WatchShot#61: Pressefreiheit, wie sie die Süddeutsche Zeitung versteht
16. August 2013 von Jaspis
Man kann von der Sixt-Werbung mit Gustl Mollath halten, was man will. Die einen finden nichts dabei, andere finden sie witzig - oder jedenfalls nicht weniger witzig als die übrige Werbung des Autovermieters mit Personen des öffentlichen Lebens - und wieder andere empören sich darüber.
Die Art aber, wie die Süddeutsche Zeitung den “Fall Mollath” aber in den letzten Monaten aufbereitet hat, passt nun einmal ganz und gar nicht zu der Sixt-Mollath-Werbung, das jedenfalls scheint eindeutig zu sein.
Dennoch erschien die Anzeige halbseitig in der Ausgabe des Blattes vom 12. August - sehr zum Missfallen der Leser, die sich empört an die Redaktion gewandt und sie wieder einmal in Erklärungsnot gebracht haben.[1]
Nicht wenige der Leserinnen und Leser, die in unserer Zeitung über den Fall Mollath ausgiebig informiert wurden, sind der Meinung, die Redaktion hätte den Abdruck dieser Anzeige verhindern sollen und müssen.
Doch das geht nicht, wie den Lesern erklärt wird:
In der Süddeutschen Zeitung sind das Anzeigengeschäft und die Redaktion strikt getrennt. Die Redaktion nimmt keinerlei Einfluss auf die Anzeigenabteilung und auf die Anzeigen, ebenso wie die Anzeigenabteilung keinen Einfluss auf die Redaktion und ihre Arbeit nimmt.
Was ungefähr so viel heißt, als dass die Anzeigenabteilung mit dem Auftreten und der Ausrichtung des Blattes nichts zu tun hat, also alles abdruckt, was Geld bringt? Dann dürfen wir ja noch gespannt sein, wofür die Süddeutsche Zeitung noch alles Werbung schalten wird.
- Aber nein, es ist ja ganz anders:
Die strikte Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt gehört zur Unabhängigkeit der Redaktion und zur Souveränität unserer journalistischen Arbeit. Sie ist Voraussetzung und Bedingung von Pressefreiheit, wie sie die Süddeutsche Zeitung versteht.
Nur scheinbar hat die SZ auf einmal [2] den Pressekodex für sich entdeckt. - Der die Sache weniger in Richtung Einflussnahme der Redaktion auf die Werbung sieht, sondern vielmehr anders herum: [3]
Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.
Vermieden werden soll, dass Werbekunden Einfluss auf den Inhalt des redaktionellen Teils nehmen können, oder dass als redaktioneller Inhalt erscheint, was eigentlich Werbung ist. Näher erläutert ist das in den Richtlinien zu Ziffer 7. [4]
Dass die Redaktion keinen Einfluss auf die Auswahl der Werbekunden nimmt, hat mit der journalistischen Freiheit nichts zu tun. Aber um die geht es ja auch gar nicht. Sondern um
Pressefreiheit, “wie sie die Süddeutsche Zeitung versteht.”
Jaspis
[1] http://www.sueddeutsche.de/bayern/werbung-der-firma-sixt-wie-die-mollath-anzeige-in-die-sz-gelangt-ist-1.1746133
[2] http://www.suedwatch.de/blog/?s=pressekodex
[3] http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/pressekodex.html
[4] http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/pressekodex/richtlinien-zu-ziffer-7.html
2 Reaktionen zu “WatchShot#61: Pressefreiheit, wie sie die Süddeutsche Zeitung versteht”
[...] Die SZ-Gedankenakrobatik, wonach Texte wie zum Beispiel die hier zitierten von Beate Wild nicht dem von der Kollegin Jaspis im WatchShot#61 zitierten Pressekodex widersprechen, beherrscht der Wolpertinger nicht. Die Richtlinien des Pressekodex besagen nämlich Eindeutiges. Auf die von Jaspis zitierten Auszüge sei nochmals verwiesen (4)(5). [...]
[...] ist eine unglaubliche Geschmacklosigkeit aus dem Hause der peinlichen politischen Korrektheit [2]. Gerade vor dem Hintergrund der “Versehen” der jüngeren Vergangenheit - wir erinnern [...]