Alexander Wendt: “Wie die ‘Süddeutsche’ den Kindern die Demokratie erklärt”
13. September 2013 von Gast
(SZ für Kinder, erschienen als Beilage zur Gesamtauflage am Donnerstag, 12. September 2013; Schulen haben laut SZ die Möglichkeit einen Klassensatz zu bestellen; Anm. Moritatensaenger)
Alexander Wendt:
“Ein paar Mal im Jahr sorgt sich die ‘Süddeutsche’ besonders gründlich um einen nachwachsenden und zugleich prekären Rohstoff - die Hirne ihrer kleinen Leser. Kinder Schwabinger Eltern sollen irgendwann zu Bürgern heranwachsen, die ihr Weltbild aus dem unentbehrlichen Blatt beziehen. Nun sind es bekanntlich, wie man seit Bettina Wegner weiß, empfindliche kleine Kindsköpfe, in die das große Wissen über Gut und Böse, Gerechtigkeit und Verteilung hineinsoll.
Aber der Lohn liegt ja schon im Werk selbst selbst, weshalb Heribert Prantl und seine Kollegen sprachlich leicht in die Knie gehen, um sich auf die vermutete intellektuelle Augenhöhe ihrer Leserkinder zu begeben. Dieses Mal - die Landtags- und Bundestagswahl stehen bevor - geht es um Demokratie. Und Demokratie, liebe Kinder, da müssen wir mal etwas vereinfachen und abkürzen, geht in der Weltenlehre der „SZ” nun mal vom Staat aus. Genauer gesagt, vom Staat, der Geld verteilt:
‘In Deutschland soll niemand Not leiden. Wer auf Dauer zu krank und zu schwach ist, um Geld zu verdienen, dem hilft der Staat - also die Gemeinschaft aller Bürger. Man bekommt Geld: das ist nicht viel, aber für das Lebensnotwendigste gedacht.’
Nun nennt man die Gemeinschaft aller Bürger eher Gesellschaft als Staat, aber auf Details muss nun mal verzichten, wer zielgruppenorientiert schreiben will. Der Staat gibt aber noch viel mehr:
‘Damit sich Leute trauen, gute Filme zu machen, haben Deutschlands Politiker …entschieden, den Filmemachern Geld zu leihen. Wenn der Film keinen Erfolg hat, müssen die Filmemacher das Geld nicht zurückzahlen.’
Ist das wirklich wahr? Die Politiker knapsen von ihren Diäten etwas ab, um es Filmemachern zu leihen? Genaugenommen nicht nur zu leihen, sondern besonders erfolglosen Filmemachern sogar zu schenken? Ja? Daher die vielen guten Filme in Deutschland!
Liebe Kinder, in Wirklichkeit verhält es sich doch etwas anders. Aber ehrlich: Euren Eltern erklärt die „Süddeutsche” die Welt auch nicht viel anders, höchstens sprachlich etwas elaborierter. Aber das Ende der guten Taten ist noch längst nicht erreicht:
‘Alle Einwohner in Deutschland wollen Strom…Doch Atomkraftwerke sind gefährlich und Kohlekraftwerke schlecht fürs Klima. Politiker im Bundestag haben beschlossen, dass Leute, die umweltfreundlichen Strom erzeugen, unterstützt werden.’
Sind die Leute, die Windräder aufstellen, auch krank, schwach und deshalb unterstützungsbedürftig? Oder gibt es möglicherweise ein paar Unterschiede zwischen einer alleinerziehenden Kassiererin und einem Landwirt mit Solarpanels auf dem Scheunendach?
Die grundsätzlichere Frage für alle helleren Kinder, die in der Demokratie-SZ bis zur Seite drei vordringen, lautet allerdings: Wenn der Staat ohnehin beschert, was fast alle Leute wollen - Hilfe für die Armen, eine neue Staffel der ‘Wilden Kerle’, supersauberen Strom, und das alles noch von einem Geld, das die Politiker offenbar aus dem Kopierer im Bundestagsbüro ziehen - wozu gibt’s dann überhaupt Streit und mehrere Parteien? Das, liebe Kinder, könnte daran liegen, dass möglicherweise nicht alle Menschen klug und vernünftig sind, also ‚SZ’ lesen. Doch davon später.
