“T(äg)licher Kampf gegen das Asylrecht”
2. Juni 2014 von moritatensaenger
Am Samstag, den 24. Juni, starb ein Untersuchungshäftling in einer Zelle der JVA-Landshut. Der Mann hatte im April eine 50-jährige Lufthansa-Stewardess während eines Fluges als Geisel genommen und dabei sowohl sie, als auch zwei zu Hilfe eilende Kolleginnen mit einem Rasiermesser/einer Rasierklinge und durch Schläge und Würgen [1] verletzt. Am letzten Samstag nun randalierte er massiv in der Zelle, in der er während der Untersuchungshaft untergebracht war. Dabei zerschlug er auch eine Glasscheibe und verletzte zunächst sich selbst mit einer Scherbe, danach ging er damit auch auf das in seine Zelle eilende Vollzugspersonal los. Das Bemühen, den Tobenden niederzuringen, erforderte zum Schluß wohl ganze 8 Personen. Endlich am Boden fixiert, setzte dann seine Atmung aus und er konnte zwar durch den herbeigeeilten Sanitäter und einen Notarzt reanimiert werden, verstarb aber dann später im Krankenhaus.
Das ist natürlich eine Tragödie. Eine Tragödie für den Täter (und seine Angehörigen), der sicher einiges an Konsequenzen, aber eben nicht den Tod verdient hätte, und es ist ein Schlag für die Beteiligten, die jetzt für sich selbst und die Justiz dokumentieren müssen, dass der Tod des Häftlings nicht Folge einer von ihnen vorsätzlich (oder zumindest fahrlässig) geführten Handlungsweise ist. Die Staatsanwaltschaft, wie in solchen Fällen üblich, ermittelt bereits.
Würde der Täter Thorwald X. heißen und wäre er der Mitgliedschaft in der rechten Szene verdächtig, so würde umgehend eine Diskussion über die laschen Sicherheitsvorkehrungen einsetzen, unter denen Rechte inhaftiert werden, und zeitgleich würde die erhebliche Gewaltbereitschaft und Gefährdung der Öffentlichkeit durch diese Leute thematisiert. Und das nicht zuletzt von der Süddeutschen Zeitung.
Der verstorbene hieß aber nicht Thorwald X., sondern Muslim H., weshalb auf dem tragischen Vorfall nun ein gänzlich anderes Süppchen gekocht wird. Ein typisches SZ-Süppchen. In der Freitagsausgabe (Süddeutsche Zeitung Nr. 123, Freitag, 30.Mai 2014) bekam der “Polizei- und Gesellschaftsreporter im Lokalteil” Florian Fuchs fast eine Viertelseite, für die ein Anzeigenkunde (Print + Digital) bereits in die Nähe eines sechsstelligen Anzeigenpreises schlittert, um mit einem ganz besonderen Artikel die Verschwörungstheoretiker und Rechtsstaatsapostaten unter den SZ-Lesern zu bedienen. Und Fuchs ist dafür genau der richtige Mann, wie schon der Titel zeigt:
(Online)
(Print)
Ein “tödlicher Kampf gegen das Asylrecht” soll sich also in der JVA-Landshut abgespielt haben: Nicht mehr ein gewalttätiger Geiselnehmer war es, der - erneut - Menschen mit einer tödlichen Waffe angriff (und verletzte) und gegen dessen Aggression man sich zur Wehr setzen musste, sondern die Mitarbeiter der JVA führten - als verlängerter Arm der Justiz - einen Kampf gegen das “Asylrecht”. Womit die Rolle der Schuldigen schon besetzt ist: In der Hauptrolle Staat und Justiz, in den Nebenrollen das Justizvollzugspersonal. Unklar ist bei diesem Artikel manches, aber an erster Stelle und bereits zu Beginn ist unklar, wieso es erstens einen Kampf gegen das Asylrecht bedeutet, wenn ein gewalttätiger Untersuchungsgefangener niedergerungen werden muss, der wegen des Vorwurfs der Geiselnahme (!) einsitzt. Und zweitens ist unklar, wieso die - im Vorfeld erfolgte - korrekte Umsetzung des Asylrechts einen “Kampf” gegen dasselbe darstellen soll. Richtig ist nämlich, dass sich der Staatsangehörige der Republik Kosovo, Muslim H., der ursprünglich einmal in Ungarn die Grenze zur EU überschritten hatte - wo er Asyl beantragte und wo auch sein Verfahren läuft -, nach eben dem angeblich angegriffenen Asylrecht (Dublin) gesetzeswidrig in Deutschland aufhielt. Aber Recht ist bei Florian Fuchs und Genossen eben nicht geltendes, geschriebenes Recht, sondern das was von ihnen nach persönlichem Gutdünken so empfunden wird.
Und natürlich ist der Staat derjenige, welcher sozusagen per se Recht bricht, weshalb ihm sich berufen fühlende Organisationen ständig und wachsam auf die Finger sehen müssen. Genau diesen Eindruck versucht der Autor unseres Artikels in der Subheadline und gleich danach nochmal im ersten Satz des Mengentextes zu erwecken, wo er schreibt, dass der “bayerische Flüchtlingsrat” in dieser Sache rasche Aufklärung fordere. Denn natürlich ist allen SZ-Gläubigen klar, dass die regulären Ermittlungsbehörden das Ganze sonst mindestens nach ganz unten im Stapel gelegt, wenn nicht sogar “übersehen” hätten zu bearbeiten. Ausgerechnet der mit “Linksextremisten durchsetzte” (blue-news) bayerische Flüchtlingsrat muss da über Recht und Ordnung wachen! Wer angesichts der Chuzpe dieser Story noch wenigstens müde lächeln kann, der darfs hier tun.
Bei so viel Bösem um uns herum bleibt wenigstens die Unschuld des Protagonisten unangetastet: Muslim H.s Tat, sowohl im Flugzeug der Lufthansa als auch in der JVA, wird ohne Zögern sowohl von SZ-Schreiberling Florian Fuchs als auch vom Sprecher des “Flüchtlingsrates” dessen angeblicher Verzweiflung zugeschrieben…
“In seiner Verzweiflung brachte er im Flugzeug mit einer Rasierklinge eine Stewardess in seine Gewalt und zwang die Maschine zur Umkehr.” (Fuchs)
“Wenn jemand so verzweifelt ist, dass er so ausflippt wie dieser Mann, dann muss man sich fragen, warum er nicht dort Asyl beantragen darf, wo er will.” (Thal, Flüchtlingsrat)
Andere Motive oder Auslöser für die Gewalt sind schlichtweg nicht vorstellbar. Wogegen so viel Verzweiflung schon einleuchtet, vor allem wenn man(n) aus dem EU-Beitrittskandidaten Kosovo in das EU-Mitglied Ungarn (seit 10 Jahren) “flüchtet” (Muslim H. war nicht als Flüchtling anerkannt) und sich, dort angekommen, auch im Urlaubsland von jährlich über einer halben Million Deutschen einfach nicht wohl fühlen will. Gut dass es da die Süddeutsche Zeitung gibt, die sich um die Verzweifelten bemüht. Auch wenn das Blatt mit seinem t(äg)lichen Kampf gegen das bestehende Asylrecht und Schreibern wie Fuchs, so manchen Leser erst richtig in die Verzweiflung treibt.
Ihr Peter Zangerl alias Moritatensaenger
[1] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/passagier-bedroht-stewardessen-geiselnahme-im-flugzeug-1.1927210