AfD, Parias der Politik
14. Februar 2014 von moritatensaenger
Ein paar Tage ist es her, da verfasste SZ-Schreiberin Ingrid Fuchs einen Artikel mit dem Titel…
Abgebildet und primärer Gegenstand ihres Textes: der SZ Lieblingsfeind Michael Stürzenberger. Natürlich dick mit dem Attribut der Beobachtung durch den Bayerischen Verfassungsschutz versehen. Was einigermaßen seltsam ist, weil die ideologischen Vorbeter in den Hallen der Süddeutschen Zeitung den Verfassungsschutz doch zu gern in Frührente schicken würden. Man weiß ja was man seiner Klientel schuldig ist, weshalb sich Ressortleiter Heribert Prantl sogar in öffentlich rechtlichen Talkrunden gern mal über die Beobachtung linker Extremisten und Parteien echauffiert und mit Verve die Abschaffung des Inlandsnachrichtendienstes fordert. Verfassungsgericht ja, natürlich, dort ist er ja gelegentlich beim Kochen zu Gast, aber administrativen Verfassungsschutz braucht unser Staat nicht. Spricht der Wolf zu den Geißlein.
Da er aber nun mal noch da ist, der Verfassungsschutz, kann man ihn genauso gut auch nutzen, um den politischen Gegner wortwörtlich ins rechte Licht zu rücken. Auf dieses Credo scheint man sich jedenfalls bei der Süddeutschen geeinigt zu haben. Und Stürzenbergers Freiheit bietet da noch einen Zusatznutzen. So verbissen hat man den Don Quixote der Islamaufklärung über Monate, fast Jahre öffentlich verbellt, dass niemand mehr auch nur fragt, wo der Mann eventuell sogar Recht haben könnte. Die Freiheit = Michael Stürzenberger = rechter Rand vom rechten Rand, so die Gleichung. Und weil das nun so gesehen wird, kann man auch gleich den nächsten politischen Gegner abservieren, indem man ihn neben Stürzenberger (und wie in unserem Beispiel neben den tatsächlich rechtsextremen Stadtrat Karl Richter) stellt. Weshalb in Fuchs‘ Werk…
“So buhlen rechte Parteien in München um Wähler”
…gleich auch die Alternative für Deutschland (AfD) braun lackiert wird…
“Schon seit 2008 muss sich der Stadtrat mit dem rechtsextremen Stadtrat Karl Richter von der Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) herumplagen. Bei seiner Vereidigung zeigte der bayerische NPD-Landesvorsitzende damals den Hitlergruß. Seither traktiert er die Verwaltung im Rathaus mit einer Flut von Anfragen und Anträgen - meist mit ausländer-, islam- oder judenfeindlichem Tenor. Die anderen Parteien haben in der Zwischenzeit einen guten Weg gefunden, sich möglichst wenig von Richters Treiben stören zu lassen. Doch was, wenn nun einer mit ähnlich radikalen Ansichten und ähnlicher Penetranz hinzukommt?
Bereits vor ein paar Tagen hat auch die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) mit ihrem OB-Kandidaten André Wächter die notwendigen Stimmen gesammelt, um bei der Kommunalwahl antreten zu dürfen. Die beiden Parteien [BIA und AfD also; Anm. Moritatensaenger] kann man sicher nicht vergleichen. Die AfD wettert vor allem gegen Europa und fordert “Mut zu Deutschland” - dass derartige Parolen auch Wähler von Rechtsaußen anlocken, nimmt sie allerdings billigend in Kauf. Was sie genau will, durchschaut derzeit niemand genau.
Bei der Bundestagswahl im September schrammte die AfD nur knapp am Einzug ins Parlament vorbei, für die Kommunalwahl stehen ihre Chancen noch besser. Anders als bei Bundes- und Landtagswahl gibt es auf kommunaler Ebene keine Fünf-Prozent-Hürde. Um einen der 80 Sitze im Stadtrat zu bekommen, reichen nach dem 2014 erstmals angewandten Hare-Niemeyer-Verfahren schon 0,6 bis 1,25 Prozent der Stimmen. Das erhöht die Chancen für kleine Parteien, auch für Freiheit, BIA und AfD. Zumal es in München durchaus Sympathien für rechte Themen gibt.”
