Verpönte Handwerkskunst
23. Oktober 2013 von Jaspis
Gestern fand sich der Limburger Bischof, S.E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst bei Papst Franziskus ein. Heute erschien die Pressemitteilung des Heiligen Stuhls hinsichtlich der Diözese Limburg (Deutschland).[1]
Darin heißt es:
Der Heilige Vater ist über die Lage in der Diözese Limburg zu jedem Zeitpunkt umfassend und objektiv informiert worden. In der Diözese ist es zu einer Situation gekommen, in welcher der Bischof, S.E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst, seinen bischöflichen Dienst zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben kann. Nach dem „brüderlichen Besuch” von S.Em. Giovanni Kardinal Lajolo im vergangenen September hat die Deutsche Bischofskonferenz, gemäβ einer Vereinbarung zwischen dem Bischof und dem Limburger Domkapitel, eine Kommission eingesetzt, um eine eingehende Prüfung im Hinblick auf den Bau des Bischofssitzes vorzunehmen. In Erwartung der Ergebnisse besagter Prüfung und der damit verbundenen Vergewisserung über diesbezügliche Verantwortlichkeiten hält der Heilige Stuhl es für angeraten, S.E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst eine Zeit auβerhalb der Diözese zu gewähren. Auf Entscheidung des Heiligen Stuhls tritt die durch den Bischof von Limburg zum 1. Januar 2014 ausgesprochene Ernennung des Hw. Herrn Stadtdekan Wolfgang Rösch zum Generalvikar bereits mit dem heutigen Tag in Kraft. Der Hw. Herrn Generalvikar Rösch wird die Diözese Limburg während der Abwesenheit des Diözesanbischofs im Rahmen der mit diesem Amt verbundenen Befugnisse verwalten.
Aus dem Vatikan, 23. Oktober 2013
Das heißt nichts anderes, als dass der Papst Bischof Tebartz-van Elst aus der Schusslinie nimmt, bis der Fall geklärt ist. Das ist keine Suspendierung und erst recht keine Strafe. Sondern es zeigt deutlich, dass es eine Unschuldsvermutung auch für Bischöfe gibt, jedenfalls beim Papst. In der Presse natürlich nicht. Und es zeigt, dass Papst und auch Bischof das Anliegen der Gläubigen ernst nehmen, die derzeit erhebliche Vorbehalte gegen ihren Bischof haben, ob nun berechtigt oder nicht.
Auf Süddeutsche.de fand man dazu vorerst - nichts. Dann, als die zuständigen Redakteure ihre wichtigsten Quellen (siehe unten) durchforstet hatten, erschien, breit, als Hauptartikel[2] des Süddeutschen Online-Auftritts:
Das stimmt so natürlich nicht. Macht aber nix, so passt es der SZ viel besser in den Kram.
Über den vorübergehenden Rückzug des Bischofs hatten am Mittwoch zunächst die Bild-Zeitung und die Nachrichtenagentur dpa berichtet. Aus dem Vatikan hieß es der Bild-Zeitung zufolge, die Entscheidung solle als Signal verstanden werden, dass Rom trotz allem hinter dem Bischof stehe und dass medialer Druck oder öffentliche Beliebtheit keine Kriterien seien, nach denen geweihte Würdenträger zu beurteilen oder gar zu entlassen seien. [Hervorhebung: Jaspis]
Weder war der Internet-Auftritt des Vatikans die Informationsquelle, die von Süddeutsche-Redakteuren mit Interesse verfolgt worden wäre, immerhin einen Tag nach dem Besuch des Bischofs beim Papst, so dass man auf ein entsprechendes Bulletin nur warten musste. Noch waren SZ-Redakteure, im Gegensatz zu ihren Vorreitern der BILD, in der Lage, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und womöglich selbst um eine Stellungnahme zu bitten. Nein, das Abschreiben vom VorBILD muss genügen. Recherche sollen doch die anderen betreiben, mit so etwas hält man sich bei der Süddeutschen nicht auf. Bloß dass es nicht einmal mit dem Abschreiben so richtig funktioniert hat, denn von einer “Anordnung” und einem Pausieren-“Müssen” steht im päpstlichen Bulletin nichts drin.
Diese Verbiegung der Tatsachen kam Chef-Chirmomant Heribert Prantl gerade recht, der gleich darauf aufbaute.[3]
Tebartz-van Elst bleibt zwar im Amt, er darf es aber vorläufig nicht mehr ausüben. Die Entscheidung des Papstes ist wie ein Vexierbild: Jeder kann darin das Seine erkennen
Und manch einer dichtet auch noch seine Vorstellung hinein:
Für die Diözese ist die vorläufige Entscheidung des Papstes eine vorläufige Erlösung. Für den Bischof Tebartz-van Elst ist die Entscheidung wohl eine Art Fegefeuer. Das Fegefeuer ist nach katholischer Lehre ein Reinigungsort, ein Ort der Läuterung. Nach dem quälenden Aufenthalt dort ist man rein genug für den Himmel. Dass nun Tebartz-van Elst nach dem Fegefeuer wieder in seinen Himmel, in seinen Prachtbau auf dem Limburger Domberg, zurück darf, ist kaum vorstellbar.
Bloß dass das Fegefeuer schon erst einmal eine Schuld voraussetzt. Eine Schuld, von der unser Wahrsager anscheinend mehr weiß als der Papst.
Keine Recherche, Abschreiben von der BILD und dann auch noch Tatsachen verbiegen und hinzuerfinden. Journalistische Handwerkskunst ist etwas anderes.
Jaspis
[1] http://press.vatican.va/content/salastampa/de/bollettino/pubblico/2013/10/23/0686/01541.html
[2] http://www.sueddeutsche.de/panorama/anordnung-vom-vatikan-tebartz-van-elst-muss-pausieren-1.1801469
[3] http://www.sueddeutsche.de/panorama/skandal-um-tebartz-van-elst-ein-bischof-im-off-1.1801735