Die Welt, macht die Kinder-SZ deutlich, war nicht immer so gut bestellt wie heute:
‘Früher konnten sich nur die reichen Leute leisten, ihre Kinder unterrichten zu lassen. Kinder aus armen Familien mussten früh arbeiten. Das soll nicht so sein, findet die deutsche Politik. Deshalb kostet der Schulbesuch hierzulande nichts.’
Genaugenommen kostet der Unterricht natürlich ziemlich viel, die nötigen Mittel müssen nur nicht durch ein Schulgeld aufgebracht werden. Und die allgemeine Schulpflicht gilt auch schon eine Weile: Im Gebiet des ehemaligen Herzogtums Pfalz-Zweibrücken seit 1592, in Sachsen-Gotha seit 1642 und in Preußen seit 1717, woraus ganz nebenbei auch folgt, dass die Existenz eines allgemeinen Bildungswesens nicht unbedingt als Indiz für Demokratie taugt. Aber die SZ-Kinderfreunde greifen generell gern weit in die Geschichte, wie Heribert Prantl, der den deutschen Bauernkrieg von 1525 als Urdemokratiebewegung bemüht. In seinem Exkurs fasst Prantl zusammen, was er für die Essenz der Demokratie hält - vom wohltätigen Staat mit prallen Taschen mal abgesehen:
‘Man muss daran glauben, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, dass nicht der eine mehr wert ist als der andere.’
So ungefähr steht es auch in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass dort nichts von dem Zwang zu lesen ist, an die eigenen Freiheitsrechte glauben zu müssen wie an ein Sakrament, und zwar deshalb, weil es sich um ein Geburtsrecht handelt und nicht um ein Geschenk der Obrigkeit. Aber darin liegt ja gerade die Qualität der ‘SZ’: Von der wirren Idee, dass im Zentrum der Demokratie ein freier Bürger stehen sollte, hält sie ihre Leser eben schon von Kindesbeinen an fern.
[...]
Auf Seite 27 der Kinder-SZ steht eine Anzeige der Linkspartei. Text, Weiß auf Rot: „Ich liebe dich.”
Selten dürfte es eine tiefer empfundene Werbebotschaft gegeben haben.”
Den lesenswerten, vollständigen Text von Alexander Wendt finden sie unter http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/wie_die_sueddeutsche_den_kindern_die_demokratie_erklaert
Anmerkung Moritatensaenger:
Wir erinnern uns an die oben erwähnte Aufforderung der SZ an Schulen, Klassensätze dieser SZ für Kinder zu bestellen. Eingeschlossen der darin enthaltenen Anzeige der DIE LINKE selbstverständlich. Eine Anzeige einer Partei wohlgemerkt, die im Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit steht und deren interne Strukturen der aktuelle Verfassungsschutzbericht 2012 (PDF) des Bundesministeriums des Inneren unter der Überschrift “‘Offen extremistische Strukturen’ in der Partei DIE LINKE” führt, dessen erstellendes Bundesamt für Verfassungschutz darüber hinaus 25 Bundestagsabgeordnete dieser Partei persönlich beobachtet! Immerhin aber zeigt der Slogan “Ich liebe dich”, dass sich wenigstens DIE LINKE ihrer Traditionen und Vorbilder bewusst ist:
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger alias Peter Zangerl
suedwatch.de dankt u.a. Mr. Moe für den Tipp zu Alexander Wendts Artikel
1 Reaktion zu “Alexander Wendt: “Wie die ‘Süddeutsche’ den Kindern die Demokratie erklärt””
Vielen Dank, Moritatensaenger, für den interessanten Lesehinweis, und Deine eigenen Anmerkungen.
Insgesamt ist die Süddeutsche Zeitung auf dem richtigen Weg, indem sie den Gören rechtzeitig die sozialistischen Flötentöne beibringt.
Diese sollten allerdings auch vom richtigen Gesang begleitet sein, wofür ich die “INTERNATIONALE” empfehle, modern interpretiert von den Comedian Communists:
http://www.youtube.com/watch?v=yyhtIg6V4o0
Ein Schönes Wochenende wünscht Euch
G.G.