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“Grenzverletzer sind zu stellen oder zu vernichten.”

15. August 2009 von Jaspis

Im Tod sind alle gleich, sagt Thorsten Denkler. Dagegen wäre nichts einzuwenden - wollte uns Thorsten Denkler nicht über die Hintertür des wahren Satzes eine Kröte schlucken lassen, deren bitterer Nachgeschmack noch lange bleibt.

Eine Gedenkwand für die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961-1989 („Fenster der Erinnerung“) wird es in Berlin geben und ein Buch ist herausgegeben worden. Das Buch “Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961-1989. Ein biographisches Handbuch” der Historiker Hans-Hermann Hertle und Maria Nooke vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam dokumentiert und führt alle, nach den gewonnenen Erkenntnissen der an und wegen der Mauer Getöteten auf, darunter auch acht Grenzsoldaten. In der Gedenkwand erhalten die Todesopfer des Vernichtungsbefehls des DDR-Regimes, dem die Vereitelung der Flucht wichtiger war als das Leben der Flüchtlinge, eine Erinnerungsstätte, aber auch ein Mahnmal. Die Frage stellte sich nun: Sollen auch die acht Grenzsoldaten in dem „Fenster der Erinnerung“ erscheinen oder nicht?

Die Diskussion darüber fand am 3. Juli 2009 in der Beiratssitzung statt [1] . Einleitend unterstrich der Beiratsvorsitzende,

dass man über eine Grundfrage unserer Gedenkkultur zu verhandeln habe, da im Kern mehr zur Debatte stehe als „nur“ die Gedenkwand. Letztlich gehe es darum, welche Aussage man an prominenter Stelle über die SED-Diktatur treffe; über die Menschen, die in ihr lebten, unter ihr litten und durch sie sogar zu Tode kamen. Die heutigen Erörterungen hätten eine beträchtliche menschliche, historische, moralische und politische Dimension, obgleich die zur Entscheidung stehende Frage einfach klinge: Sollen neben den 128 Menschen, die an der Mauer zu Tode kamen und die nicht im Grenzdienst standen, auch die acht ums Leben gekommenen Grenzsoldaten Aufnahme in die geplante Gedenkwand finden („Fenster der Erinnerung“)?

Es wurde auf die Entfernung der Denkmäler des DDR-Regimes verwiesen, mit denen die getöteten Grenzsoldaten als Helden geehrt wurden.

Man könne im Nachhinein zwar der Meinung sein, es wäre besser gewesen, das Grenzerdenkmal stehen zu lassen und durch entsprechende Hinzufügungen und Erläuterungen zu kontextualisieren. Gegenüber der Position der frühen 1990er-Jahre jedoch eine 180-Grad-Wendung zu machen und die Grenzer nunmehr sogar in das aktuelle gesellschaftliche Gedenken aufzunehmen, dürfte schwer nachvollziehbar und vermittelbar sein.

Aus der Diskussion:

In den Gesprächsrunden und Vorarbeiten zum Wettbewerb für die Erinnerungslandschaft Bernauer Straße habe man immer wieder einhellig herausgearbeitet, dass es ein Narrativ der Gedenkstätte gebe, das etwa so laute: Eine Diktatur verweigert ihren Bürgern mit Befestigungen und Waffengewalt die Freiheit, ihr Land zu verlassen, aber die Menschen kämpfen um diese Freiheit, leiden (und sterben manchmal) für ihren Freiheitswillen, und erkämpfen sich letztlich diese Freiheit.

