Verbalkosmetik für Terroristen
16. Juni 2014 von Jaspis
Trotz des Terrors und der Drohungen der Taliban haben sich die Menschen in Afghanistan nicht davon abhalten lassen, zur Wahl zu gehen. Gott sei Dank. Aber der Preis war hoch und die Angst dürfte noch viel größer gewesen sein. So gesehen ist das durchaus ein Grund zum Jubel, wie ihn auch sueddeutsche.de ausruft [1]
Die Taliban in Afghanistan erleiden eine Niederlage: Vor der Stichwahl haben sie mit Anschlagen gedroht und die Menschen eingeschüchtert. Millionen Afghanen lassen sich davon aber nicht beeindrucken und gehen wählen.
Doch so harmlos, wie hier geschildert, war das Ganze nicht.
Trotz vereinzelter Anschläge und Angriffe verlief die zweite Runde der Präsidentenwahl relativ ruhig, wie afghanische Medien berichten. Die befürchtete Gewaltwelle der islamistischen Kämpfer blieb aus - dennoch kamen laut Innenministerium am Wahltag mindestens 66 Menschen durch Raketen, Bomben und Bodenminien ums Leben - darunter 20 Zivilisten, 15 Soldaten, elf Polizisten und ein Mitarbeiter der Wahlkommission. Sicherheitskräfte töteten der Erklärung zufolge fast 60 Taliban-Kämpfer.
“Vereinzelte Anschläge und Angriffe” ist nur ein Teil des Euphemismus, mit dem unser Hausblatt den Terror der Taliban herunterspielen. Geradezu skandalös ist der Neusprech für die Terroristen, die kein einziges Mal beim Namen genannt werden. Nein, bei sueddeutsche.de sind die Taliban ausschließlich “Kämpfer”. Warum ich das skandalös finde? Werfen wir einen Blick auf duden.de:
Ein “Kämpfer” [2] ist
1. a. Soldat, der im Kampf, in der Schlacht steht
b. (DDR) Mitglied einer Betriebskampfgruppe
2. jemand, der sich mit Heftigkeit handgreiflich mit jemandem auseinandersetzt, mit einem Gegner kämpft, um ihn zu bezwingen
3. a. (Sport) Sportler, der mit seinem Gegner, seinen Gegnern um den Sieg kämpft
b. (Sport) Sportler, der sich in einem Wettkampf, in einem Spiel körperlich voll einsetzt
4. jemand, der sich mit großem Engagement für ein Ziel einsetzt
Gerade durch die Verwendung des Begriffs “Kämpfer” im Sport, aber auch im Zusammenhang mit Freiheitsrechten ist der Kämpfer in unserer Sprache praktisch durchwegs positiv besetzt. Ein “Kämpfer” kämpft für Gutes. Für Ruhm, Ehre - und Frieden.
Ein “Terrorist” [3] hingegen ist
Anhänger des Terrorismus (1); jemand, der Terrorakte verübt
Taliban morden, misshandeln, verüben Anschläge, um die Demokratie zu verhindern. Folgerichtig werden sie von sueddeutsche.de … als “Kämpfer” bezeichnet!! Was in den Gehirnwindungen dieser Verharmloser vorgeht, ob es nur pure Dummheit ist oder die Annahme, dass jeder, der in irgend einer Form gegen “den Westen” “kämpft”, ein Guter sein muss, ist nicht nachvollziehbar. Und damit auch die Leser nicht auf dumme Gedanken kommen, werden Bilder und “Werke” dieser “Kämpfer” bestenfalls diffus genannt. Besser nicht so konkret äußern und auch lieber kein Bild dazu zeigen - wie etwa RPonline [4]
Sonst müsste man sich noch eingestehen, dass Taliban sind keine (mutigen Freiheits-)”Kämpfer” sind. Sie sind feige Terroristen und sollen bitteschön auch so bezeichnet werden!
Jaspis
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/stichwahl-um-praesidentenamt-afghanen-trotzen-taliban-drohungen-1.2000419
[2] http://www.duden.de/rechtschreibung/Kaempfer_Soldat_Sportler_Kombattant