteil Jerusalems gerechnet werden kann. Ramat Shlomo liegt vielmehr in unmittelbarer südwestlicher Nachbarschaft zu Schu’fat…



lage-ramat-shlomo1



…und damit innerhalb des am 29.November 1947 in Resolution 181 als Corpus Separatum [3] festgelegten neutralen, weder Israel noch den Arabern zugesprochene Gebietes (weiße Fläche incl. Jerusalem Stadt, Bethlehem, Beit Jala und Beit Sahur):



corpus-separatum2



Will man den Bau von Wohnungen in diesem Gebiet kritisieren, dann müsste die Kritik generell auch den Bau palästinensischer Wohneinheiten im Jerusalem des Corpus Separatum umfassen. Genaugenommen dürfte es dann in einem Jerusalem innerhalb dieser Grenzen -egal ob in arabischen oder jüdischen Ansiedlungen- keinerlei städtebauliche Aktivitäten geben. Dieses Verlangen aber wäre angesichts der Anforderungen einer natürlich wachsenden 800.000-Einwohner-Metropole reichlich naiv. Es wird also auch weiterhin in Jerusalem gebaut werden -müssen- und dies selbstverständlich sowohl für die Juden als auch für die Palästinenser. Dass nicht nur die Juden in ihren Ansiedlungen innerhalb des Corpus Separatum neue Häuser bewohnen, sondern eben auch die Araber, das belegt sehr schön ein Blick auf die modern bebaute Peripherie von jenem Shu’fat (Shuafat)…



shuafat



…dessen jüdische Nachbarsiedlung Ramat Shlomo wegen des Wohnungsbaus bei Peter Münch an den Pranger gestellt wird. Warum also jetzt die ganze Aufregung? Nun, es ist nicht neu, dass Baumaßnahmen für Juden regelmäßig lautstark “kritisiert” werden, während gleiches, wenn etwa durch die Jerusalemer Stadverwaltung für die Araber genehmigt, ebenso regelmäßig wie bewusst verschwiegen wird. Kollegin Jaspis hat das erst im November [5] überdeutlich -ebenfalls mit Bezug auf Münch- nachgewiesen. Im Fall um die 1600 Wohnungen in Ramat Shlomo unterschlägt der SZ-Ressortleiter aber auch eine andere wichtige Information, die einen korrekten Blick auf die Situation ermöglichen würde. Münch schiebt dem Ministerpräsidenten Israels, Benjamin Netanyahu, den Schwarzen Peter zu und stellt es so dar, als hätte der mit der Ankündigung der Baumaßnahmen eine Vereinbarung zwischen den Amerikanern und Israel gebrochen:
“Deutlich wurde dies bei [Obamas] Kairoer Rede, die mittlerweile nur noch so weit als historisch gelten kann, als dass sie längst Geschichte ist. Dort war Obama offen auf die arabische Welt zugegangen und hatte von Israel explizit einen Stopp des Siedlungsbaus in den besetzten Gebieten gefordert. Hätte er in diesem Moment einen Partner auf israelischer Seite gehabt, vielleicht wäre er weit gekommen auf diesem Weg - vielleicht gar bis zu einem Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Doch in Israel wartete kein Partner, sondern Benjamin Netanjahu, und was diesem Premier an Visionen fehlt, kompensiert er mit Finten und Finessen.[...] Das musste nun Vizepräsident Biden mit aller Macht erleben: Er predigte gerade noch die unverbrüchliche Freundschaft, da kündigte das israelische Innenministerium den Neubau von 1600 Wohnungen im arabischen Ostteil von Jerusalem an. Das ist Provokation, ja es zeugt von Hybris - der kleine Partner führt den großen vor.” [Einfügung Moritatensaenger]

Das kommt insofern einer Lüge gleich, als Netanyahu sehr wohl auf die Bemühungen des US-Präsidenten reagierte. Bereits etwas über 5 Monate nach der Kairoer Rede Obamas -und das ist in einer Parlamentarischen Demokratie mit so unterschiedlichen an der Regierung beteiligten Parteien wie in Israel eine relativ kurze Zeit- beschloss die israelische Regierung unter Federführung von Benjamin Netanyahu am 24.11.2009 einen zehnmonatigen Baustopp für jüdische Siedlungen. Ausgenommen, und das wurde damals schon klargestellt, dürfte heute also keine Überraschung und erst recht kein Eklat mehr sein, Baumaßnahmen in Ostjerusalem und ausgenommen Baumaßnahmen, die zum Stichtag bereits begonnen waren.

