Jorge Gonzalez ist hip. Und unverbrüchlich die Liebe der SZ zum kubanischen Faschismus.
21. April 2013 von moritatensaenger
Was kann man tun, wenn man den aus Kuba stammenden derzeitigen Mediendarling Jorge Gonzalez, Jury-Mitglied in der RTL-Promi-Tanz-Show “Let’s Dance” (und - anders als man bei der SZ schreibt - ex-Coach aus ProSieben’s “Germanys Next Topmodel”), im Blatt haben will, ohne gleichzeitig aber auch den menschenverachtenden Linksfaschismus der karibischen Inseldespoten zu entblößen? Dem SZ-SupposiSupplement Süddeutsche Zeitung Magazin ist das Kunststück nun geglückt. Man hat dem intelligenten und hart arbeitenden Star-Choreografen kurzerhand das Maul verboten und ihn zum “Sagen Sie jetzt nichts”-Interview geladen [1]…
Dabei ist dem SZ-Magazin dieses Interview - der eigenen Ethik entsprechend - ausnehmend gut geglückt, denn obwohl in der Ankündigung so etwas wie Journalismus suggeriert wurde…
“Der Coach aus Germany’s Next Topmodel über Kuba…”
…gelang es der SZ, diesen kritischen Themenkomplex mit einer 08/15 Suggestivfrage abzuhandeln…
“Sie sind in Kuba groß geworden. Was ist gut am Sozialismus?” (Antwort hier)
Und auch beim Lebenslauf umschiffte man geschickt, ganz im Stil des willfährigen Staatsorgans (ohne Staat), die kritischen Klippen. Was sich bei der Süddeutschen wie ein unbeschwertes Wellenreiten auf den Wogen des Erfolges anhört…
“Schon mit acht Jahren hat er gebüffelt, um aufs Internat zu kommen. Er wollte raus aus Kuba, studierte in Bratislava und machte sein Diplom in einem Fach, das man lieber noch mal nachschlägt: Nuklearökologie. Als Fidel Castro 1990 alle kubanischen Studenten zurückholen wollte, blieb er in Europa und war Lambada tanzend in einem Werbespot für Coca-Cola zu sehen.”
…klingt bei der gewiss nicht Rechten taz ganz anders. Dort hat man sich nämlich vor einem Jahr schon an den Star gewagt und ihn - im Gegensatz zum SZ-Magazin - auch zu Wort kommen lassen [2]. Einige Statements daraus…
“Als bekennender Homosexueller hätte man in Kuba keine Chance auf ein Studium oder eine Ausbildung gehabt. Man wurde damals noch schikaniert. [...] Es gab damals ein Stipendien-Programm, mit dem Kubaner in anderen sozialistischen Ländern studieren konnten. Also habe ich gelernt wie ein Wahnsinniger, um dieses Stipendium zu bekommen. [...] Ich wollte immer nach Europa, und die Tschechoslowakei hatte mich interessiert. Meinen Studiengang durfte ich nicht selbst wählen, sondern nur Wünsche äußern. Man hat mir also angeboten, Nuklear-Ökologie zu studieren. Das Fach war damals neu und ich fand es spannend. Das Studium gab es im sozialistischen Block wiederum nur in Bratislava. [...] Im November 1989 war die Samtene Revolution und ich war involviert. [...] Und nach der Revolution sagte die kubanische Regierung, das slowakische Volk, das sind nicht mehr unsere Freunde, und die kubanischen Studenten sollen zurück. Aber für mich war klar, dass ich nicht zurückgehe. [...] Einer der ersten Konzerne, die nach der Revolution in die Slowakei kamen, war Coca Cola. Sie wollten den ersten Werbespot überhaupt in der Republik drehen. [...] Okay, habe ich gedacht, im Sommer sind die Kubaner weg, ich kassiere bei Coca Cola und bleibe. [...] Dann sind Abgeordnete und der Konsul der kubanischen Regierung zu meiner Universität gekommen und haben mir erklärt: „Du hast einen Spot für den größten Feind gedreht und du hast hier auch gearbeitet und du weißt, dass du das nicht darfst.” Also sollte ich, ohne mein Studium zu beenden, zurück. Das war am Mittwoch und schon Freitag sollte ich nach Kuba fliegen. [...] Zum Glück hatte ich Freunde. Die Revolution war ja von der Uni ausgegangen und ich bin zum Unidirektor gegangen und die Uni hat mir für die letzten drei Monate meines Studiums ein Stipendium gegeben. Mit diesem Stipendium bin ich dann zur neuen Regierung der Slowakei gegangen und die haben mir politisches Asyl gegeben. [...] Als ich von der Besprechung mit der slowakischen Regierung kam, haben mehr als 100 Freunde draußen gewartet, um zu verhindern, dass mich jemand gegen meinen Willen mitnimmt. Ab diesem Zeitpunkt habe ich angefangen, mich zu verstecken. Die kubanische Regierung hat mich gesucht und ich habe fast drei Monate in unterschiedlichen Wohnungen gewohnt. Für meine Familie war das sehr schwierig. Man hatte mir verboten, nach Kuba zu reisen. Das dauerte acht Jahre lang. Und in den ersten zwei Jahren wusste meine Familie nicht mal, ob ich lebe.[...]“
Immer öfter kann man über die Süddeutsche - in Anlehnung an das Motto des Foto-Interviews - nur noch sagen: Lesen Sie dort nichts.
Mit tönendem Gruß
Ihr Moritatensaenger alias Peter Zangerl
[1] http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/39835/Sagen-Sie-jetzt-nichts-Jorge-Gonzalez