Anders Breivik ist ein attraktiver Mann. Und Beate Zschäpe hat eine sexy Figur.
11. Juli 2013 von moritatensaenger
Warum Sie das bisher nicht in den Medien gelesen oder gehört haben liegt vielleicht daran, dass es die perversen Verbrechen, denen der eine überführt und die andere angeklagt sind, sowie der Respekt vor den Opfern verbieten, den Tätern im seichten Licht solcher Äußerlichkeiten auch noch Glanz zu verleihen. Wenn Sie trotzdem ein Medium finden wollen, das sich in derartige Niederungen begibt, dann müssen Sie schon zur Süddeutschen greifen. Freilich nicht was Breivik oder Zschäpe betrifft, schon klar. Aber angesichts deren massenmordender Kollegen in den USA, den Zarnajews, landen Rücksicht auf die Opfer und Abscheu vor Tat und Täter auf jener Müllkippe, auf der man in München auch sonst nicht zimperlich ist, Moral, journalistische Professionalität und den Abstand gegenüber den Methoden des Stürmers zu entsorgen.
Antonie Rietzschel, Preisträgerin “Wächterpreis der deutschen Tagespresse” [1] (einem weiteren “Preis” für die Tonne, in bester Gesellschaft zum Friedensnobelpreis, dessen deutschem Pendant Bambi und zahllosen anderen Medien, Literatur und “holst-du-mir-einen-runter-hol-ich-dir-einen-runter”-Preisen), klärt in ihrem letzten Werk…
…zu einem der Attentäter von Boston, Dschochar Zarnajew, couragiert und schonungslos (Attribute zur Erlangung des “Wächterpreises”) darüber auf, was für ein hübscher Knabe der jüngere der beiden glücklosen Massenmörder doch ist [2]…
“Dunkle Locken, ebenmäßige Augenbrauen, große braune Augen - ein hübscher Junge.”
Diesen dunklen Locken, ebenmäßigen Augenbrauen und großen braunen Augen ist Rietzschel erlegen. Es gelingt ihr gut, den rücksichtslosen Fanatiker mit warmem Timbre als Opfer vor dem Auge des Lesers erscheinen zu lassen…
“Sein Bruder ist tot. Dschochar Zarnajew steht nun wegen des Anschlags auf den Boston-Marathon allein vor Gericht. … Auf dem Rücken liegend, das Gesicht blutverschmiert - So hat die Welt Dschochar Zarnajew das letzte Mal gesehen. … Zarnajew in orangener Häftlingskleidung, Hände und Füße gefesselt, erscheint er zur Verlesung der Anklageschrift im Gerichtsaal.”
Damit setzt sie im Übrigen nur das fort, was schon von Anfang an in der Berichterstattung zum Anschlag die Linie des Hauses war. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Formulierungen im Gemeinschaftswerk der Herren Nicolas Richter , Christian Wernicke und Julian Hans, die am 19. April über die Minuten vor der Verhaftung Dschochar Zarnajews u.a. schrieben [3]…
“Und alle fragen sich: Wie lang hält dieser 19-Jährige, der allein gegen die amerikanische Staatsgewalt steht, durch?”
Gut, das mag sich mancher gefragt haben, der eine oder andere war allerdings in diesen Tagen damit befasst, an die Opfer und ihre Angehörigen zu denken. Es hat eben nicht jeder die menschlichen Qualitäten, um bei der SZ erfolgreich zu sein.
Jedenfalls hat man schon damals die “amerikanische Staatsgewalt” ideologiekonform negativ betont, weshalb auch die Rietzschel es heute nicht unterlassen darf, den bösen Ami und sein (zur freien Auswahl:) kapitalistisches, faschistisches, rassistisches, menschenrechtsfernes, repressives System aus der Jakobinermütze zu zaubern:
“Insgesamt umfasst die Anklage 30 Punkte, darunter den Einsatz von Massenvernichtungswaffen. Diese Formulierung ist ein Kniff des US-Justizministeriums, um Zarnajew vor ein Bundesgericht stellen zu können.”
