Dicht daneben ist auch vorbei
16. Juli 2009 von Jaspis
In
erzählt Andrian Kreye eine nette kleine Geschichte über einen netten kleinen Verschreiber. [1]
Im Arabischen wird “schwul” schnell mit “pervers” übersetzt. Da staunte Autor Michael Luongos, als sein neues Buch erschien: “Perverse Reisen durch die Welt der Moslems.”
führt Kreye aus, und dass das Buch nicht wirklich neu ist, sondern schon seit gut zwei Jahren auf dem Markt, ist dabei noch der geringste Murks.
Nun hat Luongos libanesischer Verlag den Titel nicht böswillig verzerrt. Für den Begriff “schwul” gibt es im Arabischen mehrere Wörter. Das Wort, das Arab Diffusion für die Übersetzung des Titels wählte, lautet “schas”. Nach Angaben des Verlages ist dieses das gebräuchlichste Wort für schwul. Allerdings wird es von arabischen Medien in erster Linie verwendet, um “unnatürliche” und “unzüchtige Akte” zu benennen. Und es bedeutet eben nicht nur homosexuell, sondern auch andersartig, unnatürlich oder pervers.
Es gäbe durchaus ein politisch korrektes Wort für schwul im Arabischen, das in den letzten Jahren von Wissenschaftlern und Journalisten bevorzugt wurde. “Jinsiya mislia”, und seine Kurzform “misli” bezeichnet so etwas wie eine artverwandte Liebe. Doch die meisten arabischen Bezeichnungen für Schwule, Lesben, Transsexuelle und ihr Liebesleben sind negativ besetzt.
windet er sich und versucht zu erklären, was nicht zu erklären ist: Natürlich hat der Verlag nichts “böswillig verzerrt”. Er hat sogar überhaupt nichts verzerrt, sondern lediglich ausgedrückt, was der Realität am nächsten kommt, was von Homosexuellen im entsprechenden Sprachraum zu halten ist: Sie werden als Perverse angesehen. Es mag schon sein, dass es auch “politisch korrekte” Ausdrucksweisen gäbe, aber schon der Autor selbst benutzt den umgangssprachlichen Begriff - seiner Sprache. Der wird dort zwar mitunter verächtlich verwendet, aber von “pervers” ist er meilenweit entfernt, insbesondere auch, was die Sanktionen betrifft, die Homosexuelle von staatlicher Seite zu erwarten haben. Da kann Andrian Kreye schon betonen
Nicht dass die staatliche Verfolgung Homosexueller auf die arabische oder moslemische Welt beschränkt wäre. In 93 Ländern steht Homosexualität noch heute unter Strafe.
aber er sieht offensichtlich selbst nicht, dass gerade die Länder, die er zuvor und in der Folge als diejenigen aufzählt, in denen Menschen hingerichtet werden für das Natürlichste der Welt, nämlich einen anderen Menschen zu lieben,
Iran, Mauretanien, in den islamischen Bezirken Nigerias und im Sudan
In Saudiarabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Jemen wird Homosexualität sogar mit dem Tod bestraft.
gerade ebensolche sind.
Die Beschwichtigungsversuche Andrian Kreyes können nicht davon überzeugen, dass der libanesische Verlag nicht genau das ausgedrückt hat, was er auch ausdrücken wollte. Auch wenn er den “Verschreiber” so niedlich darstellt, dass man fast kichern müsste - bliebe nicht manchen Betroffenen ihr Kichern im strangulierten Halse stecken.
Jaspis
[1] http://www.sueddeutsche.de/kultur/93/480572/text/
1 Reaktion zu “Dicht daneben ist auch vorbei”
Es sei daran erinnert, dass in Deutschland vor weniger als 20 Jahren die Homosexualität - also das natürlichste auf der Welt laut Jaspis - auch noch unter Strafandrohung stand. In Bayern wurde bis vor kurzem die Liebe zweier Menschen so hoch geachtet, dass ihnen sogar die Türen des Standesamtes verschlossen blieben und der Bund fürs Leben zwischen einer Grundschuldbestellung und einer GmbH-Gründung vor dem Notar geschlossen werden musste.
Es ist immer lustig zu sehen, wie die Feinde des Islam plöztlich in einer Art und Weise Freunde der Homosexuellen werden, die man ihnen zumeist gar nicht zugetraut hätte.