Im „Fenster der Erinnerung“ kulminiere dieses Narrativ und werde zum würdigenden, ja ehrenden Gedenken für diejenigen, die dem von der Diktatur errichteten Bollwerk zum Opfer gefallen sind. Es handele sich kategorial um eine bewusste Denkmalsetzung und damit um einen Akt, der in unserem Kulturkreis (wie auch in anderen) selbstverständlich immer mit einer Ehrung einherginge. Das Denkmal enthalte somit mehr als nur die Aussage: „Wie traurig, dass Menschen an dieser Grenze und wegen dieser Grenze ums Leben gekommen sind.“ Es bedeute die unverzichtbare Positionierung der heutigen Gesellschaft und der staatlichen Institutionen, ihre eindeutige Stellungnahme für diejenigen, die für ihr Freiheitsstreben gestorben sind. Die im Dienst ums Leben gekommenen Grenzer aufzunehmen, würde dieses Narrativ der Bernauer Straße sprengen und das Denkmal insgesamt entwerten, denn es seien die Grenztruppenangehörigen gewesen, die die Grenze zum tödlichen Hindernis machten; sie seien das letztlich entscheidende Werkzeug der Diktatur gewesen. Dass manche, vielleicht viele, der Grenzer unter dieser Rolle gelitten hätten, sei sehr wahrscheinlich und im Einzelfall sogar für Getötete belegt, könne hier aber keine Bedeutung haben. Denn was auch immer ihre persönlichen Gefühle und Gedanken gewesen seien: Solange sie im Sinne des Regimes „funktionierten“ und ihren Grenzdienst ausübten, hätten sie die Tödlichkeit der Grenze garantiert – allein schon durch ihre passive Anwesenheit, wie etwa im Falle der ertrunkene Kinder am Gröbenufer in Kreuzberg, die niemand zu retten wagte. Sicher hätten ihnen Repressalien gedroht, wenn sie sich dem Grenzdienst nachträglich hätten entziehen wollten. Das hätte Mut erfordert, doch gäbe es dafür zahlreiche Beispiele. Es ginge aber nicht um nachträgliche Verurteilung, denn wer nicht selbst in der Situation gewesen sei, sollte sich nicht überheben und rückblickend diesen persönlichen Mut einfordern.

Daraufhin referiert ein Mitglied eine andere, ebenfalls schriftlich vorliegende Position eines abwesenden Beirats. Der habe sich die 136 Beschreibungen der Opfer und die Umstände ihres Todes, soweit sie im Internet zugänglich sind, genau angesehen. Nach dieser deprimierenden Lektüre habe er Zweifel, ob einige der von Herrn Klausmeier in der Einladung zur Sitzung formulierten Fragen der Sachlage angemessen seien, denn die Frage, ob man Täter und Opfer vermischen dürfe, mache nur Sinn, wenn man jedem jungen DDR-Bürger, der an der Grenze Dienst tat (oder tun musste), schematisch Tötungswillen unterstelle. Grenzdienst zu leisten habe aber nicht automatisch Akzeptanz des Schießbefehls geheißen, zumal nicht wenige, die an der Grenze Dienst taten, selbst Fluchtpläne gehegt hätten. Die hier zur Diskussion stehenden Grenzsoldaten seien getötet worden und auch sie seien Opfer, mit der Ausnahme von Peter Göring. Sie seien keine Täter, die geschossen oder gar getötet haben; sie seien – wie alle anderen - Opfer des terroristischen Grenzsystems.

Für dieses Mitglied macht die Frage, ob man Täter und Opfer vermischen dürfe, nur dann Sinn, wenn man jedem jungen DDR-Bürger, der an der Grenze Dienst tat (oder tun musste), schematisch Tötungswillen unterstelle. Grenzdienst zu leisten, bedeutete aber nicht automatisch Akzeptanz des Schießbefehls. Die sieben Grenzsoldaten seien alle Opfer, denn sie wurden getötet. Mit Ausnahme von Peter Göring habe keiner geschossen oder gar getötet. Sie seien – wie alle anderen - Opfer des terroristischen Grenzsystems.

In der von der SED-Diktatur befohlenen Todeszone des Grenzregimes habe gewissermaßen Kriegsrecht und der Ausnahmezustand gegolten. Menschliche Normen wie Vertrauensvorschuss und Tötungshemmung seien suspendiert gewesen. Die humanistischen Mindeststandards, dass alles getan werden sollte, um Leben zu retten, seien suspendiert gewesen. Das „Fenster der Erinnerung“ solle deshalb aller Personen gedenken, die aufgrund des Grenzregimes zu Tode kamen, ob durch Unfälle, Unglücke, Schüsse.

Ein anderer Beirat sagt, als die Debatte aufkam, habe er sich ein wenig gewundert, welche Fragen im Zusammenhang mit der DDR-Geschichte diskutiert würden, die sich im Kontext der NS-Geschichte wohl von vornherein verböten. Er habe in den zurückliegenden Wochen seine Meinung durchaus modifiziert, aber nicht grundsätzlich geändert, und schildert, dass er bisher kategorisch gegen die Einbeziehung der Grenzsoldaten in die Gedenkwand gewesen sei, nicht zuletzt deswegen, weil sechs der acht der Grenzer sich freiwillig zur Bereitschaftspolizei gemeldet hätten und später zu den Grenztruppen übernommen worden seien. Bis auf eine hätten alle diese Personen eine Ehrung in der DDR erfahren, die Opfer dagegen hätten teilweise nicht mal ein Grab gefunden. Nicht zuletzt deshalb sei die Einbeziehung der Grenzsoldaten in das „Fenster der Erinnerung“ öffentlich nicht zu vermitteln. Es sei nun einmal so, dass die Mauer ohne Grenzsoldaten nicht denkbar sei.

Eine räumliche Trennung wurde vorgeschlagen, eine schlichte Dokumentation.

Ein anderes Beiratsmitglied problematisiert einleitend, dass es sich um eine historisch argumentierende Ausstellung handele, die zugleich ein emotionaler Ort sein solle. Zudem stellt er eine mögliche Hierarchisierung der Toten stark in Frage. Problematisch sei vor allem eine moralische Bewertung der Opfer. Er warne daher vor vorschnellen Entscheidungen. Das sog. „Fenster der Erinnerung“, das die Möglichkeit zu individueller Trauer eröffne, biete durchaus die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt „nachzurüsten“. Eine gesonderte Darstellung und ein Auseinanderdividieren von umgekommenen Grenzsoldaten und Nicht-Grenzsoldaten sowohl auf dem Gelände als auch auf der Gedenkwand führe aus geschichtsdidaktischen Gesichtspunkten nicht weiter. Eine demokratische Gesellschaft solle sich nicht anmaßen, derartige moralische Urteile zu fällen; sie müsse gegebenenfalls auch eine solche Gegenüberstellung aushalten, da der Prozess der Auseinandersetzung selbst sehr produktiv sein könne. Man solle die Diskussion noch weiter nach außen öffnen und nicht um jeden Preis bereits heute entscheiden.

Ein Mitglied sagt, das sog. „Fenster der Erinnerung“ sei das wichtigste Element der Gedenkstätte und der erweiterten Ausstellung sei. Er wolle von einem „Fenster des Nachdenkens“ sprechen. Er sei überdies zu der Auffassung gelangt, die Grenzer hätten sich dem Schusswaffengebrauch entziehen können. Einige aber seien an die Grenze gegangen, um selbst zu fliehen. Aus diesen Gedanken heraus ergebe sich: Das „Fenster der Erinnerung“ solle nur jene Menschen abbilden, die Zivilcourage bewiesen hätten. Nachdem etwa Frau Gueffroy zunächst die Integration der Grenzer ins „Fenster“ kategorial abgelehnt habe, habe sie inzwischen interessanterweise die Position eingenommen, dass eine funktionierende Demokratie die Einbeziehung der Grenzsoldaten aushalten müsse. Nach seiner Vorstellung sollten für die Grenzer acht Lücken mit einer entsprechenden Erklärung im „Fenster des Nachdenkens“ gelassen werden. Einer späteren Generation bliebe es vorbehalten, über den weiteren Umgang zu entscheiden.

Ein weiterer Sprecher:

Es sei zu einfach und schlicht falsch, die Schuld allein auf das System zu schieben. Zugleich sei mit der Legende aufzuräumen, dass im Tode alle gleich seien, denn „wir wollen von der Zivilcourage reden und das nicht durcheinander bringen. Die Versöhnung ist uns geschenkt worden, aus dem Schuldzusammenhang kommen wir nicht heraus; das ist die Aufgabe der Kapelle der Versöhnung - dies ist ein Prozess“. Es gehe also um die Taten vor dem Tod und nicht um die Toten. Es gehe seiner Auffassung nach um die Einsicht in die Schuld und um die Bewertung von Schuldfähigkeit, nicht um „billige Gnade“. Diese Bewertung sei wesentlich für die Aussage und den Auftrag der Gedenkstätte. Eine Bewertung und Differenzierung habe ohnehin bereits stattgefunden. Dabei folge er (mit Bezug auf das Buch „Die Berliner Mauer“, Bonn 2007, S. 104ff.) der von Hans-Hermann Hertle schon vor Längerem getroffenen Unterscheidung in

1. „Flüchtlinge, die zwischen 1961 und 1989 an der Berliner Mauer erschossen werden, verunglücken oder sich das Leben nehmen; Menschen ohne Fluchtabsichten aus Ost und West, die im Grenzgebiet erschossen werden oder verunglücken“ und
2. „Im Dienst getötete DDR-Grenzsoldaten, die durch Fahnenflüchtige, Kameraden, Flüchtlinge, einen Fluchthelfer oder einen West-Berliner Polizisten versehentlich oder verschuldet ums Leben kommen.“

