WatchShot#65: Ruhig Blut, Nicolas.
22. August 2013 von moritatensaenger
Noch nicht ein Jahr ist es her, da war Barack Hussein Obama II, seit 2009 der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, für Nicolas Richter, USA-Korrespondent der Süddeutschen, noch eine politische Lichtgestalt. In der 2012 anstehenden Präsidentschaftswahl ging es für Richter nicht um die Wiederwahl Obamas oder dessen Ablösung durch Romney, sondern ganz bescheiden um die “Auferstehung aus politischer Finsternis” [1], für welche letztere in Richters Augen alles Konservative und sowieso Obamas Amtsvorgänger George W. Bush sowie der Herausforderer Mitt Romney stünden. Mehr noch: nach des Korrespondenten Einschätzung ging es bei der 2012er Abstimmung um nichts Geringeres als die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Staatsmodellen (womit er nichtmal unbedingt Unrecht hatte)…
(Hervorhebung: Moritatensaenger)
Heute sieht das plötzlich alles anders aus. Obama wurde mit massiver Unterstützung der neutralen Medien wiedergewählt…und trotzdem landeten die USA in der Finsternis. Unser Nicolas, der Obamas erste Amtszeit entweder verpennt hat oder mit u.a. [2] nur beschränkter Menschenkenntnis gesegnet ist, scheint schwerst enttäuscht von seinem Messias. Hat doch ein Militärgericht die Taten des Wikileaks-Informanten Privat Bradley Manning, dem ein ganzes Paket an landesverräterischen Anklagepunkten zur Last gelegt wurde, mit 35 Jahren Gefängnis quittiert. Was in den USA logischerweise nicht einer unabhängigen Justiz geschuldet ist, sondern dem verdorbenen Ami und seinem kapitalistischen System. Und neu: Obama. Weshalb dem enttäuschten Präsidenten-Liebhaber Richter die Worte beinah unkontrolliert aus dem Gesicht fallen [3]:
“Damit hat die US-Regierung von Obama von der Militärjustiz das ebenso eindeutige wie harte Signal bekommen, das sie wollte.”
Jessas, der arme Nicolas. Hätte man nur ihn gefragt, er hätte Besseres gewusst…
“Im Fall Bradley Manning hätte die US-Militärjustiz eine doppelte Botschaft aussenden können: Ja, Manning hat Straftaten begangen, indem er vertrauliche Dokumente veröffentlichte. Und nein, dies ist kein Grund, ihn für den überwiegenden Teil seines verbleibenden Lebens einzusperren. Mit dieser doppelten Botschaft hätte das Gericht den Fall der Wikileaks-Papiere richtig eingeordnet, hätte berücksichtigt, dass Manning aus Idealismus handelte, dass er sich entschuldigte, und dass der Schaden für die USA sehr überschaubar geblieben ist.”
Und:
“Wer Geheimnisse verrät, der verrät sein Land, wer sein Land verrät, bekommt praktisch lebenslang. Wer also die Öffentlichkeit aufklären möchte, weil er den Staat auf einem falschen, gar gefährlichen Weg wähnt, der wird behandelt wie ein Mörder.”
Nun, eines hat unser Ex-Jura-Student offensichtlich vergessen zu erwähnen: Auch in anderen Staaten als den USA ist Landesverrat kein Kavaliersdelikt. Das deutsche Strafgesetzbuch etwa meint in § 94 dazu:
“(1) Wer ein Staatsgeheimnis
1. einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt oder
2. sonst an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht, um die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen,
und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet, oder
2. durch die Tat die Gefahr eines besonders schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.”
Lebenslang also selbst in Deutschland, für den Mörder wie u.U. den Landesverräter. Und im Augenblick noch unabhängig davon, ob der Täter aus Idealismus gehandelt hat und/oder die Medien Absolution erteilen. Dem Rechtsstaat sei Dank.
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger alias Peter Zangerl
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/obama-gegen-romney-was-fuer-amerika-auf-dem-spiel-steht-1.1512990
[2] übertroffen noch durch die für einen ehemaligen Jura-Studenten und “Fachmann” für internationales Recht bescheidenen juristischen Kenntnisse: