Helden am Schreibtisch
12. November 2009 von moritatensaenger
In den heiß umkämpften Redaktionsräumen der Süddeutschen, wo jeder mit harten Bandagen um das Überleben in der nächsten verlagseigenen Einsparungsrunde kämpft [1], weiß man/frau ganz genau, wer es wirklich verdient hat, ein “Held” genannt zu werden, und wer nicht. Nicht verdient hat es offensichtlich die zweifache Mutter und US-Polizistin Kimberly Denise Munley, von der man bisher annahm, dass sie es war, die den muslimischen Amokläufer Nidal Malik Hasan am 5. November im United States Army post Fort Hood stoppte. Die Süddeutsche bezeichnet Sergeant. Kimberly D. Munley deshalb am heutigen Donnerstag als….
[2] [Hervorhebung Moritatensaenger]
Zur Erinnerung: Fest steht, dass Sergeant Munley wenige Minuten nach Kenntnis des Notrufs -man spricht präzisierend von 3 Minuten !!!- am Tatort eintrifft. Sie springt unverzüglich aus ihrem Wagen und trifft auf den Amokschützen, der -ein Gebäude verlassend- ein angeschossenes Opfer verfolgt. Mehr oder weniger zeitgleich, auch hier sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, trifft ein weiterer Polizist, Senior Sergeant Mark Todd, am Ort des Geschehens ein. Nach dessen Aussage eröffnen der Amokläufer, Sergeant Munley und auch er nahezu gleichzeitig das Feuer. Officer Kimberly Denise Munley wird dabei von drei Geschossen schwer getroffen.
Unabhängig davon, wer nun letztlich den muslimischen Amokläufer (und im Mai 2009 erst vom Hauptmann zum Major beförderten Militärpsychiater) Nidla Malik Hasan mit den Geschossen aus seiner Waffe stoppte -auch der rechtsmedizinische und der ballistische Bericht stehen ja noch aus-, steht wohl fest, dass eine ganze Menge an persönlicher Stärke, an Charakter und wohl auch an Heldentum dazu gehören, in solch einer Situation bewusst das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, um weitere Opfer zu verhindern. Kimberly Denise Munley ist deshalb ganz ohne Zweifel eine Heldin, egal ob ihre Schüsse den Amoklauf beendeten, oder die ihres nicht weniger heldenhaften Kollegen Mark Todd.
Die Herabwürdigung Munleys zur “Zweifelhaften Heldin” (Synonym für “zweifelhaft”: u.a. dubios, fragwürdig, halbseiden, anrüchig) dagegen entspringt bestenfalls einem Intrigen-Heldentum, wie es heute wohl in den Großraumbüros trudelnder Zeitungsverlage gang und gäbe ist.
Dass man bei der Süddeutschen auch dem Täter wenig Respekt entgegen bringt, das offenbart sich im weiteren Verlauf des Artikels. Dort schreibt der Autor:
Auch eine Woche nach dem Blutbad ist das Motiv des 39-jährigen Militärpsychiaters noch immer rätselhaft.” [Hervorhebung Moritatensaenger]
Diese Behauptung muss Nidla Malik Hasan um so mehr treffen, als dieser sich in der jüngeren Vergangenheit mehr als deutlich islamischem Extremismus zugewandt hat und seine Morde gar unter “Allahu Akbar!”-Rufen [3] verübte. Was, so stellt sich die Frage, muss ein radikaler Muslim tun, damit ihm besserwisserische Ungläubige seinen religiösen Extremismus zugestehen und sie ihn -und seinen Glauben- nicht zusätzlich beleidigen, indem sie ihm unterstellen, sein von einem fremden Schlüssel zerkratzter Honda Civic…
“A report filed with Killeen police on Aug. 16 indicates that Hasan’s vehicle, a 2006 Honda Civic, had been scratched by an unknown object causing an estimated $1,000 worth of damage.” [4]
….spielte eine maßgeblichere Rolle als sein religöser Eifer?
Wie auch immer, ein tragische Geschichte: das Attentat für die Betroffenen, der dumme Artikel für den Süddeutschen Verlag. Erlauben Sie mir deshalb, zum Ende noch einen augenzwinkernden und etwas aufheiternden Blick auf die journalistische Qualitätsarbeit bei der SZ zu werfen. Dort schrieb man zum Motiv des Täters:
Auch eine Woche nach dem Blutbad ist das Motiv des 39-jährigen Militärpsychiaters noch immer rätselhaft. Hasan sei offenbar ein in Beziehungsdingen glückloser Einzelgänger, dessen Profil eher einem Massenmörder ähnele als einem Terroristen, sagte Kriminologe Pat Brown dem US-Fernsehsender CNN.
In den vergangenen Tagen war der Verdacht laut geworden, religiöse Verblendung habe möglicherweise zu der Bluttat geführt. US-Geheimdienste hatten zahlreiche E-Mails Hasans an einen radikalen islamischen Prediger abgefangen, den 39-Jährigen aber nach einer Überprüfung als harmlos eingestuft. Brown hält hingegen persönliche Probleme für wahrscheinlicher. ‘Er ist einfach ein einsamer Typ, der Schwierigkeiten hat und psychopathisches Verhalten an den Tag legte’, sagte der Kriminologe: ‘Das ist dann zu einem Punkt ausgeufert, dass er sich an der Gesellschaft rächen wollte und es an seinen Kollegen ausließ, wie es häufig geschieht.’ [Hervorhebungen Moritatensaenger]
Der Kriminologe Pat Brown wird sich bedanken. Warum? Sie gestatten dass ich ihn vorstelle:
Ms. Pat Brown, Inhaberin der Pat Brown Criminal Profiling Agency (1380 Monroe Street NW, Washington DC) [5] und gut beschäftigte amerikanische TV-”Profilerin”.
Wir können wohl alle nur hoffen, dass uns in Notsituationen eher “zweifelhafte Helden” vom Schlage einer Kimberly Denise Munley zur Seite stehen, die in Sekunden -die richtigen- Entscheidungen treffen, als heldenhafte Schreibtischhengste/-stuten von der Süddeutschen, die auch noch nach Jahren nicht vernünftig recherchieren können.
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger
[2] http://www.sueddeutsche.de/panorama/921/494260/text/
3 Reaktionen zu “Helden am Schreibtisch”
Heißa, wäre das ein gefundenes Fressen für die Blogschreiber, wenn die SZ geschrieben hätte, der Attentäter sei erschossen worden. Genüßlich würde ausgewalzt, wie ein Toter bereits wieder ansprechbar ist und wahrscheinlich bald seine gerechte Strafe erhalten wird (die natürlich bei dem offensichtlichen islamistischen Hintergrund besonders hart sein muss).
Da nun aber die Blogschreiber selbst erschießen mit niederschießen verwechselt haben, wird der Fehler wohl stillschweigend ausgebessert werden, als sei nichts gewesen.
Sie haben Recht, lieber Tellerwäscher, wenn Sie die Verwendung des Begriffs “erschossen” monieren. Natürlich wurde Nidal Malik Hasan bei dem Schusswechsel nicht getötet sondern nur -schwer- verletzt. Ich habe die entsprechende Wortwahl korrigiert und darüber hinaus im weiteren Verlauf den “pathologischen Bericht” durch “rechtsmedizinischen Bericht” ersetzt, um auch hier ein Missverständnis zu vermeiden. Besten Dank für Ihre aufmerksame Unterstützung.
Ihr Moritatensaenger
Ich denke das ist eh nur ne Modeerscheinung.