WatchShot#85: Die Polizei, dein Freund und Apotheker.
28. Januar 2014 von moritatensaenger
Laut Süddeutscher Zeitung sind Landshuter Polizisten jetzt unter die Apotheker gegangen. Sie erstellen angeblich Gegenanzeigen. Sagt zumindest einer der Niederbayern-Korrespondenten der SZ (ist das süüüß: ein eigenes “Korrespondentenbüro” unseres Weltblattes. Für Niederbayern!). Gut, dem Moritatensaenger ist dieser Begriff nur aus Medizin und Pharmazie bekannt, aber Wolfgang Wittl setzt ihn souverän ein in einem Artikel, in dem es - wieder einmal - um von der Süddeutschen gewitterte, angebliche Polizeiwillkür und -gewalt geht. In Niederbayern diesmal. Dort, in Landshut, habe im Juni letzten Jahres eine Randaliererin (sagt die SZ nicht) in einem Polizeirevier Anzeige gegen Beamte erstattet, worauf diese zu einem späteren Zeitpunkt “Gegenanzeige” erstattet hätten…
Eigentlich, so sollte man doch meinen, müsste selbst ein Journalist, den man sogar bei der Süddeutschen lieber in Niederbayern sitzen sieht (und das heißt was, angesichts des sonstigen Fachpersonals in München), in der Lage sein, mit journalistisch wie fachlich korrekten Begriffen zu arbeiten. Sollte man meinen. Was bedeuten würde, dass er im vorliegenden Fall von Strafanzeigen spricht. Um den Zusammenhang zu verdeutlichen, vielleicht noch von “gegenseitigen”. Das aber erfüllte hier sichtlich den Zweck nicht, der da ganz offensichtlich lautet, die Polizei in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken. Die Polizei allgemein, vor allem aber die betroffenen Beamten. Im Text geht das so…
“Immer wieder reagieren Polizisten auf Anzeigen gegen sich mit Gegenanzeigen - offenbar, um mutmaßliche Opfer von Polizeigewalt einzuschüchtern. [...] Für ihre Unterstützer von “Solidarity Landshut” geht es indes vor allem darum, auf eine “alltägliche skandalöse Polizeipraxis” hinzuweisen: den Reflex, dass Polizisten auf Anzeigen gegen sich mit Gegenanzeigen reagierten, um mutmaßliche Opfer von Polizeigewalt einzuschüchtern. [...] aus dem Strafbefehl über 3600 Euro, den Beate H. erhielt, nachdem die Polizisten auf einmal Gegenanzeige erstattet hatten.”
Wer die Bedeutung des Begriffs “Strafanzeige” kennt, der ist angesichts dessen zunächst einmal erstaunt. Heißt es nicht ausdrücklich…
“Anzeigeberechtigt ist jedermann”?
Ja, doch, natürlich. Nur “jedermann” ist halt nicht jeder. Zumindest für die Süddeutsche, in deren Augen Polizeibeamte noch lange nicht die gleichen Rechte haben sollten, wie alle Bürger. Und wenn sie sich dieser Rechte dann unverschämterweise doch bedienen, dann nur aus einem Grund: “offenbar” um “mutmaßliche” Opfer von Polizeigewalt einzuschüchtern. Eine Behauptung, die gleich noch eine Ohrfeige für die restlichen Strafverfolgungsbehörden UND die Justiz ist. Denn wenn das Erstatten einer Strafanzeige die “mutmaßlichen” Opfer einschüchtern soll, dann setzt es voraus, dass die weiteren Ermittlungen z.B. der Staatsanwaltschaft und die daraus erwachsenden Folgen aus dem Bereich der Justiz zu Unrecht ergehen müssten. Willkürlich. Als Repressionsakt gegenüber Unschuldigen. Betrieben von Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz, die alle unter einer Decke stecken.
In unserem Fall hat das “Unrechtssystem” in der Gestalt eines Richters eines ordentlichen Gerichts dem “mutmaßlichen” Opfer von Polizeigewalt einen Strafbefehl…
“Kommt der Staatsanwalt am Ende des Ermittlungsverfahrens zu dem Ergebnis, dass die Beweislage eindeutig ist und dass eine Hauptverhandlung aller Wahrscheinlichkeit nach am Ermittlungsergebnis nichts mehr ändern wird, dann wird er in geeigneten Fällen bei Gericht einen Strafbefehl beantragen. Der Richter prüft diesen Strafbefehl, kommt er nach Aktenlage zu dem gleichen Ergebnis wie der Staatsanwalt, wird er den Strafbefehl erlassen.”
…über immerhin 3.600,- Euro präsentiert. Eine ordentliche Einschüchterung, wie ich finde. Und durchaus nachvollziehbar, wenn man sich den informativen Pressetext zum Vofall zu Gemüte führt, der seinerzeit von der Polizei veröffentlicht wurde…
“Die Kontrolle eines 23-jährigen Asylbewerbers am Montag (27.05.2013) in der Zweibrückenstraße zieht weitere Ermittlungen nach sich. Eine 33-jährige Frau erstattete Anzeige gegen zwei Beamte der Landshuter Polizei.
Am Montag, gegen 16.15 Uhr, wurde der 23-jährige senegalesische Staatsangehörige von einer Streife der Verkehrspolizeiinspektion Landshut in der Zweibrückenstraße kontrolliert. Da sich bei der Kontrolle Anhaltspunkte für einen Verstoß nach dem Asylverfahrensgesetz ergaben, wurde der 23-Jährige von einer Streife der Operativen Ergänzungsdienste Landshut zur weiteren Sachbearbeitung in deren Diensträume verbracht.
In der Folgezeit kamen mehrere Personen zur Wache der Polizeiinspektion Landshut um sich nach dem Verbleib des Asylbewerbers zu informieren. Gegen 18.00 Uhr hielten sich insgesamt fünf Personen im Vorraum der Wache auf. Nachdem diese Personen sich provokativ und aggressiv verhielten, wurde ihnen wiederholt ein Platzverweis erteilt. Diesem Platzverweis, auch mit Androhung von unmittelbarem Zwang, wurde keine Folge geleistet. Der 23-Jährige wurde nach erfolgter Vernehmung mittels eines Dolmetschers gegen 18.25 Uhr wieder entlassen.
Daraufhin schoben die Beamten die Personen aus dem Vorraum der Wache. Dabei hielt sich eine weibliche Person an der Türe fest, so dass ihre Hände gelöst werden mussten. Die 33-Jährige erstattete am Dienstag (28.05.2013) Anzeige wegen Körperverletzung gegen zwei Beamte und machte Verletzungen geltend.
Der Vorgang wurde nun in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Landshut an die Zentralstelle für interne Ermittlungen beim Bayerischen Landeskriminalamt abgegeben.”
Ah ja. Den hat Wolfgang Wittl glatt übersehen, zu verlinken. Dumm auch, wo er doch sonst so korrekt ist.
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger alias Peter Zangerl