Er rate dringend dazu, die getöteten Grenzsoldaten nicht in das sog. „Fenster der Erinnerung“ aufzunehmen, „minus der zwei, die geflohen sind“. Im Dokumentationszentrum müssen natürlich alle Mauertoten dokumentiert werden, so wie in den Andachten in der Kapelle selbstverständlich auch alle berücksichtigt würden.

beschluss

Der Beirat hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und ist zu seinem Beschluss durch Abwägung der verschiedenen Argumente gelangt. Das Ergebnis lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass die Grenzsoldaten selbstverständlich in einer Dokumentation erwähnt werden, das steht außer Frage. Geht es aber um das mahnende Gedenken, dann sind sie eben keine Opfer wie die von ihnen erschossenen Flüchtlinge. Sie waren es vielmehr, die das Regime mitgetragen haben, das anordnete:

„Grenzdurchbrüche sind auf keinen Fall zuzulassen. Grenzverletzer sind zu stellen oder zu vernichten.”

Ein Regime, das sich durchaus, wenn auch nur auf dem Papier, den internationalen Menschenrechtsabkommen verpflichtet hat.

Die internationalen Menschenrechtspakte bieten Anhaltspunkte dafür, wann der Staat nach der Überzeugung der weltweiten Rechtsgemeinschaft Menschenrechte verletzt. Hierbei ist der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. 12. 1966 (BGBl II 1973, 1534 - IPBPR -) von besonderer Bedeutung. Die DDR ist ihm im Jahre 1974 beigetreten (DDR-GBl II, 57); sie hat die Ratifizierungsurkunde am 8. 11. 1974 hinterlegt (GBl, aaO). Der Internationale Pakt (im Sprachgebrauch der DDR „Konvention über zivile und politische Rechte” genannt) ist für beide deutsche Staaten am 23. 3. 1976 in Kraft getreten (BGBl II, 1068; DDR-GBl II, 108). Allerdings hat die DDR es unterlassen, den Pakt gem. Art. 51 DDR-Verf. zum Anlaß für innerstaatliche Gesetzesänderungen zu nehmen und bei dieser Gelegenheit nach der genannten Verfassungsvorschrift von der Volkskammer „bestätigen“ zu lassen. An der völkerrechtlichen Bindung der DDR ändert dieser Sachverhalt nichts. Ein Staat kann sich „nicht durch eine Berufung auf seine innerstaatliche Rechtsordnung der Erfüllung von ihm eingegangener Verpflichtungen entziehen“ (Völkerrecht, Lehrb., Berlin-Ost 1981, I, S. 59); er ist „kraft Völkerrechts verpflichtet, im Bereich seiner innerstaatlichen Gesetzgebung entsprechend diesen Verpflichtungen zu handeln und sie zu erfüllen“ (aaO). Ergeben sich bei der Bewertung des Rechts der DDR Widersprüche zwischen den von ihr völkerrechtlich anerkannten Menschenrechten und der tatsächlichen Anwendung der Grenz- und Waffengebrauchsvorschriften, so kann dieser Widerspruch auch bei der Beurteilung der Frage berücksichtigt werden, ob derjenige rechtswidrig handelt, der auf staatlichen Befehl Menschenrechte verletzt, die durch den völkerrechtlichen Vertrag geschützt sind. Deswegen kann die Frage offenbleiben, ob entgegen der in der DDR vertretenen Auffassung (…) aus dem besonderen Inhalt des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte abzuleiten ist, daß schon die Ratifikation den Menschen in den Vertragsstaaten eine Rechtsposition gegenüber ihrem Staat verschafft hat. [2]

Die Verletzung der in den Art. 6 und 12 IPBPR garantierten Menschenrechte in ihrem spezifischen, durch die Verhältnisse an der innerdeutschen Grenze gekennzeichneten Zusammenhang macht es dem Senat unmöglich, bei der Rechtsanwendung die Vorschriften des § 27 DDR-GrenzG sowie des § 213 III DDR-StGB in dem Umfang, wie sie in der Staatspraxis der DDR verstanden worden sind, als Rechtfertigungsgrund zugrundezulegen. Die Verhältnisse an der Grenze waren auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und sozialen Nachteile, die für den betroffenen Staat mit einer starken Abwanderung arbeitsfähiger Menschen verbunden sein können, Ausdruck einer Einstellung, die das Lebensrecht der Menschen niedriger einschätzt als das Interesse, sie am Verlassen des Staates zu hindern. Der im DDR-Recht vorgesehene, in § 27 DDR-GrenzG bezeichnete Rechtfertigungsgrund hat deswegen von Anfang an in der Auslegung, die durch die tatsächlichen Verhältnisse an der Grenze gekennzeichnet war, keine Wirksamkeit gehabt. Bei dieser Auslegung ist das Verhalten der Angekl. nicht von dem Rechtfertigungsgrund des § 27 II DDR-GrenzG gedeckt gewesen; sie haben danach auch nach dem Recht der DDR einen rechtswidrigen Totschlag begangen. [2]