Nicht nur ist Stürzenberger sozusagen Schirmherr der “rechten Brut”, nein, die Erwähnung der AfD erfolgt unmittelbar auf die Sätze zu Stadtrat Richter und seinem NPD-Derivat Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA). Zwar schreibt Fuchs, man könne beide Parteien nicht vergleichen, was natürlich idiotisch ist, weil man selbst einen Elefanten und eine Haselnuss vergleichen kann, aber die Schreiberin vergleicht BIA und AfD nicht nur, sie stellt sie gleich. Dass sie dann doch ein Unterscheidungsmerkmal erkennen mag, soll wohl so etwas wie ein Zugeständnis an wenigsten eine ferne Ahnung journalistischer Glaubwürdigkeit darstellen. Da ist das Kind allerdings schon in den Brunnen und der Leser auf üble Propagandaarbeit hereingefallen.
Das Machwerk wird auch nicht seriöser, nur weil die Autorin dazu einen dubiosen “Forschungsbericht” (Hier als PDF) erwähnt und auf ihn verlinkt, den das Institut für Soziologie der LMU München angeblich in Zusammenarbeit mit OB Udes “Fachstelle gegen Rechtsextremismus” erstellt hat. Dubios ist der Bericht deshalb, weil er zwar vorgibt, die Forschungsarbeit über “Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in München” zu dokumentieren, die so behauptete Forschung sich aber ausschließlich auf deren rechte Auswüchse beschränkt. Als gäbe es links das Phänomen einer Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit nicht, als hätte es nie Stalin, Mao, Kim Jong-il die RAF oder die DDR gegeben. Dabei liefert das Getöse speziell um die AfD und deren als “Rechte” diffamierten Mitglieder, Anhänger und selbst Sympathisanten das beste Beispiel, wie eine Gruppe nur aufgrund anderen politischen Denkens mit menschenfeindlichen, zutiefst antidemokratischen Aktionen überzogen wird.
Was auch für das Gebaren der etablierten Parteien gerade im Münchner Stadtrat gilt. Die von Wilhelm Heitmeyer entwickelte, ideologisierende Theorie der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit nennt als eines ihrer Elemente die sog. Etabliertenvorrechte (PDF) und die Definition dieses Elements ist dem Münchner Politzirkus wie auf den Leib geschneidert…
“Etabliertenvorrechte umfassen die von Alteingesessenen, gleich welcher Herkunft, beanspruchten raum-zeitlichen Vorrangstellungen, die auf eine Unterminierung gleicher Rechte hinauslaufen und somit die Gleichwertigkeit unterschiedlicher Gruppen verletzen.”
Auf diese fragwürdige Ebene begibt sich dann auch mit wehenden Fahnen der SZ-Redakteur und Ressortleiter für München, Region und Bayern, Christian Krügel. Der schreibt am 8. Februar, inmitten seiner wirren Spekulationen über die Mehrheitsverhältnisse im München nach der Kommunalwahl…
…, den denkwürdigen Satz…
“Als Parias, mit denen wohl niemand ein Bündnis eingehen wird, gelten die rechtsradikale BIA, die Euroskeptiker von der AfD und die Islamhasser von der Freiheit.” (Hervorhebung Moritatensaenger)
Und liefert damit ein hübsches Beispiel, welche beängstigende Gestalt jene auf Etabliertenvorrechten basierende gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in München annimmt. Hätte er, der Ex-Student der Geschichte (Mittelalter, Neuzeit) und Literatur, den Ausdruck “Parias” in Anführungszeichen gesetzt, wäre der beschriebene Zustand auch nicht schön, aber, als ironische Übertreibung gekennzeichnet, wenigstens im Rahmen üblichen Wahlkampfgetöses erträglich. So aber gibt Krügel - selbstverständlich kritiklos - eine Stimmung wieder, ja macht sich gemein mit ihr, die zum Grübeln anregen muß. Politisch andersdenkende Mandatsträger dürfen von den Etablierten als Parias, also Unreine, gebrandmarkt und aus der Gesellschaft verbannt werden? Lassen Sie mich zur Begriffsklärung hier kurz einen alten Spiegel-Artikel einflechten:
“Fünf Hindus banden einen 14jährigen Jungen an den Pfahl, übergossen ihn mit Benzin und zündeten ihn an. Dann wuschen sich die Täter gründlich, denn sie hatten einen Unberührbaren angefaßt. Der Junge hatte Töpfe gestohlen, starb aber nicht wegen des Diebstahls, sondern weil er sich dabei in die Küche der Höherkastigen gewagt hatte.
In einer Schule Neu-Delhis vertröstete die Direktion zehn Schulanfänger mit der Begründung, die Aufnahmeformulare seien vergriffen. Zwei Wochen darauf gab es die Formulare wieder, alle Schulbänke aber waren besetzt. Die Abgewiesenen: dunkelhäutige Kinder von Straßenkehrern und Müllarbeitern — Unberührbare.
In elf von zwölf Distrikten im Unionsstaat Uttar Pradesch dürfen “unberührbare” Schüler nicht einmal in Staatsschulen die gemeinsamen Eßsäle benutzen. In Delhi müssen Unberührbare in den meisten Restaurants eigenes Geschirr mitbringen.
Im Unionsstaat Madhya Pradesch drehen Unberührbare ihre Schnurrbärte nicht nach oben — das ist Privileg höherer Kasten. In Mysore gehen sie barfuß nur auf den Straßen — nicht auf den Trottoirs. In Tamil Nadu (Madras) dürfen sie keine Fahrräder besteigen oder auf Pferden reiten.
Heiratet ein Unberührbarer, muß er auf den traditionellen Hochzeitsschimmel verzichten und zu Fuß gehen. Der Ring in seinem Ohr darf nicht aus Gold sein — nur Schmuck aus Eisen ist erlaubt. Selbst der schwarze Sonnenschirm fehlt über dem Haupt des Bräutigams — das Utensil ist Statussymbol noblerer Geburt. Die Unberührbaren wohnen in Gettos, in Slums an der Peripherie der Städte oder in Hütten außerhalb der Dörfer. Auf dem Land müssen sie das Wasser aus separaten Brunnen schöpfen. Schon der Schatten eines Unberührbaren auf dem Wasser würde den Dorfbrunnen vergiften.
Fast überall in Indien beziehen die Aussätzigen der Gesellschaft noch Stockschläge, wenn sie versehentlich einen Hindu aus hoher Kaste streifen. Vor 30 Jahren mußten sie im orthodoxen Süden Indiens noch Glocken tragen, damit die Hindus höherer Kaste ihrem Schatten ausweichen konnten.”
Parias also sollen die Andersdenkenden sein, ohne dass ein hochrangiger Journalist dieser Süddeutschen Zeitung….
“Die Leiter der Zeitung, verschiedenen Parteien entstammend, glauben, dass [...] der gemeinsame Wille zu politischer Mündigkeit und Sauberkeit, zu Verantwortungsbewußtsein und Wahrhaftigkeit eine genügend starke Grundlage für eine fruchtbare Zusammenarbeit bildet. Sie wollen beweisen, dass noch echte demokratische Gesinnung in Deutschland lebt, die sich nicht in Parteihader verliert…” (Geleitwort auf der 1. Seite der Erstausgabe der SZ am 6. Oktober 1945)
…das auch nur am Rand der Kritik für Wert befindet? Ganz ehrlich, wenn wir von suedwatch.de als manchmal zornige Beobachter des Blattes uns gelegentlich damit den A…. a…….., dann hat das die gesamte Redaktion der SZ schon lange mit dem Geleitwort der Väter getan. Die ehernen Sätze sollten das Blatt in ein neues Zeitalter begleiten, die “Söhne” und “Töchter” aber sind dabei, das fortzuführen, was als Münchner Neueste Nachrichten unwürdig endete.
