Der dümmste Spruch seit “Mein Bauch gehört mir”
28. Januar 2014 von Jaspis
Ich habe eine ganze Weile überlegt, ob es nicht vielleicht doch bitterer Sarkasmus sein könnte, den Constanze von Bullion da ausgeschüttet hat.[1] In
schreibt sie von dem Dilemma, in dem sich die meisten Frauen befinden, nachdem sie Mütter geworden sind: Pausieren sie zu lange nach der Babypause, dann verbauen sie sich damit die Chancen, beruflich noch nach ganz oben zu kommen, manchmal sogar, ganz wieder Fuß zu fassen. (Ja, bisweilen sind es auch Väter, die pausieren, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle pausieren die Mütter zugunsten der Kinder. Darin liegt, liebe Leser, keine Wertung, sondern ein bloßer Spiegel des tatsächlichen Zustands.)
Wer sich ein bisschen mit Familien befasst und mit Familienpolitik, der weiß, dass dieses Thema eines der zentralen Themen der Politik sein müsste, ganz einfach deshalb, weil es den absoluten Großteil der Bevölkerung betrifft. Unzählige Ansatzpunkte gibt es da, viele von reichlich kruden ideologischen Vorstellungen geprägt, aber nur wenige wirklich befriedigende Lösungen. Die Realität zeigt: Auch hoch gebildete Frauen wählen, wenn sie denn die Wahl haben, eine ausgedehnte Familienpause selbst auf Kosten der einst angestrebten Karriere. Und das nicht deshalb, weil sie einem veralteten - oder, noch schlimmer: konservativen (igittigitt) Familienbild nachhängen, sondern aus einem vollkommen natürlichen und einfachen Grund: Weil sie erkannt haben, wie wertvoll ihnen ihre Kinder und ihre Familie sind. Und weil sie für sich eine Wertung treffen, die zugunsten der Familie ausfällt.
Diese Vorstellung von Wertigkeit teilt nicht jeder und das muss auch nicht sein. Es gibt mittlerweile für die meisten Familien ausreichend Betreuungsmöglichkeiten schon für die allerkleinsten Kinder und niemand ächtet deren Mütter noch als Rabenmütter. Doch umgekehrt ist genau das der Fall: Frauen, die sich für ihre Familie entscheiden, werden als “Heimchen” diffamiert und nicht für voll genommen. Es ist Aufgabe der Politik, nicht nur Gelder für die Wahl der Fremdbetreuung zur Verfügung zu stellen. Sondern auch, die Wahl bei der Familie zu bleiben, zu ermöglichen.
Für die ideologisch geprägte Schreiberin der Süddeutschen Zeitung indes existiert diese Option überhaupt nicht. Für sie ist jeder Cent, der diese Wahl fördern könnte, ein Affront:
200 Milliarden Euro werden jährlich verpulvert, für eine Familienpolitik, die in die Irre läuft. Auf der einen Seite ist da der Wunsch, Eltern durch Betreuungsangebote zu entlasten, Familienzeit und Arbeit gerechter zu verteilen. Auf der anderen Seite will man eine Lebensform sichern, die auf Dauer angelegt und vertraut ist: die Ehe zwischen Frau und Mann. Das Ehegattensplitting aber sorgt dafür, dass Mütter, gerade besser ausgebildete der Mittelschicht, so lange zu Hause bleiben, dass sie im Büro nicht mehr vermisst werden oder nur noch in Teilzeit arbeiten, fürs halbe Geld.
Dass es Frauen gibt, die das vielleicht sogar wollen oder jedenfalls bei Abwägung aller Vor- und Nachteile in Kauf nehmen - das blendet von Bullion aus. Bei ihr sind es gerade einmal “Konservative”, die die Wahlfreiheit “beschwören”. Doch diese Möglichkeit darf es für Bullion gar nicht geben, denn sie passt nicht in ein leistungsdominiert-feministisches Konzept. Ein Konzept, bei dem die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt:
Wer je ein Kind geboren hat, weiß, dass die emotionale Nähe, die da im Glücksfall wächst, eine Frau für fast alles entschädigen kann
Es wächst also tatsächlich eine emotionale Nähe! Aber was passiert damit? Sie soll gekappt werden zugunsten einer gesellschaftspolitischen Vorstellung, die eine Handvoll vermeintlich elitärer Theoretiker dem Rest der Bevölkerung überstülpen wollen. Emotionale Nähe? Pah, Gefühlsduselei.
Frauen in die Produktion, lautet also die Devise
meint von Bullion und bemüht mit diesem Slogan die sozialistische Tradition, um ihr Pamphlet schließlich zu krönen mit
Frauen, reißt euch früher los von euren Kindern
Und das ist nun wirklich der dümmste Spruch seit “Mein Bauch gehört mir”.
Jaspis
[1] http://www.sueddeutsche.de/leben/familienpolitik-frauen-reisst-euch-frueher-los-von-euren-kindern-1.1871726
2 Reaktionen zu “Der dümmste Spruch seit “Mein Bauch gehört mir””
Ein Kommentar nicht zu dem Artikel direkt, sondern allgemein zu suedwatch.de:
Vor etwa einem halben Jahr habe ich suedwatch entdeckt, und bin seitdem begeisterter Leser. Ein großes Kompliment an alle Autoren und vielen Dank!
Herzlichen Dank, lieber Michael,
Ihr Kompliment freut uns alle sehr. Schön, dass wir Sie als Leser gewinnen konnten!
Ihre Jaspis
für das suedwatch-Team