Das alles aber scheint Thorsten Denkler nicht zu erreichen. Bereits im Interview mit Maria Nooke [3] versucht er bereits, mit Fragen wie

Der Beirat der Gedenkstätte Berliner Mauer hat entschieden, dass die im Dienst getöteten Grenzsoldaten nicht in das geplante “Fenster des Erinnerung” aufgenommen werden sollen, mit dem der Maueropfer gedacht werden soll. Dürfen im Tod nicht alle Opfer gleich sein?

und

Ist es richtig, zwischen würdigen und unwürdigen Opfern zu unterscheiden?

darüber hinwegzugehen. Weder die Bedenken der Beiratsmitglieder können ihn beeindrucken, noch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Für ihn sind die noch vom DDR-Regime als Helden Verehrten

Grenzsoldaten, die in Erfüllung ihrer Dienstpflicht umkamen. [4]

Eine Dienstpflicht, die Thorsten Denkler so selbstverständlich erwähnt, als handle es sich um das Stempeln von Briefmarken in einem Postamt.

Der Bundesgerichtshof:

Die Befehlslage schloß „zur Vereitelung der Flucht auch die bewußte Tötung des Flüchtenden“ ein, falls mildere Mittel zur Fluchtverhinderung nicht ausreichten. Daß der Flüchtende den Westteil von Berlin erreichte, war danach „auf jeden Fall und letztlich mit allen Mitteln zu verhindern“. In der regelmäßig wiederkehrenden Vergatterung war nach den Feststellungen der „Kernsatz“ enthalten: „Grenzdurchbrüche sind auf keinen Fall zuzulassen. Grenzverletzer sind zu stellen oder zu vernichten.” Bei der Schulung der Grenzsoldaten galt als Faustregel: „Besser der Flüchtling ist tot, als daß die Flucht gelingt.” Das Interesse, die Flucht zu verhindern, hatte hiernach Vorrang vor dem Leben des Flüchtlings. Eine gelungene Flucht war „das Schlimmste, was der Kompanie passieren konnte, da sie der ihr gestellten Aufgabe nicht gerecht geworden wäre“. [2]

Und damit diese Dienstpflicht auch nicht ganz so schlimm erscheint, muss auch am Opfer-Bild gefeilt werden.

Es gab auch Flüchtlinge, die Grenzsoldaten erschossen haben, die später im Westen wegen Mordes oder Totschlages verurteilt wurden. Es gab auch Flüchtlinge, die sich durch die Flucht einer Strafverfolgung in der DDR entzogen haben.

Es befanden sich also nicht nur Heilige unter den Flüchtlingen, na also, dann ist ihr Opfer-Rang ja ohnehin nicht so hoch und die Frage

Sind diese acht des Erinnerns unwürdige Opfer, während alle anderen des Erinnerns würdig sind?

lässt sich leichter beantworten, wenn diese “alle anderen” ja ohnehin nicht so “würdig” sind. Dem setzt Denkler auch noch eins drauf und fragt

Wer will da entscheiden, wer Täter, wer Opfer war?

Diese Frage wäre leicht zu beantworten, stellte man sich den Tatsachen: Das Regime war mörderisch. Es setzte das Interesse, die Flucht zu verhindern, über das Leben des Flüchtlings.

Mit seinen Beschwichtigungen erreicht Thorsten Denkler weniger, dass auch der getöteten Grenzsoldaten gedacht wird, sondern er erreicht vor allem, dass der Schießbefehl - der zigfach ausgeführte Schießbefehl zur einfachen “Dienstpflicht” heruntergespielt wird.





Jaspis





[1] http://www.berliner-mauer-dokumentationszentrum.de/de/dokz_erweiterung-beirat.html
[2] BGH, Urteil vom 03.11.1992 - 5 StR 370/92
[3] http://www.sueddeutsche.de/politik/589/484030/text/
[4] http://www.sueddeutsche.de/politik/605/484046/text/

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