Daran hat sich Netanyahu absolut wortgetreu gehalten. Es kann also keinesfalls von einer Provokation gegenüber den USA die Rede sein, denn deren Präsident und deren Verhandlungsführer kannten und kennen selbstverständlich die Bedingungen des -einseitigen- Entgegenkommens der Israelis. In den Ruch einer Provokation geriet das Bauprojekt  zwar auch durch den behördlicherseits unglücklich gewählten Zeitpunkt seiner Bekanntmachung , aber vor allem durch die Propaganda der “Israelkritiker” vom Schlage Peter Münch in den Mainstream-Medien. Und ein Gutteil der jetzt mürrischen Reaktion der Amerikaner rührt nicht aus einer realen Provokation, sondern aus dem Umstand, dass es sich -offensichtlich- kein Verhandlungsführer und erst recht kein Vize-Präsident der Vereinigten Staaten leisten kann oder will, auf das Medien weite, konzertierte Behaupten einer Provokation nicht “provoziert” zu reagieren.

Abschließend aber noch eine Bemerkung: Die Definition eines Teiles israelischen Gebietes als eindeutig “arabisches Ostjerusalem” steht auf tönernen Füßen. Es sei daran erinnert, dass die Araber -im Gegensatz zu den Juden- den Teilungsplan der Vereinten Nationen ablehnten und damit scheitern ließen. Genau genommen gibt es also keinen, in einem erfolgreichen Teilungsplan begründbaren arabischen Teil Palästinas. Damit nicht genug überfielen die Araber die Juden und das neugegründete und völkerrechtlich anerkannte Israel im Mai 1948 und hielten -gegen jedes Völkerrecht und sowieso gegen den Teilungsplan- beinahe 20 Jahre weite Teile Jerusalems -und Palästinas- widerrechtlich besetzt. Und “besetzt” heißt hier, dass, anders als Israel das je praktizierte, allein im jahrhundertealten jüdischen Viertel Alt-Jerusalems 60 Synagogen vollständig zerstört, im weiteren Jerusalem dreiviertel aller jüdischen Gräber -nämlich 38.000- geschändet und darüber hinaus alle Juden vertrieben wurden. Der damalige Befehlshaber (und spätere Military Governor des jordanisch besetzten Jerusalems) des Teiles der Transjordanian Arab Legion (al-Jaysh al-Arabī), der Jerusalem eroberte, Lieutenant Colonel Abdullah el Tell…



abdullah-el-tel(Abdullah el-Tell -links- zusammen mit General David Shaltiel -rechts- 1848 bei den Verhandlungen zur Kapitulation der israelischen Truppen um Jerusalem)




…, schrieb in seinen Memoiren (Kairo, 1959) den denkwürdigen Satz:

“Das heilige Jerusalem ist von Juden rein [sic!!!] geworden; zum ersten Mal in tausend Jahren ist nicht ein einziger Jude darin geblieben.”

Dieser Spruch als Maxime galt jene 19 Jahre lang, in denen den Juden jeder Zutritt zu ihrer heiligen Stadt und zu ihren ihren heiligen Stätten verboten war, bis Israel Jerusalem schließlich im Sechstagekrieg eroberte….und seither trotz allen arabischen Terrors und Hasses gewährleistet, dass Juden und Araber wieder in Jerusalem leben und ihrem Glauben in den alten Heiligtümern und Gotteshäusern Raum geben können. Wer unter diesen Umständen von einem “arabischen Ostjerusalem” spricht oder schreibt -egal ob aus dumpfen Antisemitismus oder einfach nur aus Geistlosigkeit-, der anerkennt lediglich den schändlichen Überfall der Araber von ‘48 nebst der dadurch geschaffenen Gegebenheiten, aber er beschreibt keinen objektiv oder moralisch seriös begründeten Status quo. Wenn er etwas klar beschreibt, dann bestenfalls seine eigene moralische Verfassung. Oder die Wirksamkeit des Spruches: “Man muss eine Lüge nur sooft wiederholen, bis man selber daran glaubt”.




Mit tönendem Gruß



Ihr Moritatensaenger



[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/389/505579/text/

[2] http://en.wikipedia.org/wiki/Ramat_Shlomo

[3] http://en.wikipedia.org/wiki/Corpus_separatum

[4] Google Maps, Suchbegriff: „Ramat Shlomo, Jerusalem, Israel”

[5] http://www.suedwatch.de/blog/?p=2084




Geschrieben in Antisemitismus, Halbwahrheiten, Israel/Nahost | 2 Kommentare

2 Reaktionen zu ““Man muss eine Lüge nur sooft wiederholen, bis man selber daran glaubt””

  1. am 30 Mär 2010 um 17:281Benjamin

    Kurzer Hinweis,
    bei der Bildunterschrift zu Abdullah el Tell hat sich ein Fehler eingeschlichen, sollte wohl 1948 heißen und nicht 1848 :-)

  2. am 14 Sep 2011 um 23:502suedwatch.de » Blog Archiv » “Der Autor war von 1987 bis 1998 Staatsminister im Auswärtigen Amt.”

    [...] haben,  doch solche Mühe gegeben, ihn wirklich und sämtlich “judenrein” zu machen [2] [3] und diese Israelis machen das einfach wieder rückgängig. Wirklich unerhört. Da ist auch nur [...]

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