Und weil wir bei den “Söhnen” sind, dürfen - abschließend - die “Enkel” natürlich nicht fehlen. Matthias Kohlmaier ist suedwatch.de schon bekannt. Unter anderem, weil er wie vom Pawlow getroffen anspringt, wenn Gefahr von - wie ungewöhnlich - Rechts droht (notfalls auch mit zu viel Phantasie und zu wenig Wahrheit und Professionalität, siehe z.B. hier). Jedenfalls schrieb er am 11.Februar eine “TV-Kritik” zu Frank Plasbergs Schweiz-Talk…
…und - Wunder über Wunder - wurde daraus eine Kritik an den Rechten, in der Sendung repräsentiert von Roger Köppel und AfD-Ikone Bernd Lucke (CSU-Frau Haderthauer war auch dabei, nur sieht sich die CSU ja seit wenigstens Ministerpräsidentengattin Beckstein und auf alle Fälle seit Ministerpräsident Seehofer nimmer rechts). Ich will nicht lange auf die vorhersehbare “TV-Kritik” eingehen, nur zwei Dinge sind mir aufgefallen. Erstens, dass ein junger Journalist wie Kohlmaier nicht weiß, woher die Begriffe “Links” und “Rechts” kommen. Kohlmaier schreibt…
“Und da Köppel ohnehin immer gern in deutsche Talksendungen eingeladen wird, wenn ein Rechtskonservativer gebraucht wird, durfte er auch bei Plasberg wieder Platz nehmen. Dass er dabei ganz rechts außen saß, war gewiss Zufall, und keine geplante Entscheidung der “Hart aber fair”-Redaktion.”
Lieber Matthias, auch wenn das so gut in Ihre etwas platte Weltsicht passen würde, Roger Köppel saß zwar an diesem Abend von seiner Warte aus gesehen “äußerst rechts” (hier zum Video-Podcast)…
…, politisch gesehen - und darauf spielen Sie ja an - war er aber äußerst links positioniert. Denn die Einteilung “rechts”/”links” wird mindestens seit dem Norddeutschen Reichstag …
…bis hin zum heutigen Bundestag über den Blick vom Sitzplatz des Reichstagspräsidenten/Bundestagspräsidenten aus ins Halbrund des Plenums hinein vorgenommen. Und so gesehen saß Köppel eben ganz links außen. Müssen Sie nicht wissen, Sie haben ja Sportwissenschaften studiert und es bekommen bei der Süddeutschen Leute mit noch weniger Ahnung über das was sie schreiben, den Griffel in die Hand gedrückt. Und für blöde Witze reicht Viertelwissen ja auch. Womit wir bei dem zweiten Punkt sind. Sie schreiben auch…
“Gegen Ausländer an sich hat Lucke aber natürlich nichts. Und das mit dem “Bodensatz” in seinen Wahlkampfreden habe er ja gar nicht so gemeint. Unverkennbar trotzdem, dass er während des gesamten Gesprächs immer weiter nach rechts rutscht - hätte die Sendung nur ein paar Minuten länger gedauert, Lucke hätte es sich vermutlich auf dem Schoß von Köppel gemütlich gemacht.” [Hervorhebung Moritatensaenger]
Und was ich daran interessant finde ist, dass ein junger, sich weltoffen und aufgeklärt fühlender wie gebärdender Mann wie Sie, es immer noch nötig hat, nein, es sich immer noch erlauben kann, einen Menschen zu sexualisieren um seine Person abzuwerten. Denn was Sie eigentlich mit dem oben hervorgehobenen Satz sagen wollten ist, dass Sie Bernd Lucke nicht für Manns genug halten, eine eigene Position zu vertreten. Nein, Sie persönlich wollen Lucke, den schmalen, manchmal etwas feminin wirkenden Kopfmenschen, mit diesem Ihrem Kalauer als einen Typus Mensch diffamieren, der vermutlich in Ihrer pubertären “Werte”skala weit unten rangiert, als Schwuchtel nämlich, die auf dem Schoß des maskulinen, aggressiven Haudegens Köppel Zuflucht suchen muss. Und das, Matthias Kohlmaier, sagt mehr über Ihre Person aus, als all der Humbug den Sie bisher verfasst haben.
Mit tönendem Gruß
Peter Zangerl alias Moritatensaenger