Jaja, so sinds, die Amis. Immer nur am Tricksen. Was spielt es da für eine Rolle, dass die Einordnung der Tat, als begangen mit Massenvernichtungswaffen, im realen Leben, also abseits der Reichweite von Antonie Rietzschel, auf klarem gesetzlichem Fundament steht. Festgehalten in 18 USC § 2332a nämlich. Und diese Zahlen- und Buchstabenkombination ist kein Synonym für ein “Köchelverzeichnis der Kniffe des US-Justizministeriums” sondern schlicht Bundesrecht, formuliert im Code of Laws of the United States of America (PDF) und repräsentiert und gewahrt von Bundesjustiz und Bundesermittlungsbehörden. Da hilfts auch nicht, die Opfer zu verhöhnen und die Tat herunterzuspielen, indem frau den Begriff “Massenvernichtungswaffen” undefiniert und unübersetzt stehen lässt, um unterschwellig eine mit Kanonen (Massenvernichtungswaffen) auf Spatzen (Boston Marathon Attentat) schießende US-Justiz zu suggerieren: Zwei Kochtöpfe sind Massenvernichtungswaffen? Lassen Sies dumme Grinsen sein, Frau Rietzschel, denn nicht nur Atombomben sind Massenvernichtungswaffen. Und nicht nur Stalin war ein Massenmörder, sondern Breivik ist auch einer. Wie auch - mutmaßlich und versucht, um politisch korrekt zu sein - Dschochar Zarnejew, wenn auch glückliche Umstände - und sicher nicht eine Humanität der Täter - verhindert haben mögen, dass nur drei Personen ihr Leben verloren und 264 andere zum Teil schwerstverletzt wurden. Bei Rietzschel reicht es da übrigens nur zu…
“bei dem drei Menschen starben und mehr als 260 weitere verletzt wurden”
Den Grad der grausamen Verletzungen anzugeben (allein 16 Menschen verloren unmittelbar bei den Detonationen oder später durch Amputation Gliedmaßen, überwiegend Beine und Füße)…
… würde wohl zu sehr den Blick des Lesers auf die “ebenmäßigen Augenbrauen” Zarnajews vernebeln. Da sei Antonie vor. Der Schöne und das Biest, eine fruchtbare Allianz. Eine die im Übrigen so weit geht, dass uns die SZ-Journalistin verschweigt, dass sich über den dunklen Locken des US-Justizopfers zusätzliches Unheil zusammenbraut. US-Ermittler haben Spuren und Hinweise neu ausgewertet, die eine Hinrichtung dreier junger Männer betreffen. Im September 2011, genauer am 11. September 2011 (!), wurden im 60.000-Einwohner-Städtchen Waltham, Massachusetts, den US-Amerikanern Erik Weissman (31, Jude),…
…Raphael Teken (37, Jude)…
…und Brendan Mess (25, bei ihm gibt es unterschiedliche Aussagen zur Religionsangehörigkeit)…
…mit solcher Gewalt von einem Ohr zum anderen die Kehlen aufgeschnitten, dass die Köpfe fast vom Torso getrennt wurden. Nach dem Mord in einem Appartement in der Harding Avenue, Waltham, bei dem außer den Opfern vermutlich zwei - den später Ermordeten mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannte - Personen anwesend waren, platzierten die Täter die drei Opfer in einem auffälligen Ritual mit dem Bauch nach unten, die Köpfe nach rechts gedreht und die Körper mit Marihuana bestreut.
Das Unheil für unsere großen braunen Augen? Nun, Brendan Mess, eines der Opfer, war mit Tamerlan Zarnajew befreundet. Eine Freundschaft, die vielen heute seltsam erscheint. Neueste Auswertungen von DNA-Spuren und Telekommunikationsdaten scheinen nun darauf hinzuweisen, dass sich beide Zarnajew-Brüder ausgerechnet zum Zeitpunkt des Mordes in Tatortnähe aufhielten. Ein möglicher “Zufall”, der die Mord-Ermittler nun trotzdem stutzig gemacht hat.
Hinter dieser - späten - Erkenntnis steckt allerdings weniger ein erneuter “Kniff” der US-Behörden, als offensichtlich nachlässige Polizeiarbeit in der Vergangenheit, welche die New York Times gestern sogar spekulieren lässt [4], es hätte das Boston-Attentat womöglich verhindert werden können, wenn sich die zuständigen Behörden nach dem Waltham-Mord nicht nur intensiver sondern überhaupt mit Tamerlan Zarnajew beschäftigt hätten. Warten wir also ab, was die Ermittlungen in den nächsten Tagen und Wochen zur möglichen Verstrickung der Boston-Mörder in die bestialische Tat an den Tag bringen. Und wann die Süddeutsche - und Frau Rietzschel - auf den Fall aufmerksam werden. Oder sich in der lästigen Pflicht sehen, darüber zu berichten.
Abschließend noch ein Punkt, der mir rückwirkend zu der ganzen Berichterstattung um Breivik, Zschäpe und die Zarnajews besonders ins Auge fällt:
Neben den Tätern selbst tragen laut einiger Medien - und natürlich auch der Süddeutschen - in den Fällen Breivik und Zschäpe viele eine Mitschuld an deren Radikalisierung, beginnend bei der sogenannten fremden- und islamfeindlichen westlichen Gesellschaft und noch lange nicht endend bei Henryk M. Broder. Jedenfalls Menschen, die man mit ein bissl Manipulation und Verleumdung wenn auch nur entfernt auf einer politischen Linie mit Breivik und Zschäpe positionieren kann. Es müssten sich also in den selben Medien zum Wirken der Zarnajews Hinweise auf die Mitschuld einer zivilisationsfeindlichen muslimischem Gesellschaft und wenigstens Jürgen Todenhöfers finden. Klingt doch logisch, oder? Weit gefehlt. Wer die Zarnajews in den “Widerstand” getrieben hat, darüber lässt auch Antonie Rietzschel keine Unklarheiten aufkommen:
“Wie wurde aus einem klugen, beliebten und athletischen jungen Mann ein Fanatiker voller Hass? [...] Kurz vor seiner Verhaftung schreibt er eine Botschaft an die Bootswand. “Wir Muslime sind wie ein Körper - verletzt ihr einen von uns, verletzt ihr uns alle”, eine Anspielung an den Einmarsch von US-Truppen in den Irak und Afghanistan.”
Ich wünsche den Lesern der Süddeutschen angesichts dieses rührenden Blicks auf einen Mordbuben ein erfolgreiches Trocknen der Tränen, wünsche Frau Rietzschel nach der pubertären Umschwärmung ihres Schützlings selbiges bei ihrem Schlüpfer und verabschiede mich…
…mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger alias Peter Zangerl
[1] Verliehen von der Stiftung „Freiheit der Presse”, die getragen wird vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, erwähnt bei suedwatch.de
[2] http://www.sueddeutsche.de/panorama/prozessauftakt-gegen-boston-attentaeter-zarnajew-plaediert-auf-nicht-schuldig-1.1717932
[3] http://www.sueddeutsche.de/panorama/grossfahndung-in-boston-die-spur-der-brueder-zarnajew-1.1653938-3
1 Reaktion zu “Anders Breivik ist ein attraktiver Mann. Und Beate Zschäpe hat eine sexy Figur.”
[...] Suedwatch.de hat mal wieder eine entlarvende Analyse: Wie geht man bei der Superzeitung mit muslimischen, wie mit anderen Terroristen um? Die muslimischen werden gefühlvoll gehübscht und man hat viel für sie übrig. Passender Vergleich: Anders Breivik ist ein attraktiver Mann. Und Beate Zschäpe hat eine sexy Figure. [...]