Copy & Paste bei der SZ ?
30. September 2009 von moritatensaenger
Da heulen sie unisono auf, die Filmschaffenden und Filmgeschaffenen, die Künstler und Gekünstelten: Einer der ihren wird geradewegs auf dem Spurt zu einer der dort überlebenswichtigen wechselseitigen “Ehrungen” vom schnöden Arm des Gesetzes in den Knast gezwungen. Roman Polanski geht vorerst nicht über LOS, nimmt nicht auf dem 5. Züricher Filmfestival den Preis für sein Lebenswerk entgegen, fährt danach nicht nach Deutschland um 25.000 Euro für den Filmpreis in Köln einzuziehen, sondern verschwindet, wenn alles zum Leidwesen seiner Kultur-Groupies verläuft, für einige Zeit dort, von wo er sich 1978 durch Flucht abgesetzt hat: In den USA.
Worüber ich jetzt nicht schreiben will ist meine Verwunderung, wie ungerührt (wenn nicht mancher sogar angetan) man bei Künstlers der Tatsache begegnet, dass ein 44-Jähriger ein 13-jähriges Mädchen unter Alkohol und Drogen setzt und zu Oral-, Vaginal- und Anal[!!]verkehr zwingt.
Worüber ich nicht schreiben will ist mein Erstaunen, dass die Todesängste einer 13-jährigen, die es, allein mit einem erwachsenen Mann, nicht wagt, sich der sich ankündigenden Vergewaltigung durch eine “Szene” zu widersetzen, …..
….dass also deren Todesängste die sonst so fix vor Betroffenheit zerfließenden MeisterInnen der Fassade keinen Deut bekümmern; und worüber ich nicht schreiben will ist meine Beklemmung über die Psyche eines Mannes, dessen Ehefrau und ungeborenes Kind einem bestialischen Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen war [2], und der sich trotz alledem in der Lage sah, einige Jahre später selbst ein Gewaltverbrechen an einem wehrlosen Mädchen zu verüben und sie in solche Pein zu versetzen, dass die erwachsene Frau heute, über 30 Jahre später, wenn sie dem Täter auch nach außen “vergeben” hat, einem möglichen neuen Prozess und einer erneuten Konfrontation mit der früheren Tat mit Schrecken entgegen sieht.
Nein, mein Ansatz für diesen Beitrag streift zwar das Thema Polanski, geht aber in eine etwas andere Richtung. Sueddeutsche.de brachte gestern einen Artikel [3]….
….dessen Wortlaut sich -blockweise umgebaut- auch in einer Verlautbarung auf der Seite der menschlich tief erschütterten (vom Ausbleiben des Zugpferdes, nicht vom Gedanken an die Tat) Betroffenen von Cologne Conference [4] findet. Beispiel (den Rest darf sich der geneigte suedwatch.de-Leser gern selbst zusammenstöbern, ist unterhaltsam wie ein Suchbild):
(SZ)
(Cologne Conference)
Die SZ zeichnet den Artikel mit “(sueddeutsche.de/jja)”, Cologne Conference mit “Simone Höller”. Wäre interessant zu erfahren, wer hier von wem geklaut hat, wobei den Moritatensaenger eine finstere Ahnung beschleicht……!
Jedenfalls: Aufmerksam gemacht, auf diesen “netten” journalistischen Lapsus (und den Moritatensaenger auf die Spur gesetzt), hat bereits vor einem Tag ein Kommentator, der unter dem entsprechenden Artikel in der SZ anmerkte:
Derartige konstruktive Kritik bedeutet bei den Moderatoren des Kommentarbe- reichs und in der Redaktion der SZ allerdings noch lange nicht, dass ein Fehler oder eine Peinlichkeit korrigiert wird. Copy & Paste ist eben auch in vollbeschäftigten Münchner Redaktionsbüros kein “don’t” mehr.
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger
[1] http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/europe/article6851581.ece
[2] http://www.suedwatch.de/blog/?p=1668
[3] http://www.sueddeutsche.de/kultur/6/489393/text/
[4] http://www.cologne-conference.de/programm/aktuelles/cologne-conference-ohne-roman-polanski/
2 Reaktionen zu “Copy & Paste bei der SZ ?”
Gehts noch? Es kann doch einfach nicht wahr sein, dass ihr nichts besseres findet als so etwas?? In der ganzen SZ. Und der Online-Seite. Nichts besseres??
Das da oben ist ein Absatz, der so wahrscheinlich auch in den Agenturen stand. Es sind die Fakten. Die reinen Fakten.
Natürlich könnte man jetzt auch schreiben. “Während Roman Polanski am Samstag zum Filmfest anreiste, wurde er festgenommen. Bei der Festnahme beriefen sich die Behörden auf einen internationalen Haftbefehl gegen den Regisseur.”
Und dann? Dann hättes es diesen Beitrag nicht gegeben?
Macht Euch doch nicht noch lächerlicher, als ihr es sowieso schon tut.
Lieber Jürgen,
schön dass es Sie doch wieder auf unseren Blog getrieben hat. Für Sie und vielleicht als allgemeine Erläuterung:
Die Kennzeichnung “(sueddeutsche.de/jja)” bedeutet, dass es sich um einen Artikel aus dem Hause SZ handelt und nicht um eine Agenturmeldung. Agenturen legen, das können vielleicht selbst Sie sich vorstellen, gesteigerten Wert darauf, dass Zitate aus ihren Meldungen entsprechend gekennzeichnet sind.
Aber ich gebe Ihnen dahingehend Recht, dass jeder Leser einen anderen Anspruch an das Medium stellt, aus dem er seine Informationen bezieht. Manchem genügt eben auch Boulevard, und wie Sie mit Blick auf unseren Header feststellen können, nutzen auch wir die Süddeutsche ihrem Niveau entsprechend.
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger