Der erste Satz in der Überschrift gibt die Werteskala wieder, die heute noch in vielen Köpfen existiert. Vom, auch im Antisemitismus vereinten, politischen Spektrum Links- und Rechtsaußen wissen wir, dass der Jude eine Extrakategorie bildet. Unterhalb des Menschen. Für die einen primär, weil er die falsche “Rasse” hat, für die anderen vor allem, weil er a.) “die Welt beherrscht” und b.) der Prototyp des “Kapitalisten” ist.
Nun hat man aber in der Linken vor einiger Zeit schon eine Kategorie gefunden, mit der man jemanden noch unter den Juden stellen kann. Denn den Juden braucht man ja noch, weil man am 27. Januar öffentlichkeitswirksam den Holocaust beweinen will und weil man den “anti”faschistischen Kampf zumindest teilweise als Kampf gegen den Antisemitismus verkaufen muss, um damit von der Ähnlichkeit der eigenen Ideologie zum Faschismus abzulenken. Die nun wirklich unterste Kategorie ist also jetzt der “Siedler”.
Wer in linken Kreisen seinen Judenhass ausleben will, der zieht über Israels Siedler her. Das ist noch unverfänglicher als “Israelkritik”, weil die dummerweise nicht immer unwidersprochen bleibt. Selbst hartgesottene Antisemiten haben ein Problem damit, gegen das Existenzrecht Israels schlüssig zu argumentieren. Aber die SIEDLER…..!?! Das geht immer.
Weshalb in den Worten der Süddeutschen Zeitung am 3. April auch lediglich ein Siedler “getötet” wurde [1]…
(Wir wollen bei all dem Smodder in dieser Berichterstattung nicht weiter darauf eingehen, dass man in München nichtmal in der Lage ist, die Todesart korrekt wiederzugeben. Das Opfer wurde nicht erschossen, sondern erstochen. Das war auch am 30. April schon bekannt, als die SZ ihren Artikel einstellte. Und heute, am 2. Mai, steht es immer noch unverändert falsch im Artikel.)
Wobei wir an dieser Stelle zusätzlich festhalten wollen - Sie werdens an den Anführungszeichen im vorherigen Satz bemerkt haben - dass man bei der SZ von einer Tötung ausgeht. Also einer Tat, die begangen wurde, ohne dass der Täter Mörder ist. Denn über Mord sagt unser Gesetz (und durchaus der allgemeine Sprachgebrauch):
“Mörder ist, wer aus Mordlust [...] oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln [...] einen Menschen tötet.”
Wer also am frühen Morgen an einem Mitfahrer-Sammelpunkt einen ihm unbekannten Menschen, einen Zivilisten zumal, mit dem Messer vom Leben zum Tode bringt, der hat für diese Tat in den Augen der Schreiber der Süddeutschen ja womöglich einen guten Grund. Den die SZ zumindest unterschwellig mitliefert: er war eben “Siedler”. Weshalb der fünffache Familienvater auch nicht aus niederen Beweggründen ermordet, sondern nur getötet wurde. So als wäre er zufällig von dem Auto überfahren worden, auf das er wartete. Und auch die Heimtücke der Tat scheint unserem Leib und Magen - mit Übelkeit erfüllenden - Blatt weder erwähnenswert, noch als Hinweis auf mehr als nur eine Tötung dienlich: Das Opfer wurde nämlich von hinten erstochen [2]. Heimtücke aber ist genau das: die bewusste Ausnutzung der in Arglosigkeit begründeten Wehrlosigkeit des Opfers durch den Täter. Und ein klassisches Mordmerkmal.
Aber noch etwas fällt auf: Während palästinensische Opfer des Nahostkonfliktes gern im Licht ihrer kompletten Vita und ihres familiären Umfeldes präsentiert werden, bleiben jüdische Opfer stets namenlos. suedwatch.de könnte hier einige Beispiele nennen, der Moritatensaenger möchte aber nur einen Fall herausheben, der mit einer besonders niederträchtig verschleiernden Berichterstattung verbunden ist: Vor fast genau zwei Jahren wurde von Palästinensern ein isralischer Schulbus gezielt mit einer Panzerabwehrwaffe beschossen. Etwas über eine Woche später starb der dabei schwerst verletzte, zufällig einzige Insasse, ein 16-jähriger Junge, an den Folgen der barbarischen Tat. Nicht nur dass man bei der SZ das Möglichste tat, um den gezielten Mordanschlag massiv herunterzuspielen…
suedwatch.de legte das in zwei Berichten offen: Nur ein Schulbus, nur eine Rakete. / Schulbus, die zweite.
…, auch musste das Opfer ein Kind ohne Gesicht und ohne Namen bleiben. Schon damals haben wir nachgeholt, was die Süddeutsche “versäumte”…
…und so wollen wir auch heute dem Mordopfer vom 30. April Gesicht und Namen geben. Ermordet wurde Evyatar “Napo” Borovsky…
…, Ehemann von Tzofia Borovsky und Papa von fünf Kindern im Alter zwischen einem und sieben Jahren. Jude und Mensch. Und ja, auch Siedler und Mensch.
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger alias Peter Zangerl
[2] http://mfa.gov.il/MFA/ForeignPolicy/Terrorism/Victims/Pages/Evyatar-Borovsky.aspx
1 Reaktion zu “Es gibt Menschen und es gibt Juden. Und es gibt “Siedler”.”
Lieber Moritatensänger!
Rollenverteilung
Die Perfidie der durch die Wortwahl mitgegebenen Wertung scheint auch im weiteren Text des Vorspanns hindurch:“Auch im Gaza-Streifen gab es ein neues Todesopfer. Die Luftwaffe Israels hat dort ein mutmaßliches Hamas-Mitglied UMGEBRACHT.“ Das heißt: ERMORDET. (Siehe Wahrig, Deutsches Wörterbuch). Also auch da der Vorwurf der Heimtücke. Dazu noch insinuiert: eine PERVERTIERTE David-gegen-Goliath-Mythologie. („Mutmaßliches“!) Hamas-Mitglied = David, Luftwaffe Israels = Goliath. Endresultat entgegen der urspünglichen Geschichte LEIDER umgekehrt : Der unsympathische Riese Goliath hat gesiegt, nicht der diminutive, unschuldige David.
Beim Fehler, daß die SZ berichtet, der „Siedler“ sei von einem Palästinenser „erschossen“ worden, könnte man einen Freudschen Lapsus vermuten.Wenn schon Tötung, dann doch lieber neutral, auf Distanz: durch eine Feuerwaffe.“Erstechen“ (Messer als Tötungsinstrument) – hach, wie gemein das wäre. Und dazu noch von hinten! Man braucht sich nicht zu fragen,wie unverrückbar im Unterbewußten der SZ-Berichterstatter die Rollen verteilt sind, die zu solch sachlichen Fehlern in der Berichterstattung führen.
Das wollte ich ergänzend doch noch dazu gesagt haben.
Herzliche Grüße von Wolpertinger