Wenn die AfD pfui sein muss, dann muss sie pfui sein
26. Januar 2014 von Jaspis
Eines steht fest bei der Süddeutschen: Die Alternative für Deutschland muss pfui sein. So gnädig, wie man bei unserem Hausblatt noch sämtliche kruden Strömungen und Ausrichtungen der Piratenpartei bejubelt hat, so unerbittlich muss nun die AfD als pfui-bäh dargestellt - bei der einen so unfundiert wie bei der anderen.
Gestern nun fand der Europaparteitag der AfD in Aschaffenburg statt.[1] Für die Süddeutsche ist Kathrin Haimerl hingefahren, ganz offensichtlich mit dem klaren Auftrag im Gepäck, die AfD als 1. europafeindlich und 2. rechtspopulistisch bis möglichst rechtsaußen darzustellen. Ob das nun zur Realität passt oder nicht. Und wenn nicht, diese dann einfach zu verbiegen, bis das pfui-bäh-Image wieder “passt”.
Auftrag 1 erledigt Haimerl gleich im Titel[2]
Doch dieser “Anti-Kurs” sieht so aus:
Das soll ein Anti-Kurs sein? Natürlich nicht. Das genaue Gegenteil trifft zu: Es ist ein Pro-Europa-Kurs, der aber massive Kritik an der Umsetzung übt, an verfehlter Euro-Rettungspolitik, an Bürokratismus und am Abbau der Souveränität der Mitgliedsstaaten. Ein “Ja, aber nicht so”. Für diese Kritik gibt es ausreichend triftige Gründe, weshalb sie parteiübergreifend vom Großteil der Bevölkerung getragen werden.
So äußerte sich diese Kritik in Bernd Lucks Begrüßungsrede:[3]
Die AfD kämpft für ein dezentrales, demokratisches und bürgernahes Europa. Statt Bürokratie, Regulierung und Zentralismus wollen wir ein Europa der sozialen Verantwortung, das sich in erster Linie den Interessen der Sparer, der Steuerzahler und der arbeitslosen Jugendlichen verpflichtet fühlt.
Nehmen Sie die Subsidiarität: Nach den EU-Verträgen darf die EU nur da tätig werden, wo das zu erreichende Ziel auf kommunaler, föderaler oder nationaler Ebene nicht erreicht werden kann. Und nun verraten Sie mir doch bitte, warum die Aufsicht über deutsche Banken durch ein europäisches Aufsichtsgremium besser erfüllt werden kann als durch ein deutsches? Verraten Sie mir bitte, warum Brüssel eine Drosselung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit anmahnt, statt die Entscheidungen da zu lassen, wo sie hingehören, nämlich in die Vorstände deutscher Unternehmen und in die Autonomie unserer Tarifkommissionen. Und verraten Sie mir bitte, wie die einfachen Bürger an Subsidiarität glauben sollen, wenn in Brüssel entschieden wird, mit wieviel Watt wir staubsaugen, wie wir unsere Zimmer beleuchten und wieviel Wasser wir in der Klospülung haben!
So klare Worte konnte nicht einmal Haimerl komplett ignorieren. Das ist dabei herausgekommen:
Parteichef Lucke spielt sein übliches Spiel, und das sehr geschickt: In seiner Rede wettert er gegen die Euro-Rettungspolitik, den Bürokratismus und den Brüsseler Zentralismus, er spricht sich gegen den Euro-Rettungsschirm und gegen die Bankenunion aus und liefert dafür fundierte Kritik. Auch das Demokratiedefizit in der EU prangert er an, alles Positionen, die er mit Argumenten gut begründet, die aber auch anschlussfähig sind an das Rechtsaußen-Milieu. Und dieses bedient er zudem mit einschlägiger Wortwahl, indem er auf die “Altparteien” schimpft und die AfD zur Anti-Parteien-Partei stilisert. [Hervorhebungen: Jaspis]
Fundierte Kritik liefert Lucke, die er mit Argumenten gut begründet. Damit das aber nicht so stehen bleiben kann - es gilt ja auch noch Vorgabe Nummer 2 zu bedienen - folgt postwendend der Schlenker, diese gut begründeten (!!) Argumente wären ja “anschlussfähig an das Rechtsaußen-Milieu”. Gut begründete Argumente haben es so an sich, dass sie anschlussfähig sind nach überall hin, wo man sich Argumenten nicht komplett verschließt. Das nun aber als Anschlusspunkt “an das Rechtsaußen-Milieu” zu bezeichnen, trieft nur so von gesteuerter Irreführung. Ich habe noch von keinem SZ-Schreiberling gelesen, der Umweltschutz sei “anschlussfähig an das Rechtsaußen-Milieu”. Und dennoch haben sich ihn die Rechtsextremisten ebenso auf ihre Fahnen geschrieben wie beinahe alle etablierten Parteien.
Selbstredend liefert Haimerl keinen einzigen nachvollziehbaren Anknüpfungspunkt nach Rechtsaußen. Sie “begründet” ihre Verunglimpfung vielmehr mit der Behauptung “Und dieses bedient er zudem mit einschlägiger Wortwahl, indem er auf die “Altparteien” schimpft und die AfD zur Anti-Parteien-Partei stilisert.” Doch das sieht bei Lucke zum Beispiel so aus:
Früher war die CDU für die Atomkraft und die SPD war dagegen. Und es war Frau Merkel, die ihr den Garaus gemacht hat.
Früher war die CDU gegen den gesetzlichen Mindestlohn und die SPD war dafür. Und es war Frau Merkel, die die SPD-Forderung umgesetzt hat.
Früher war die CDU für die Wehrpflicht und die SPD war für die Wehrdienstverweigerer. Und es war Frau Merkel, die die Wehrpflicht abgeschafft hat. Und den Zivildienst hat sie auch gleich abgeschafft. Schade!
Früher war die CDU gegen die Aufnahme Griechenlands in den Euro und die SPD war dafür. Und es war Frau Merkel, die den Maastricht-Vertrag gebrochen hat, damit der SPD-Erfolg erhalten blieb!
Früher war die CDU für die Rente mit 67 und die SPD war für die Rente mit 67 solange es Rente mit 65 gab und als es die Rente mit 67 gab da war sie für die Rente mit 63. Und Frau Merkel hat jeden Schlenker mitgemacht, Hauptsache: ab in die Rente!
Und was ist daran rechtspopulistisch oder gar “Rechtsaußen”? Das weiß Haimerl auch nicht. Weshalb sie bis zum Schluss ihrer Auftragsarbeit nichts als schlingert:
Zwar hat Lucke klar gestellt, dass er auf europäischer Ebene kein Bündnis mit Rechtspopulisten wie dem Front National, Geert Wilders oder den britischen Euroskeptikern von Ukip eingehen wolle. Auch auf dem Parteitag rückt er von dieser Position nicht ab. Ukip, die Partei von Nigel Farage, würde in der Zuwanderungsdebatte einen Tonfall anschlagen, “der mir nicht behagt, der die Gefahr birgt, dass Menschen aufgehetzt werden”. Die Basis ist einem Delegierten zufolge da aber anderer Ansicht. Man “hege große Sympathien für den Herrn Nigel Farage”, erklärt der Mann.
Lucke stellt klar, doch Haimerl hat “die Basis” befragt und dafür einen Mann interviewt, der genügen muss. Denn er setzt für Frau Haimerl das Häkchen hinter Auftrag 2. Mehr Journalismus ist nicht drin für die Süddeutsche Zeitung. Denn informieren wollte sie ja ganz offensichtlich von vornherein nicht. Stimmungsmache genügt ihr vollkommen.
Jaspis
[1] https://www.alternativefuer.de/liveticker-europaparteitag/
[2] http://www.sueddeutsche.de/politik/afd-parteitag-lucke-nimmt-anti-kurs-auf-europa-1.1871925
[3] https://www.alternativefuer.de/2014/01/25/begruessungsrede-bernd-lucke/